Auf Ettlinger Initiative haben die Stadt Baden-Baden, die Großen Kreisstädte Bretten, Bruchsal, Bühl, Gaggenau, Rastatt, Rheinstetten, Waghäusel und Stutensee 2019 vereinbart, gemeinsam „digital ganz groß herauszukommen.” Es wurde für eine verbindliche Zusammenarbeit im Bereich „Digitalisierung” zwischen den Städten eine Absichtserklärung von allen Oberbürgermeistern unterzeichnet.
Städtenetzwerk mit dem Namen re@di-Städte
Sie wollen ein „digitales Städtenetzwerk” mit dem Namen „re@di” auf den Weg bringen. Der Namen steht für „regional.digital”. Ziel: Digitale Projekte gemeinsam voranzubringen.
Ettlingens Oberbürgermeister Johannes Arnold und Hauptamtsleiter Andreas Kraut, in der Ettlinger Stadtverwaltung zuständig für die kommunale Digitalstrategie, formulierten die Zielsetzung vor einiger Zeit so: „Es ist nicht zielführend, wenn jede Große Kreisstadt ihre digitalen Herausforderungen jeweils allein zu bewältigen versucht.”
Städteübernehmen unterschiedliche Schwerpunkte
Bei der konstituierenden Sitzung im vergangenen Jahr waren sich die Oberbürgermeister der beteiligten Städte relativ schnell einig, bei dieser Form der interkommunalen Zusammenarbeit einzelne Aufgaben in jeweils einer Stadt zu „clustern”.
Einzelne Städte können sich federführend auf bestimmte Digitalisierungsprojekte spezialisieren. Sie können dann ihre Erfahrungen den anderen beteiligten Kommunen weitergeben. Ziel dabei: Weniger Kosten und Aufwand beispielsweise beim Ausbau digitaler Verwaltungsdienstleistungen.
Online-Marktplatz „Platzhirsche”
Johannes Arnold sieht als wichtige Arbeitsfelder seiner Stadt bei der regionalen Digitaloffensive die aktive Mitarbeit bei LoRaWan, die Weiterentwicklung des Online-Marktplatzes „Platzhirsche” und das Thema „Digitales Engagement”, das digitale Präsenz und Kommunikation von Vereinen stärken soll.
Bei Letzterem arbeitet man mit Baden-Baden und Bretten zusammen. Bei der Engagementplattform erhalten die Städte eine Förderung aus dem Förderprogramm Gemeinde, Städte und Landkreise 4.0 - Future Communities 2019” des Innenministeriums in Baden-Württemberg. Diese Projekt richtet sich nicht nur an Vereine, sondern auch an Ehrenamtliche in vielen anderen Organisationen.
LoRaWan
Long Range Wide Area Network (LoRaWAN) ist ein Low-Power-Wireless-Netzprotokoll. Die LoRaWAN-Spezifikation wird von der LoRa Alliance festgelegt. Sie ist frei verfügbar und nutzt ein proprietäres und patentiertes Übertragungsverfahren, basierend auf einer Chirp-Spread-Spectrum-Modulationstechnik, mit der Bezeichnung „LoRa“ der Firma Semtech Corporation.[1] Grundmodule sind als Open-Source-Software verfügbar. (Quelle. Wikipedia)
Eines der großen Vorzeigeprojekte soll das LoRaWan-Netzwerk werden. Es geht um den Einsatz von Sensorik. Hier hat die Stadt Baden-Baden die Federführung übernommen hat. Hier geht es um Datenerhebung mit Hilfe von Niederfrequenz-Sensorik. Die Idee, die dahinter steckt, heißt beispielsweise Messung von Verkehrsströmen, um die Verkehrsleitung zu verbessern.
Mit der gleichen Sensorik wäre es auch möglich, ein intelligentes Parkleitsystem zu schaffen, das ausweist, wo noch Flächen frei sind. Die Anwendungsmöglichkeit mit dem LoRaWan-Netzwerk sind vielfältig. So sollen dabei beispielsweise Pegelmessungen an Flüssen wie Bühlot, Oos, Murg oder Alb möglich werden.
Ähnliches gilt für die Höhe von Grundwasserpegeln, Durchflussmengen in Kanalröhren. Für die Stadtwerke-Unternehmen stehen funkgesteuerte Ablesungssysteme für Heizungen oder Wasserverbrauch im Raum.
Agentur moderiert beim digitalen Projekt
Unterstützt wird re@di von der Agentur bächle & spree. Jüngst trafen sich die Vertreter der zehn Städte in Rheinstetten. Dabei ging es darum, wie künftig untereinander noch vernetzter zusammengearbeitet werden kann. Die einzelnen Fachgruppen der zehn Städten haben sich in der Corona-Krise in Videokonferenzen alle 14 Tage zu einem re@di-jour-fixe getroffen.
