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Agenda-Sprecher hört auf

In zwei Jahrzehnten für Barrierefreiheit in Ettlingen vieles erreicht

Manchmal reichen kleine Veränderungen, um behinderten Menschen mehr Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Was die Agenda barrierefreies Ettlingen erreicht hat und wo es noch klemmt.

Rathaus Ettlingen
Bis das Rathaus barrierefrei war, zogen viele Jahre ins Land. Der Aufzug an der Westfassade ist eine städtebaulich unauffällige Lösung. Foto: Heidi Schulte-Walter

Wenn man Peter Berkner fragt, was in 20 Jahren erreicht wurde, um Ettlingens Straßen, Plätze und Gebäude für Menschen mit Behinderung begehbarer zu machen, dann kommt die Antwort so schnell wie kurz: „Viel“, sagt er. Um dann zu ergänzen: „Wir haben einige dicke Bretter gebohrt und ohne eine gewisse Hartnäckigkeit wären wir heute in der Stadt nicht so gut aufgestellt.“

Wir, damit meint er die überschaubar große Agendagruppe Barrierefreies Ettlingen, in die er sich zwei Jahrzehnte lang als Sprecher einbrachte. Mit inzwischen 82 Jahren hat Berkner die Aufgabe jetzt in jüngere Hände gelegt.

In Daniela Adomeit, einer unermüdlichen Kämpferin für die Anliegen an Multiple Sklerose Erkrankter, habe er „die richtige Nachfolgerin gefunden“, sagt Berkner, der einst von der ehrenamtlichen Wohnberatung bei der Diakonie zur Agendagruppe kam.

Mit ehrenamtlicher Wohnberatung fing es an

Mann mit Hut
Peter Berkner. Foto: Heidi Schulte-Walter

Was heute im Wohnungsbau selbstverständlich sei, war damals noch „ziemliches Neuland“, erinnert sich Berkner. Es habe weit weniger DIN-Vorschriften gegeben, die Unsicherheit und der Beratungsbedarf gerade bei älteren Menschen, die ihre Wohnungen umbauen wollten, sei „extrem hoch gewesen“.

Als sich in Ettlingen dann die Agenda-21-Gruppen bildeten und auch das Thema Barrierefreiheit zu besetzen war, zögerte Berkner nicht lange. „Das erste, was wir gemacht haben, war eine Bestandsaufnahme“, erzählt er. Die fing im öffentlichen Raum und bei öffentlichen Gebäuden an und setzte sich später in Lokalen, im Einzelhandel oder auch in Arztpraxen fort.

Am Anfang war es nicht so einfach.
Peter Berkner, bisheriger Agenda-Sprecher

Farbmarkierungen auf Treppen in der Stadt wurden auf Anregung der Agendagruppe genauso angebracht wie Stolperfallen beseitigt, etwa durch Absenkung von Bordsteinen. „Am Anfang war es nicht so einfach“, sagt Berkner. Denn um das Wohlwollen für die Anliegen bewegungsbeeinträchtigter Menschen habe man zunächst mal kämpfen müssen.

Inzwischen habe sich das Bewusstsein in der Gesellschaft geändert, sei Barrierefreiheit im Übrigen Voraussetzung dafür, Fördergelder für Bauten und Umbauten zu erhalten.

Schloss und Rathaus waren große Umbauprojekte

Schloss und historisches Rathaus haben seit einigen Jahren genauso einen Aufzug wie die Volkshochschule. In allen Fällen investierte die Stadt Ettlingen als Gebäudeeigentümer viel Geld.

Noch in diesem Frühjahr verbessert sich die Situation für all diejenigen, die als Touristen unterwegs sind oder Tickets für Veranstaltungen kaufen wollen: Die bislang nur über mehrere Treppen erreichbare Stadtinformation zieht um ins ebenerdige Sparkassenhaus am Erwin-Vetter-Platz.

„Oft sind es gar keine großen Investitionen, sondern kleine Veränderungen, die Menschen mit Behinderung mehr Teilhabe ermöglichen“, meint Berkner. Ein Beispiel: Alle Ortsverwaltungen hätten inzwischen eine Klingel, über die sich Gehbehinderte bemerkbar machen könnten.

Stadt sucht Lösung für Sehbehinderte am Erwin-Vetter-Platz

Unglücklich findet Berkner die Situation auf dem Erwin-Vetter-Platz. Der sei zwar sehr schön neu gestaltet, für Blinde und Sehbehinderte aber ein schwieriges Pflaster. Es gebe keine Rillen und Kontraste für deren Orientierung. Das weiß auch die Stadt, die Bürgermeister Moritz Heidecker (parteilos) zufolge „immer noch nach einer Lösung sucht“.

Ein Auffräsen des neuen Belags auf der Tiefgarage komme nicht infrage. Denn die mit dem Platz befasste Firma habe erklärt, sie könne dann keine Gewährleistung mehr dafür übernehmen, dass die Tiefgarage weiter dicht sei. Metallschienen als Alternative seien auch keine Option. Geprüft werde, ob sich stattdessen Metallplättchen eignen, die man aufkleben könnte. Die Antwort des Fachplaners dazu stehe noch aus.

Es muss doch weitergehen.
Daniela Adomeit, neue Agenda-Sprecheirn

Frau
Aniela Adomeit. Foto: Heidi Schulte-Walter

Berkners Nachfolgerin Daniela Adomeit (43), die ihre Sprechrolle mit den Worten „Es muss doch weitergehen“ aufnahm, sieht vor allem beim ÖPNV Nachholbedarf in Sachen Barrierefreiheit. Da sie häufig mit dem Rollstuhl unterwegs ist, weiß sie, wovon sie spricht. Am Bahnhof Ettlingen-West etwa müsse unbedingt etwas geschehen.

Da könne man als Rollstuhlfahrer von Karlsruhe kommend nicht aussteigen, sondern müsse bis Ettlingenweier weiter- und dann wieder zurückfahren. Grundsätzlich barrierefreie Bushaltestellen seien ebenfalls ein Wunsch. Hier gehe es ebenfalls sehr langsam voran.

Ausdrücklich ermutigen will Adomeit Bürger, „uns zu informieren, wenn ihnen Hindernisse, Stolperfallen oder ähnliches auffallen.“ Für die Arbeit der Agenda seien solche Hinweise sehr wertvoll.

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