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Abgrenzung von rechten „Trittbrettfahrern“

Feuriger Protest: Landwirte aus Ettlingen und Albtal verleihen Forderungen mit Mahnfeuern Nachdruck

Als Verlängerung des Bauernprotests vom Montag finden sich Landwirte aus Ettlingen und dem Albtal zu Mahnfeuern zusammen. Sie erklären dabei auch, warum die Dieselsubvention so wichtig ist – und, dass sie mit rechten „Trittbrettfahrern“ nichts zu tun haben möchten.

Die Organisatoren Florian Kienzle und Luca Stemmler (Bildmitte bzw. 4. und 5. von links) zeigen sich zufrieden mit dem friedlichen Verlauf des Mahnfeuers, Gelegenheit für hitzige Diskussionen unter den Ettlinger Landwirten.
Mit mehreren Mahnfeuern wollen die Landwirte aus Ettlingen und dem Albtal den Geist der Proteste vom Montag am Leben halten. Unser Foto zeigt das Mahnfeuer oberhalb der L605 Richtung Malsch. Foto: Werner Bentz

Ein eisiger Wind weht über die Felder kurz vor Ettlingen-Oberweier am Mittwochabend. „Damit der Schwung der Montagsdemo mit unseren Traktoren in Rheinstetten nicht abreißt, haben wir uns ganz kurzfristig für dieses Mahnfeuer entschlossen“, so Florian Kienzle. Er ist als landwirtschaftlicher Lohnunternehmer tätig und somit Dienstleister für Ettlinger Landwirte.

„Ich unterstütze meine Kollegen, denn wenn es die nicht mehr gibt, bin ich auch von der Bildfläche verschwunden“, erklärt Kienzle bei eisigen Temperaturen auf dem freien Feld. Zusammen mit Landwirt Luca Stemmler hat er die von der Stadt Ettlingen genehmigte Protestaktion kurzfristig organisiert.

Feuer auf einer Wiese oberhalb der Landesstraße 605 nach Malsch

Auf einer Wiese oberhalb der Landesstraße 605 nach Malsch, kurz nach dem Kreisel am Ortsausgang von Ettlingenweier trafen sich am Abend nahezu 20 Landwirte, Handwerker, Baggerfahrer und Unterstützer mit einem Dutzend Traktoren zu einer stillen Protestaktion mit einem großen lodernden Mahnfeuer.

Ähnliche Szenen indes sind wohl auch am Donnerstagabend in Karlsbad-Langensteinbach zu beobachten. Auch dort haben die Landwirte zum Mahnfeuer geladen. Zu den Organisatoren gehört dort Landwirt Manuel Denninger. Ihm geht es beim Mahnfeuer nicht nur um Protest, sondern auch darum, etwas klarzustellen.

Es werde, so Denninger, mittlerweile oft der Eindruck erweckt, die Bauern zahlten keine Steuern für ihren Diesel. „Das ist falsch. Im Dieselpreis sind rund 40 Cent Steuern sowie die Mehrwertsteuer enthalten, dafür bekommen wir über die Agrardieselsubvention nur 21 Cent zurück.“ Die Landwirte müssten dafür zunächst in Vorleistung gehen und am Ende des Jahres über entsprechende Nachweisformulare die gefahrenen Kilometer und den Verbrauch geltend machen.

In anderen EU-Staaten zahlen die Landwirte wesentlich weniger Steuern auf Diesel. Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müsste das bei uns auch so herumkommen und nicht andersherum.
Manuel Denninger
Landwirt aus Karlsbad

Und selbst das reiche im europäischen Wettbewerb längst nicht mehr, sagt Denninger. „In anderen EU-Staaten zahlen die Landwirte wesentlich weniger Steuern auf Diesel. Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müsste das bei uns auch so herumkommen und nicht andersherum.“

Damit spricht Denninger vielen seiner Kollegen aus dem Herzen, auch dem Ettlinger Seehofbauer Alexander Kunz. „Die letzten Streichungen und Vorschriften haben jetzt das Fass zum Überlaufen gebracht. Wir sind gegenüber dem Ausland nicht mehr wettbewerbsfähig“, ärgert sich Kunz am Mittwochabend in der Eiseskälte auf dem Feld an der L605.

