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Dokumentation auf Film

Dokumentarfilmer zeigen in Karlsruhe Bewegendes abseits des Mainstreams

Das Dokumentarfilmfestival „dokka“ feiert Zehnjähriges und nach der Corona-Zeit ist es aufregender denn je. Weg vom Mainstream gibt es viel zu entdecken.

Szene mit einer alten Bäuerin in dem Film „Drei Frauen“.
Einblicke in das Leben in der Ukraine jenseits von tagesaktuellen Nachrichten bietet der Film „Drei Frauen“, mit dem das Karlsruher Festival „dokKa“ am 17. Mai eröffnet wird. Foto: Maksym Melnyk

Ruhig sitzt Hanna auf einem Stuhl auf der Wiese. Um sie herum klingen Kuhglocken. „Schön ist es hier“, sagt der Filmemacher in der Aufnahme. Sie zuckt mit den Schultern: „Das sind nur Berge“, erwidert sie. Und zeigt ihm dann, dass sie eigentlich in einer Sackgasse leben: „Dort ist die Slowakei und da hinten Polen.“ , „Wo?“, „Da, gleich hinter diesen Bergen.“ Aber die haben dieselben Probleme wie sie in der Ukraine.

Vor dem Krieg ist Maksym Melnyk Journalist bei einem ukrainischen Fernsehsender und muss jeden Tag eine kleine politische Reportage abliefern. Um einmal etwas anderes zu machen, begleitet er die Biologin Nelya, die in verlassenen Häusern nach Fledermäusen sucht.

In dem karpatischen Dorf Stuschyzja trifft er dann vor allem auf Frauen: die Bäuerin Hanna, die ihren Hof allein bewirtschaftet, oder die Poststellenleiterin Maria, die meist keine Briefmarken hat und den Dorfbewohnerinnen die Rente auszahlen muss. In seinem ruhigen Film, mit dem das diesjährige Dokumentarfilmfestival „dokka“ beginnt, zeigt er ihren unspektakulären Alltag, ist beim Strohbinden dabei, beim Schweinekaufen, Horoskopelesen und Schneeschippen.

Als alle nach Berlin gingen

Zehn Jahre ist eine stolze Zeit für ein Filmfestival. Festivalerfinder und Leiter Nils Menrad erzählt noch einmal, wie alles angefangen hat: Dass nach dem Studium alle nach Berlin gegangen sind und er sich überlegt hat, wie man die Leute stattdessen nach Karlsruhe holen kann. 182 Arbeiten haben er und sein treues Team seither präsentiert und auch immer wieder Neues ausprobiert, beispielsweise eine Live-Performance beim Abschlussfest.

Der Plan, Menschen hierher zu locken, ist aufgegangen.
Ivo Zen, Jurymitglied „dokka“

Selbst während der Covid-Zeit ging es weiter, mit einem TV-Studio in der kinemathek. „Allerdings gab es in dieser Online-Zeit keine Überraschungen“, erzählt er, „keine verspäteten Gäste, keine Diskussionen mit den Zuschauern.“ Das ist zum Glück vorbei. Jetzt ist es wichtig, das Festival auf eine solide Basis zu stellen.

Mit Blick auf Kulturbürgermeister Albert Käuflein (CDU) gibt er seiner Hoffnung Ausdruck, mehr Geld von der Stadt zu bekommen: „Ein Festival ist eine wichtige kulturpolitische Einrichtung, selbst die Berlinale bekommt Millionen Euro Zuschuss. Dafür wird das Geld hier in der Stadt ausgegeben.“ Und außerdem: „Die Innenstadt liegt brach. Wir bespielen sie von hier.“ Das Jury-Mitglied Ivo Zen ergänzt: „Für mich war Karlsruhe früher nur ein Bahnhof. Der Plan, Menschen hierher zu locken, ist aufgegangen.“

Es bleibt auch Zeit für einen Rückblick

Das Programm im zehnten Jahr blickt zurück: mit einer Beamer-Show, bei der Fotos aus zehn Jahren gezeigt werden und der Wiederaufführung der zehn besten Filme. Vor allem aber werden in gewohnt hoher Qualität Filme und Hörproduktionen gezeigt, die in einer Zeit der Fake-News und Aufgeregtheiten wichtig sind.

Die Regisseurin Sönje Storm öffnet in ihrem Film den Nachlass ihres Urgroßvaters, der ab 1919 die Veränderungen in der Tierwelt in seiner Heimat dokumentiert hat. Ein Porträt der Transfrau Lucy, die das KZ Dachau überlebt hat, ein Film über den Rumänen Stefan, der in einer selbstgebauten Hütte gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte lebt, an den er Briefe und Petitionen schreibt.

Eine junge Köchin sucht nach ihrem Platz in einer harten Männerwelt, Romani Rose kämpft für die Gleichberechtigung der Sinti und Roma, und der Waldorflehrer Jonny unterrichtet per Zoom aus Schweden.

Die Auswahl aus den über 200 Einsendungen ist übrigens, so Wolfram Wessels von der Auswahlkommission, schwerer geworden, weil die Qualität höher ist – auch ein Zeichen für die deutschlandweite Anerkennung dieses kleinen Festivals, das wie immer mit einem Fest und der Preisverleihung in inzwischen vier Kategorien endet – der Abschluss findet am Sonntag, ab 20.30 Uhr, in der kinemathek, Kaiserpassage 6, statt.

Das komplette Programm

Unter www.dokka.de erfahren Besucher im Netz, was alles auf dem Festival geboten ist.

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