Skip to main content

Vor der Karlsburg

Beim Kruschtelmarkt in Durlach steht das Thema Nachhaltigkeit ganz weit vorn

Die Bandbreite reicht von Textilien über Design bis hin zu Büchern: Was die Besucher des Second-Hand-Spektakels bewegt, und worin der Charme der Veranstaltung liegt.

Kruschtelmarkt Durlach
Beim Kruschtelmarkt in Durlach kommen Hobby-Schatzsucher auf ihre Kosten. Hier gehört die Überraschung für viele einfach dazu. Foto: Jörg Donecker

Flohmärkte sind zweifellos ein Dorado für Nachhaltigkeit. Hier finden aussortierte Objekte ein zweites Leben. So wie beim Kruschtelmarkt vor der Karlsburg in Durlach mit seinem historischen Ambiente. Am Samstag wurde hier wieder gefeilscht und gehandelt – und etliches vor dem Container bewahrt.

Mailis Klemola verkauft unter anderem Textilien. Sie freut sich, wenn ihre Klamotten eine neue Trägerin finden. „Ich habe gelesen, dass ein Kleid in der Produktion im Schnitt fünfzehn Liter Wasser benötigt. Es gibt ja schon so viele Kleider auf der Welt“, sagt die Frau aus dem Murgtal.

Nur einen Stand weiter steht Marianna Carter. Sie hat nicht einmal Emissionen benötigt, um zu ihrem Stand zu gelangen. „Ich wohne direkt gegenüber. Ich lebe ohne Auto. Ich verkaufe daher nur in Durlach“, sagt sie gut gelaunt. Mit dem Geld, das sie auf dem Markt generiert, unterstützt die Lehrerin eine ältere Dame und eine junge Familie in Ungarn.

Oft nennt sie keine Preise und stellt die Frage: „Was ist es ihnen denn wert?“ Am Stand schaut sich Nicole Helmstätter um. Sie interessiert sich für 60er-Jahre-Design, hübsche Objekte mit Patina der Tischkultur oder Schallplatten. An letzterem mag sie auch Cover und Booklets. Das sei schon etwas anderes als Plastik-CDs.

Manches wird auf dem Durlacher Kruschtelmarkt auch verschenkt

Sie zählt sich auch zu Käuferinnen von Second-Hand-Mode. „Man muss sich nicht immer etwas Neues kaufen“, spricht sie wohl vielen in Durlach aus dem Herzen. Karen Engelhard einige Stände weiter verkauft Etliches, aus dem ihre Kinder herausgewachsen sind oder das sie nicht mehr brauchen – seien es Schuhe, Spielzeug oder Reithelm.

„Manchmal verschenken wir es auch. Zum Wegwerfen ist das oft zu schade. Zumal jemand anderes damit ja Freude haben kann“, nennt sie ihr Credo.

Selbst gebrauchte Nachthemden finden Absatz auf dem Kruschtelmarkt

Textilien, darunter alte Nachthemden, veräußert Margot Feketitsch. Alte Nachthemden? „Ich habe gerade drei verkauft“, meint sie ungerührt und kennt den Grund. „Das ist einfach gute Qualität. Das ist Baumwolle, keine Chemie. Das ist atmungsaktiv und viel gesünder.“ Früher habe man werthaltiger produziert – quasi das Gegenteil zu „Fast Fashion“ made in Bangladesch oder China.

Die Rentnerin näht und schneidert selbst gerne. „Hier, habe ich eine Stickdecke zu einer Jacke für meine Enkelin umgenäht. Jetzt passt sie ihr nicht mehr.“

Hochwertige antike Leuchter und geschmackvolle Utensilien offeriert Sabine aus Ludwigshafen. Es sind Dinge ihrer verstorbenen Eltern, die sie über die Jahrzehnte gesammelt haben. Nun wird der Bungalow geräumt. „Einiges habe ich gespendet. Man muss sich auch wieder von Dingen trennen können. Für mich habe ich den Minimalismus entdeckt“, sagt sie. In der großzügigen Wohnung stehe nur noch das Wesentliche, denn die Kraft stecke in der Reduktion, philosophiert die Pfälzerin.

Bücher sind das Steckenpferd von Thomas. Sie sind bekanntlich aus natürlichem Rohstoff und bieten neue Gedanken. „Früher sind Studenten mit ganzen Literaturlisten gekommen. Aber das ist vorbei“, sagt der Antiquar, der Hermann Hesse zu seinen Favoriten zählt. Aber Bücher punkten mit Haptik und ihrer Langlebigkeit, fügt der Händler hinzu.

nach oben Zurück zum Seitenanfang