Für die „normalen” Treffen haben die zehn Städte ein Rotationsprinzip eingeführt und sich dahingehend abgestimmt, dass der jeweilige Gastgeber die Kosten für Treffen und Moderation übernimmt.
Zehn „Smart cities”
Die zehn Städte sind so ermutigt von ihren ersten Schritten auf dem Weg zu den „Ten smart cities”: Sie haben jetzt beim Innenministerium in Berlin einer Förderantrag zum Thema „Smart Cities made in Germany 2020” gestellt.
Der Mehrwert unserer interkommunalen Zusammenarbeit ist offensichtlich. Wir haben eine deutlich höhere Schlagkraft.Oberbürgermeister Johannes Arnold, Ettlingen
Bereits im Mai hatten sie diesen auf den Weg gebracht und am 30. Juli müssen dafür die letzten konzeptionellen Formalitäten erledigt sein, um in den Genuss der gewünschten rund zwei Millionen Euro zu kommen, damit die Kommunen digital noch mehr Fahrt aufnehmen können. Arnold: „Der Mehrwert unserer interkommunalen Zusammenarbeit ist offensichtlich. Wir haben eine deutlich höhere Schlagkraft.”
Das Internet der Dinge
Das Internet der Dinge ist die Basis für Anwendungen in einer „Smart City”. Beispielsweise entsteht im Abwasserkanal das Gas H2S. Neben seinem unangenehmen Geruch reizt das Gas die Schleimhäute, sorgt für Korrosion und greift den Beton an. Teure Sanierungsarbeiten des Kanals und Aufgrabungen sind die Folge. Das Internet der Dinge ermöglicht es die Konzentration des Gases in der Umgebungsluft laufend zu messen und automatisiert mittels Dosiersteuerungen Gegenmaßnahmen einzuleiten (aus Wikipedia).
Frank Roth, Vorsitzender des Arbeitskreises Künstliche Intelligenz bei der Industrie- und Handelskammer und Vorstandsmitglied des Cyberforums Karlsruhe, sieht das Vorgehen der zehn Mittelstädte als folgerichtig: „Beim Einkauf von digitaler Ausrüstung und Software hat das Konsortium eine größere Marktmacht. Allein wird es teurer.”
Durch Zusammenschluss größeres Gewicht in der Region
Und gegenüber der Großstadt Karlsruhe mit ihren enormen digitalen Präsenz, sei es durch den hohen Stellenwert des KIT, des DE-Hub für Künstliche Intelligenz, des Cyberforums, die vielen Plattformen zur Förderung von Startups und anderes mehr, erhielten die Mittelstädte durch ihren Zusammenschluss ein größeres Gewicht. Er freue sich darauf, dass die Technologieregion unter Einschluss von Karlsruhe durch diese neue Wettbewerbssituation deutlich mehr Schub auf dem Weg zur Digitalisierung bekomme.
Einen richtigen Motivationsschub des Miteinanders der zehn Städte hat die vom Bühler Digitalbeauftragten Eduard Itrich in Corona-Zeiten ins Leben gerufene lokale Videokonferenz „Palim!Palim!” gebracht. Sozusagen eine„Light”-Version von „Zoom” oder Microsoft Teams.
Das Angebot einer „Open Source”-Videokonferenz, die Stadt Bühl mietete dafür lediglich zwei Server bei einem Web-Hosting-Anbieter, war ein „Knaller”. Über „Palim!Palim! berichtete die ARD in ihren Tagesthemen. Die zehn Kommunen nutzten während des „Lockdowns” diese Möglichkeit auch zu lockerer Kommunikation.
Hoffnung auf Zuschüsse aus Berlin
Aber das Plus von Palim!Palim!, so Eduard Itrich, besteht im Mehrwert für alle Bürger, miteinander auf leichte Weise via Internet spontan Kontakt aufnehmen zu können.
Wir sind alle auf Augenhöhe.Eduard Itrich, Stadtverwaltung Bühl
Die Interkommunale Zusammenarbeit mit den Digitalbeauftragten der anderen Städten „klappt super”. Die Erkenntnisse auf digitalem Gebiet würden auf Augenhöhe ausgetauscht.
Das besondere Projekt sei das „Offene Internet der Dinge”, was auch von den Bürgern mit Hilfe des LoRaWan genutzt werden kann. Eduard Itrich: Wenn die Zuschüsse aus Berlin für unsere Projekte kämen, gebe dies der interkommunalen Zusammenarbeit der zehn Städte nochmals ein stärkeres Gewicht.