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Operationen wegen Covid-Ausnahmezustand heruntergefahren

Die Lage in den Karlsruher Kliniken ist angespannt

Momentan reichen die geschaffenen Kapazitäten für die nach einer Infektion mit Corona Schwerkranken an den großen Karlsruher Kliniken. Aber andere Leistungen wie Operationen sind deshalb bereits deutlich reduziert worden. Auch wegen zunehmender Krankmeldungen droht akut der Notstand beim Pflegepersonal.

Die Notaufnahme des Klinikums: Eine Containerburg hat die Zeltprovisorien abgelöst. Dort werden sofort Corona-Infizierten und Verdachtsfälle von anderen Notfällen getrennt.
Die Notaufnahme des Klinikums: Eine Containerburg hat die Zeltprovisorien abgelöst. Dort werden sofort Corona-Infizierten und Verdachtsfälle von anderen Notfällen getrennt. Foto: Jörg Donecker

Die Situation in den Karlsruher Kliniken ist angespannt. Sowohl das Städtische Klinikum als auch die ViDia Kliniken berichten von einer enormen Belastung durch die Versorgung von Covid-19-Patienten in wachsender Zahl. Man arbeite am Rande der Kapazitätsgrenzen. Andere Leistungen wie wichtige Hüftoperationen oder Herzkatheter-Untersuchungen werden wegen der Umstrukturierungen durch die Pandemie-Notfallpläne heruntergefahren.

Im Städtischen Klinikum befanden sich am Freitag 38 Personen auf der Covid-Allgemeinstation, davon neun Verdachtsfälle. Die ViDia Kliniken behandelten am gleichen Tag 42 Covid-Patienten auf Normalstation. Dort lagen sechs Covid-Kranke auf Intensivstation. Im Städtischen Klinikum waren es sieben, davon drei beatmet.

Jeder Patient wird bald getestet

Michael Geißler, Ärztlicher Geschäftsführer des Klinikums, spricht von weiter enormen Anstrengungen, um auch durch Personalumbau der Corona-Krise im Krankenhaus Herr zu werden. Bis Mitte kommender Woche will das Städtische Klinikum so weit sein, dass jeder Patient vor der stationären Aufnahme schnell und verlässlich auf eine Corona-Infektion getestet wird.

„Wir befinden uns für die Normalstation in Stufe drei des Pandemieplans“, sagt Geißler. Dies wolle man eigentlich unbedingt vermeiden, um den Klinikbetrieb nicht gravierend zu beeinträchtigen. Die Zahl der Operationssäle ist inzwischen von 19 auf zwölf heruntergefahren worden.

Man möchte den Katastrophenfall mit nur noch acht OP-Sälen wegen der Umschichtung für die Covid-Behandlung unbedingt verhindern, weil sonst die Versorgung anderer Patienten mit lebenswichtigen Leistungen zusammenbreche. „Der Ablauf auf den Normalstationen ist schon jetzt deutlich gestört.“ Dagegen gilt für die Intensivstation dank dort stagnierender Covid-Patienten-Zahl weiter noch die Alarmstufe zwei.

Wenige Schwersterkrankte werden beatmet

Für die 38 Covid-Patienten sind extra drei Schwerpunktstationen eingerichtet worden. Sie sollen jetzt laut Geißler auf 60 Betten ausgebaut werden. Die geringe Zahl der Schwerstkranken, die an Beatmungsgeräten hängen, wertet Geißler als Erfolg. Überhaupt zeige sich im Unterschied zur ersten Pandemie-Welle im Frühjahr, dass man in der medizinischen Behandlung Fortschritte gemacht habe und damit die Sterberate sinke, erklärt auch Martin Bentz, Direktor der Medizinischen Klinik III.

„Während früher vor allem Covid-Patienten über 80 Jahren auf der Intensivstation beatmet wurden und zu 70 bis 80 Prozent starben, haben wir diese Woche drei Patienten von der Intensivstation rückverlegen können“, berichtet der Infektiologe.

Vor große Schwierigkeiten stehen die Kliniken wegen eines drohenden Notstands beim Personal. Ohnehin begrenzt der Mangel an Pflegekräften die Möglichkeiten der Kliniken. Dass in der Not auch mit Corona infizierte Ärzte oder Pfleger im Städtischen Klinikum arbeiten, wie es Gesundheitsminister Jens Spahn generell in Aussicht stellt, schließt Geißler aus. „Das werden wir nicht tun, das wäre ein nicht tolerierbares Infektionsrisiko, wenn sich Corona-Positive im öffentlichen Raum bewegen“, stellt er klar.

Einhellige Meinung: Zu früh für Lockerungen

„Wir haben wegen der Umstrukturierung für die Covid-Patienten vier andere Normalstationen geschlossen“, erläutert Josef Hug, Pflegedirektor des Städtischen Klinikums. Überhaupt erfordere die Pflege eines Covid-Patienten das doppelte Personal. Dafür benötige man 60 Kräfte, die anderswo fehlen. Sorge bereiten Hug auch die deutlich steigenden Krankheitsfälle unter den 2.000 Pflegekräften des Klinikums. „Es fallen gerade 180 bis 200 Leute aus, auch das bedeutet eine Verdopplung“, sagt Hug. 33 Mitarbeiter des Klinikums sind aktuell corona-positiv.

Wir befinden uns mitten in der zweiten Welle.
Michael Geißler, Ärztlicher Geschäftsführer des Städtischen Klinikums

„Zunehmend erschweren Krankheitsfälle in der Belegschaft, sowohl Ausfälle durch Quarantäne als auch andere Krankheitsfälle besonders auf der Intensivpflege, den Betrieb“, berichtet auch Karl-Jürgen Lehmann, Vorstand der ViDia Kliniken. „Wir gehen davon aus, dass die Patientenzahlen weiterhin steigen und haben bereits einige Stationen zur Isolierung von Covid-Patienten umfunktioniert“, sagt Lehmann.

„Wir befinden uns mitten in der zweiten Welle“, unterstreicht Geißler. Auch eine Abflachung der Infektionszahlen bedeute noch lange nicht das Ende des Ausnahmezustands. Erst diese Woche habe das Klinikum „wegen massenweiser Notaufnahme eine kritische Situation“ meistern müssen. Bentz rechnet damit, dass die Sterbezahlen in der Bevölkerung unter Beteiligung von Covid „noch etwas steigen“.

„Es ist richtig, dass die Kanzlerin nicht öffnet“, meint Geißler. Für Lockerungen sei es viel zu früh. „Die Bevölkerung muss den ganzen Winter über mit Einschränkungen leben“, sonst treibe man sofort wieder in die nächste Pandemie-Welle.

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