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Zu Hause im Büro

Homeoffice: Karlsruher Unternehmen sehen Digitalisierungsschub durch Corona

Die Corona-Pandemie hat viele Menschen über längere Zeit zwangsweise ins Homeoffice verbannt. In stark digitalisierten Branchen können sich viele vorstellen, dass das Arbeiten von zu Hause aus nun dauerhaft etabliert wird. Wie sieht es in digitalen Arbeitswelten in Karlsruhe aus?

Zusammen allein zu Hause: Zwölf Mitarbeiter des Karlsruher Start-ups Neohelden sind im Homeoffice digital vernetzt. Gerade Branchen, in denen Arbeitsumfelder ohnehin stark digitalisiert sind, hatten mit dem Corona-Lockdown wenig Probleme.
Zusammen allein zu Hause: Zwölf Mitarbeiter des Karlsruher Start-ups Neohelden sind im Homeoffice digital vernetzt. Gerade Branchen, in denen Arbeitsumfelder ohnehin stark digitalisiert sind, hatten mit dem Corona-Lockdown wenig Probleme. Foto: Neohelden

Das Karlsruher Unternehmen Starface stellt seit 15 Jahren IP-basierte Telefonanlagen und digitale Lösungen für Unternehmenskommunikation her. Durch die klare Zuweisung von Geräten an eine IP-Adresse wird gewährleistet, dass die Benutzer sowohl am Arbeitsplatz als auch unterwegs am Smartphone sowie im Homeoffice unter der gleichen Telefonnummer erreichbar sind. Sofern der Arbeitsplatz digitalisiert sei, könne er auch leicht ins Homeoffice verlegt werden, teilt Starface auf BNN-Anfrage mit.

Die eigentliche Hürde ist die technische Anbindung des Homeoffice-Arbeitsplatzes an die Unternehmens-Infrastruktur.
Lukas Gorys, Starface-Pressesprecher

„Die eigentliche Hürde ist die technische Anbindung des Homeoffice-Arbeitsplatzes an die Unternehmens-Infrastruktur“, so Starface-Pressesprecher Lukas Gorys. Durch die Corona-Krise erwarte er einen starken Digitalisierungs-Schub – auch, weil Unternehmen durch die Lockdown-Erfahrung und mit Blick auf eine mögliche zweite Infektionswelle nun versuchen würden, ihre Technik auf den neuesten Stand zu bringen. „Ein weiterer Aspekt ist, dass das Thema Homeoffice auch in normalen Zeiten attraktiv ist und dies bei der Auswahl des Arbeitsplatzes sehr wohl ein Argument sein kann.“

Ein Nachteil des digitalen Arbeitens von zu Hause sei der Wegfall der gemeinsamen Kaffee- oder Mittagspause, die durch Anrufe und Video-Meetings ersetzt werden müsse. „Dieses digitale Miteinander verkraftet nicht jeder gleich gut.“

Bei uns gibt es sehr flexible Regelungen zum Homeoffice.
Philipp Csernalabics, Geschäftsführer von Neohelden

Aufgaben und technische Ausstattung der Arbeitsplätze sind bei Tech-Startups meist kein Problem. Bei Neohelden verfügt jeder Mitarbeiter über Laptop und weitere Ausstattung für digitales und mobiles Arbeiten. So war es für das Team kein Problem, spontan aus den Büros in der Technologiefabrik ins Homeoffice umzuziehen.

„Bei uns gibt es sehr flexible Regelungen zum Homeoffice“, sagt Neohelden-Geschäftsführer Philipp Csernalabics. „Schon bei der Gründung unseres Start-ups hatten wir für uns definiert, dass wir Arbeiten auch ,remote‘ ermöglichen wollen. Das heißt, man kann auch arbeiten, wenn man sich auf der anderen Seite der Welt befindet.“

Corona habe aber jetzt dazu geführt, dass diese Konzepte nun gefestigt und dauerhaft erprobt würden. Csernalabics schätzt, dass sich langfristig ein Mittelweg zwischen Homeoffice und Präsenz im Büro einpendeln wird. Vorteile seien Zeitersparnis und Effizienz: „Kein Pendeln, kein Stau, keine Verspätungen mit der Bahn.“ Nachteilig könne dagegen die Tatsache sein, „dass die eigene Erfahrung im Homeoffice extrem unterschiedlich sein kann: Mit Kindern zu Hause oder ohne dezidierten Arbeitsplatz ist es um ein Vielfaches schwieriger, alles unter einen Hut zu bekommen.“