Kunz war wie viele seiner Kollegen schon bei der Protestfahrt der Landwirte am Montag in Karlsruhe und Rheinstetten. Im Redaktionsgespräch mit den BNN hatte er bereits im Vorfeld ähnliche Gründe für den Protest angeführt wie Denninger. „In deutschen Nachbarländern tanken sie in der Landwirtschaft teilweise Heizöl, weil das billiger ist. Und wir bekommen immer noch mehr Vorschriften“, ärgerte sich Kunz im Gespräch mit unserer Redaktion.

Wir stehen für heimische Nahrungsmittel und werden jetzt bestraft, weil das Geld für etwas anderes gebraucht wird
Alexander Kunz
Landwirt aus Ettlingen

Es könne nicht sein, dass deutschen Landwirten durch diese „Ungerechtigkeiten“ die Zukunftsperspektive geraubt werde, findet der Ettlinger. „Wir stehen für heimische Nahrungsmittel und werden jetzt bestraft, weil das Geld für etwas anderes gebraucht wird“, zeigt er sich frustriert.

Denninger stimmt zu: „Ich verstehe nicht, warum es nicht gelingt, eine Maut für Durchreisende auf der Autobahn auf die Beine zu stellen und stattdessen jetzt die Landwirte weiter belastet werden sollen.“

Ärger auch über andere Verordnungen

Beiden geht es dabei, wie vielen Kollegen, nicht nur um die schrittweise wegfallende Dieselsubvention. Kunz ärgert sich auch über Passagen der Düngeverordnung oder die Tatsache, dass jeder Bauer ab 2024 vier Prozent seiner Landesfläche nicht bebauen dürfe. „Um die Qualität beim Weizen so hochzuhalten, dass er auch für die Brotproduktion taugt, sind eben gewisse Maßnahmen nötig“, nennt Kunz ein Beispiel.

Landwirt: Dieselsubvention ist für chemiefreie Bewirtschaftung nötig

Und Denninger gibt zu bedenken: „Wenn man will, dass die Landwirte ohne viel chemische Produkte arbeiten, sind mehr Fahrten mit den Maschinen nötig“, weil die Felder dann wesentlich intensiver gepflegt werden müssten. „Wenn nun aber der Diesel durch den Subventionswegfall extrem viel teurer wird, wird das nicht dazu beitragen, dass viele Bauern dieses Mehr an Maschineneinsatz in Kauf nehmen und auf die chemischen Produkte verzichten“, sagt Denninger.

Wir können von unseren kleinen Höfen nur durch Spezialisierung, dem Anbau von Sonderkulturen oder durch Direktvermarktung einigermaßen existieren.
Luca Stemmler
Nebenerwerbslandwirt

Probleme, mit denen auch viele Nebenerwerbslandwirte kämpfen. „Wir können von unseren kleinen Höfen nur durch Spezialisierung, dem Anbau von Sonderkulturen oder durch Direktvermarktung einigermaßen existieren. In Zukunft können nur noch große Betriebe überleben – wir nicht“, sagt Luca Stemmler beim Mahnfeuer an der L605.

„Und es kann ja nicht sein, dass wir das Geld, das wir im Hauptberuf verdienen, in unseren mit viel Herzblut bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betrieb stecken und dabei nicht mal das Geld für neue Investitionen verdienen – und das bei bis zu 80 Stunden Arbeit in der Woche“, zeigt sich Stemmler frustriert.

Landwirte machen klar: Mit Rechten wollen wir nichts zu tun haben

Dass die Landwirte trotz der Proteste viel Zustimmung erfahren, zeigen die vielen hupenden und blinkenden Autofahrer auf der Landesstraße nach Malsch. Dafür sind auch Denninger und Kunz dankbar.

Beide Landwirte machen zudem klar: Mit der rechten Ecke, die die Proteste für ihre Zwecke zu vereinnahmen sucht, wolle man nichts zu tun haben. „Wir distanzieren uns ganz klar von solchen Randgruppen und irgendwelchen Trittbrettfahrern“, sagt Denninger.

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