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Kinderkram

Neues aus dem Elternleben: Ein Baum zum Lieben

Wie kommt man als Familie nach so einem schwierigen Jahr in Weihnachtsstimmung? Geht das denn überhaupt? Unsere Kinderkram-Autorin hat es versucht - mit völlig unerwartetem Ausgang.

Kinderkram
Was könnte einen in Corona-Zeiten besser in Weihnachtsstimmung versetzen als ein prächtiger Weihnachtsbaum? Die Tochter unserer Autorin kennt die Antwort. Foto: Dolgachov/Fotolia

Um ehrlich zu sein: Für uns fühlte es sich lange nicht so an, als wären wir in diesem Dezember in die magische Welt der Weihnachtszeit getreten. Ist ja auch irgendwie klar, nach diesem Jahr, in dem man auf die Frage „Wie geht’s?“ immer mit „den Umständen entsprechend“ antworten musste. Aber man hat ja Kinder. Und Kinder verdienen die beste Adventszeit, die man ihnen bieten kann.

Doch wie holt man sich Weihnachtszauber ins Haus, wenn man auf dem Weihnachtsmarkt kein Karussell fahren darf, das Puppentheater ausfällt und man weder Heiligabend mit den einen Großeltern feiern noch die anderen an den Feiertagen besuchen kann? Die Lösung fiel uns wie Schuppen von den Augen: Man besorgt den prächtigsten Weihnachtsbaum, den man finden kann.

Der schönste Weihnachtsbaum

So fuhren wir viel früher als in vorangegangenen Jahren zum Christbaumhändler unseres Vertrauens. Gemeinsam gingen wir durch die angebotenen Tannen und Fichten und suchten nach dem schönsten Baum für unser Zuhause. Gutgelaunt und mit – ich wage fast zu behaupten – einem Funken der Zuversicht im Herzen verglichen wir die Bäume nach Größe und Nadeldichte. Wir zählten, welche am meisten Spitzen hatten und diskutierten fröhlich über Aststärken und die schönsten Grüntöne.

Das heißt, der Fünfjährige, der Kindsvater und ich diskutierten. Denn die Achtjährige sagte kein Wort und blickte unverwandt in Richtung eines Baumes, der ein wenig abseits seiner prachtvollen Brüder und Schwestern stand. Er war klein und ein wenig schief gewachsen und hatte auf einer Seite ab halber Höhe nach oben hin keinen Ast mehr.

Der kleine, schiefe Baum

Irgendwann trat ich zu ihr und deutete in Richtung der anderen Bäume: „Schau mal, wir versuchen uns gerade zwischen diesen dreien dort zu entscheiden, magst du uns helfen?“ Sie nickte und lief mit, doch als wir schließlich mit einem unserer Favoriten in Richtung Ausgang laufen wollten, war ihr Blick wieder in Richtung des kleinen Baumes gewandt. „Können wir los?“, fragte ich vorsichtig. „Ja“, sagte sie leise, doch ihre Augen schimmerten dabei verdächtig.

„Ist es der Baum?“, fragte ich. „Bist du traurig, dass alle nur die schönen Bäume kaufen und ihn stehen lassen?“ Die Achtjährige schluckte, und eine kleine Träne rann ihre Wange hinunter.

Bist du traurig, dass alle nur die schönen Bäume kaufen und ihn stehen lassen?

Bei uns zu Hause stehen jetzt zwei Bäume. Im Wohnzimmer ein großer mit dichten Ästen und fünf Spitzen, an denen unsere schönsten Christbaumkugeln hängen.

Und zwischen den Kinderzimmern steht ein zweiter. Er ist klein und ein wenig schief gewachsen und hat auf einer Seite ab halber Höhe keine Äste mehr. Er ist mit Lametta geschmückt und wird heiß und innig geliebt. Ich glaube, wir haben den Weihnachtszauber gefunden.

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