Mitarbeiter sparen Fahrzeit

„Wir haben festgestellt, dass die Arbeit ähnlich produktiv ist, wenn die Leute zu Hause sind. Unterm Strich macht der eine oder andere sogar mehr“, sagt Kai Dollt, Geschäftsführer von Jamitlabs. Manche Mitarbeiter sparten sich im Homeoffice zudem eine gute Stunde Fahrtzeit. Durch Tracking der Arbeitszeit werde bei Jamitlabs gewährleistet, dass Mitarbeiter im Homeoffice nicht zu viele Überstunden machen. Voraussetzung für Homeoffice sei bei Jamitlabs, dass alle Mitglieder eines Projektteams damit einverstanden sind. Die meisten der 47 Mitarbeiter arbeiten regelmäßig im Homeoffice.

Langfristig schätzt Dollt, dass sich auch bei Jamitlabs ein Mittelweg ergeben wird. Im Homeoffice sieht er auch die Möglichkeit, Unternehmenswachstum auf gleichbleibender Fläche zu realisieren. „Wenn jeder nur zwei Tage die Woche da ist, können wir doppelt so viele Leute einstellen und trotzdem hier in der Hoepfner-Burg bleiben.“

Nicht zu unterschätzen sei dennoch die soziale Komponente, die sich auf den Arbeitsmarkt insgesamt auswirke. „In vielen Firmen werden die Menschen merken, dass es nicht allein die Arbeit an sich ist, die Spaß macht, sondern die Menschen, mit denen man zusammen arbeitet. Wenn die weg sind, wird man sich schneller nach etwas anderem umsehen.“

„Der Drang, in eine Gemeinschaft eingebettet zu sein, ist gar nicht so gering“, sagt Ulrich Max, Leiter des Personal- und Organisationsamtes im Landratsamt Karlsruhe. Das Zusammentreffen am Arbeitsplatz sei für viele Menschen immer noch zentrale Bedeutung, vor allem nach Urlauben oder Elternzeit. Dennoch sieht Max viele Möglichkeiten in der aktuellen Entwicklung hin zu mehr Homeoffice. „Organisation, Aufgabenstellungen und die Person müssen dabei beachtet werden, das ist sehr individuell.“

Mitarbeiter arbeiten tendenziell mehr

Die These, dass Arbeitnehmer im Homeoffice weniger leisten als im Büro, teilt er nicht. „Ich glaube eher, dass das Gegenteil der Fall ist. Man versucht, Berufliches und Privates unter einen Hut zu bringen.“

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe teilt auf BNN-Anfrage mit, dass in den meisten Unternehmen die Mitarbeiter „quasi von heute auf morgen“ ins Homeoffice geschickt worden seien. Im Juni seien viele Unternehmen zur Präsenzpflicht zurückgekehrt - mit Ausnahme von Risikogruppen und Mitarbeitern, die zu Hause Kinder zu betreuen haben.

Rechtlich müsse man allerdings unterscheiden zwischen mobilem Arbeiten und Homeoffice. „Häufig sprechen wir von Homeoffice, in den Dienstvereinbarungen oder Arbeitsverträgen wird aber eher der Begriff Mobiles Arbeiten verwendet“, schreibt die IHK per E-Mail. Mobiles Arbeiten könne überall erledigt werden, der Arbeitgeber dabei nicht für die Gegebenheiten verantwortlich. Homeoffice dagegen ist ein fester Arbeitsplatz zu Hause, bei dem der Arbeitgeber nicht nur für EDV-Ausstattung (etwa Laptop und Bildschirm) sorgen müsse, sondern unter Umständen auch geeignetes Mobiliar bereitstellen müsse. Der Arbeitgeber müsse also auch prüfen, ob das Homeoffice den arbeitsschutzrechtlichen Standards entspricht. Dabei sei auch die IT-Sicherheit ein Thema.

Bei Arbeitsunfällen, für die die gesetzliche Unfallversicherung zuständig ist, sei zudem die Abgrenzung zwischen dienstlicher und privater Tätigkeit häufig schwer zu treffen: Ein Unfall an derselben Stelle in der Wohnung könne unterschiedlich eingestuft werden. Entscheidend dabei sei die Frage: War der Arbeitnehmer auf dem Weg zur Kaffeemaschine (privat) oder zum Drucker (dienstlich)?

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