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Arbeitskampf bei den VBK

Einige Karlsruher sind auf den Streik in der City nicht vorbereitet

Bis Samstagfrüh streiken unter anderem Bus- und Bahnfahrer bei den Verkehrsbetrieben. Bis zu 600 Menschen sind im Ausstand.

Haltestelle Marktplatz
Die S-Bahnen im Netz des KVV sind auch am Freitag unterwegs. Bestreikt werden die Linien der Verkehrsbetriebe Karlsruhe bis in die frühen Morgenstunden des Samstags. An der Haltestelle Marktplatz war weniger los als an einem normalen Tag. Foto: Rake Hora

Die erste Gesprächsrunde zwischen der Gewerkschaft Verdi und den Kommunalen Arbeitgeberverbänden (KAV) am Montag blieb ohne Ergebnis. Nun kommt es in den Städten zum ersten Warnstreik – in Karlsruhe stehen am Freitag die Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK). Bahnen und die meisten Busse bleiben auf den Betriebshöfen. Die meisten Menschen tragen es mit Fassung. Oder steigen gleich auf das Auto um. „Ich wusste gar nicht, dass heute gestreikt wird“, ruft die junge Frau noch, bevor sie in die gerade eingefahrene S11 in Richtung Innenstadt einsteigt. Hier, an der Haltestelle Yorckstraße, ist vom Streik im Nahverkehr am Freitagmorgen nichts zu spüren. Regelmäßig und pünktlich fahren die Stadtbahnen ein, spucken Passagiere aus und nehmen andere auf.

Nicht jeder Karlsruher weiß von dem Streik

Auch eine andere Frau weiß nicht, dass an diesem Tag viele Straßenbahnen und Busse ausfallen. Sie habe sich beim Blick in die KVV-App gewundert, dass keine Straßenbahn fährt. Die Frau, ausgestattet mit kleinem Koffer und Schlitten, ist auf dem Weg zum Hauptbahnhof. Sie nimmt die Situation gelassen. „Mein Zug hat eh 36 Minuten Verspätung“, sagt sie.

Ines Gaupp aus Durmersheim wartet an der Haltestelle Yorckstraße auf die S51 in Richtung City. Sie weiß vom Streik, ist aber ebenfalls entspannt. „Auch an solchen Tagen fährt ja doch irgendeine Bahn“, sagt sie. Mit ihrer Aussage hat die Frau Recht. Schon kommt ihre Stadtbahn, und Ines Gaupp steigt lächelnd ein.

Um 3.30 Uhr startet der Arbeitskampf am Freitag bei den VBK. „500 bis 600 Menschen legen heute die Arbeit nieder“, erklärt Thorsten Dossow, Bezirksgeschäftsführer bei Verdi Mittelbaden-Nordschwarzwald. Es ist nicht nur das Fahrpersonal, das heute die Arbeit niederlegt.

Auch an solchen Tagen fährt ja doch irgendeine Bahn.
Ines Gaupp
VBK-Kundin aus Durmersheim

„Es ist die Verwaltung, das Fahrpersonal, der Bauhof und auch die Fahrdienstleiter“, sagt Dossow. Auf dem Gelände des Betriebshofs in der Tullastraße klingt Musik aus einer Fahrzeughalle, etwa 100 Menschen stehen in Grüppchen zwischen Bussen und Bahnen. Es gibt Brötchen und warme Getränke.

VBKler klagen zum Teil über die Arbeitsbedingungen

„Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen. Die Zahl der Bewerbungen sinkt, und wir brauchen den Nachwuchs“, sagt Rahul Kumar, Leiter der Abteilung Fahrbetrieb bei den VBK. Kumar sieht die Verantwortung dafür auch nicht unmittelbar bei seinem Arbeitgeber. „Es sind die Sparvorgaben von Bund und Land, die die Arbeit wenig attraktiv machen“, sagt Kumar.

S-Bahnen auf der Kaiserallee
Auf der Kaiserallee zeigt sich das beinahe normale Bild: S-Bahnen bedienen die Ost-West-Verbindungen. Tatsächlich sind einige Fahrgäste vom Streik überrascht – die Ankündigungen dazu haben sie nicht mitbekommen. Foto: Stefan Proetel

Seine Kollegin Beate Johnson ist Fahrerin bei den VBK. Johnson beklagt unter anderem die Planungen zwischen den Fahrten, die für sie zu langen Wegen zwischen den Linien führe. „Dafür werden dann zum Teil die Pausenzeiten aufgewendet“, sagt sie. Insgesamt leide das Arbeitsklima unter den schärferen Bedingungen, meint Johnson.

 Verdi-Geschäftsführer Dossow betont: „Es herrscht Personalmangel bei den VBK, weil der Beruf unter den aktuellen Bedingungen nicht attraktiv ist. Wir brauchen aber wieder Nachwuchs.“

Auf den Anzeigentafeln der Haltestellen des Tram-Netzes werden am heutigen Freitag nur S-Bahnen angezeigt. An den unterirdischen Stationen warten Fahrgäste auf jene Bahnen, die noch unterwegs sind.

Die Ukrainerin Anastasia Tarasova steht am Bahnsteig der unterirdischen Haltestelle Durlacher Tor. „Ein bisschen ärgert mich es schon, ich lebe in der Waldstadt, mein Kind geht in der Nordstadt in die Kita. Das hat heute alles länger gedauert.“ Tarasova betont allerdings auch: „Dass gestreikt werden darf, ist aber gut. Die Menschen sollen für bessere Arbeitsbedingungen demonstrieren dürfen.“

Ein paar Meter weiter studiert ein junger Mann den Aushangfahrplan. „Mein Auto ist heute in der Werkstatt“, erklärt er. „Genau der richtige Tag dafür.“ Ironie liegt in seiner Stimme. „Ich muss in die Innenstadt, aber da fahren ja auch noch die S-Bahnen“, sagt er. Sein Blick ruht wieder auf dem Fahrplan. „Die S5, die kann ich nehmen.“

Der Ärger bei den Fahrgästen hält sich in Grenzen

Shahid Butt spricht englisch, er arbeitet im Gewerbegebiet Hagsfeld. „Ich benutze Bahn und Bus täglich und bin darauf angewiesen. Ich habe heute frei, aber wenn ich arbeiten müsste, würde es mich schon ärgern.“

Butt räumt den Streikenden das Recht zur Arbeitsniederlegung ein, würde es aber lieber sehen, wenn das am Wochenende passiert: „Dann haben die Menschen weniger Termine und brauchen die Straßenbahnen auch nicht in dem Maß wie unter der Woche.“

Die Auswirkungen auf den Kfz-Verkehr halten sich im Berufsverkehr vor dem Wochenende in Grenzen – vereinzelte Strecken wie aus Richtung Neureut in die Innenstadt wurden nach Redaktionsbeobachtungen am Freitagmorgen mehr befahren.

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