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Nicht alle sind harmlos

Diese zugewanderten Tiere versetzen so manche Karlsruher in Schrecken

Diese Tiere gehören eigentlich nicht nach Karlsruhe, aber sie sind da. Und manche verursachen sensiblen Gemütern schlaflose Nächte. Ein Überblick.

Lautlose Jägerin: Die Kalifornische Kettennatter – sie wurde bereits in Südbaden gesichtet – kann beachtliche Ausmaße entwickeln und sich an seltenen Amphibien schadlos halten.
Lautlose Jägerin: Die Kalifornische Kettennatter – sie wurde bereits in Südbaden gesichtet – kann beachtliche Ausmaße entwickeln und sich an seltenen Amphibien schadlos halten. Foto: Markus Schwarz/dpa

Die Begegnung vergisst Torsten Rieß wahrscheinlich nicht so rasch. Da zupft der Anwohner in der Waldstadt verwelkte Blüten an seinen Balkonkästen ab, als plötzlich aus einer der Pflanzen etwas mit einem Satz davon springt. Rieß glaubt zuerst an eine Heuschrecke, doch der genauere Blick straft ihn Lügen. Was da gut 20 Zentimeter weit gehüpft ist, erweist sich als Spinne – als eine außergewöhnlich große. Sie ist braun und hat acht große, starke Beine, wie der BNN-Leser das Tier beschreibt. Eine Nosferatu-Spinne?

Nosferatu-Spinne

Von dieser Tierart war zuletzt viel zu lesen. In Pforzheim tauchte die Nosferatu-Spinne erstmals in der Region auf, seither mehren sich die Sichtungen. Die Nosferatu-Spinne ist für manche Menschen gruselig – vor allem wegen ihrer Rückenzeichnung, die entfernt an den Vampirfürsten mit dem klangvollen Namen erinnern soll.

Sie stammt aus dem Mittelmeerraum, kann fünf bis acht Zentimeter groß werden – und sie kann beißen. Spinnenexperte Hubert Höfer vom Naturkundemuseum Karlsruhe hält sie aber nicht für ganz so gefährlich, wie der Vampir-Name es vermuten lässt. Sie verteidige sich, sobald sie angegriffen werde, sagt er. Der Biss sei vergleichbar mit dem Stich einer Wespe.

Die Nosferatu-Spinne ist ein tierischer Migrant, die Asiatische Tigermücke ein anderer. Für fiese zugewanderte Arten scheint die Region attraktiv zu sein. Doch es gibt auch solche, über die viele sich freuen: der Waschbär oder der Halsbandsittich, die Türkentaube oder der Bienenfesser.

Asiatische Tigermücke

Die Asiatische Tigermücke fühlt sich am Oberrhein schon länger pudelwohl. Da das Insekt mit der deutlich schwarz-weißen Musterung feucht-warme Regionen schätzt, ist der Oberrheingraben und speziell Karlsruhe ein gutes Pflaster.

Doch die Tigermücke ist nicht ohne: Sie steht im Verdacht, durch ihre Stiche Errreger für tropische Krankheiten zu übertragen – etwa das Denguefieber, das West-Nil-Virus oder das Zikavirus – sofern sie vorher einen bereits infizierten Reiserückkehrer sticht.

Unter Verdacht: Die Asiatische Tigermücke – sie kommt auch in Westafrika vor – gilt als mögliche Verbreiterin von Krankheiten wie dem Dengue-Fieber.
Unter Verdacht: Die Asiatische Tigermücke – sie kommt auch in Westafrika vor – gilt als mögliche Verbreiterin von Krankheiten wie dem Dengue-Fieber. Foto: US CfDCaP/ dpa

Zugewanderte Arten sind aktuell in aller Munde. Im Naturkundemuseum am Karlsruher Friedrichsplatz zeigen sie eine Große Landesausstellung zum Thema, die sich nicht allein auf die Fauna sondern auch die Flora bezieht.

Ambrosia etwa, das Beifußblättrige Traubenkraut, wie es etwa entlang der Linkenheimer Allee in erheblichen Mengen vorkommt, stammt ursprünglich aus den USA. Mit dem Gewächs stehen namentlich Allergiker oft auf Kriegsfuß.

Asiatische Hornisse

Aus dem Osten, genauer: aus Asien, stammt ursprünglich die Asiatische Hornisse. Vor annähernd 20 Jahren wurde sie nach Südwestfrankreich eingeschleppt, über die Burgundische Pforte ist sie danach in den deutschen Südwesten gelangt, berichtet Manfred Verhaagh.

Der promovierte Biologe ist beim Naturkundemuseum Karlsruhe leitender Insektenkundler und Tropenökologe. Das erste Nest der Asiatischen Hornisse wurde im nahen Bienwald gesichtet, und auch in Neureut-Heide barg man ein solches aus der Krone einer Kiefer. Bis zu 10.000 Tiere können so im Lauf eines Jahres schlüpfen.

Kalifornische Kettennatter

Die Kalifornische Kettennatter hat – ihr Name verrät es bereits – ursprünglich genauso wenig am Oberrhein zu suchen. Die Schlange, die kleine Säugetiere, Vögel und Echsen jagt, ist ausgewachsen rund eineinhalb Meter lang; zuletzt wurde sie nahe Offenburg und bei Freiburg entdeckt.

Amphibien- und Reptilienexperten befürchten, dass die exotische Natter die Bestände der Smaragdeidechse am Kaiserstuhl und der Zauneidechse gefährden. Die Kalifornische Kettennatter steht seit kurzem auf der sogenannten Unionsliste der invasiven Arten, die in der EU nicht gehandelt und nachgezüchtet werden dürfen.

Marmorierte Baumwanze

Ist die Kalifornische Kettennatter direkt in Karlsruhe noch nicht auffällig geworden, so ist ein deutlich kleineres Tier längst ein steter Gast in der Stadt: die Marmorierte Baumwanze.

Als Schädling gefürchtet: Die Marmorierte Baumwanze ist kein Freund von Obstbauern. Sie kann große Erntebestände vernichten.
Als Schädling gefürchtet: Die Marmorierte Baumwanze ist kein Freund von Obstbauern. Sie kann große Erntebestände vernichten. Foto: Christine Dieckhoff/dpa/LTZ Augustenberg

Das Insekt, das umgangssprachlich auch als Stinkkäfer firmiert, ist mit zwölf bis 17 Millimetern beachtlich lang und hat die typische Wanzenform. Der Oberkörper ist ockerfarben, mit zahlreichen dicht sitzenden schwarz-marmorierten Punkten. Problematisch ist der Stinkkäfer vor allem, weil er es mit seinem Saugrüssel auf Früchte abgesehen hat.

Pfirsiche, Birnen, Äpfel – kaum etwas ist vor der Marmorierten Baumwanze sicher. „Hier gibt es immer wieder Millionenschäden“, berichtet Manfred Verhaagh. Gegenüber Pflanzenschutzmitteln erweist sich das Insekt oft als widerstandsfähig. Und wer es zerdrückt, erntet einen üblen Abschiedsgeruch.

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