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Am frühen Morgen

Erneute Spontan-Aktion: Stadt Karlsruhe lässt weitere Platanen fällen

Karlsruhe hat erneut in einer Spontan-Aktion am Morgen weitere Platanen in der Kaiserstraße fällen lassen. Diesmal zwischen Kleiner Kirche und der Adlerstraße.

Die Fällung der Platanen in der Karlsruher Kaiserstraße wird von der Polizei überwacht.
Die Fällung der Platanen in der Karlsruher Kaiserstraße wird von der Polizei überwacht. Foto: Nils Horst

Die Karlsruher Stadtverwaltung hat erneut in einer Spontan-Aktion am Morgen weitere Platanen in der Kaiserstraße fällen lassen. Am Donnerstag traf es zwischen Kleiner Kirche und Adlerstraße vier Bäume. Die Polizei überwachte die Aktion.

Als die Information der Stadt um 7.50 Uhr im Postfach der Redaktion eintraf, hatten Arbeiter einer Baumpflegefirma aus der Region den Bereich bereits abgesperrt. Gegen halb neun war von der ersten Platane nur noch der Stamm übrig, die Arbeiter waren schon am zweiten Baum zugange. Um 9 Uhr waren sie schon sichtbar vorangekommen. Ein Ast nach dem anderen ging zu Boden, es bildete sich eine dünne Schicht Holzspäne. Die Einzelstücke landeten noch vor Ort im Häcksler.

Anwohner werden von Platanen-Fällung in Karlsruher Kaiserstraße überrascht

Anwohner waren ebenso überrascht von der Aktion wie die Einzelhändler im betroffenen Bereich. Immer wieder blieben auch Passanten stehen und zückten ihre Handys.

Das ist eine Katastrophe. Bis die neuen Bäume groß sind, muss man 20 Jahre warten.
Friseurin über die Fällung

Die Aktion in Bildern:

„Wir wollen es grün haben hier auf der Straße“, sagt ein Friseur, vor dessen Geschäft gerade die zweite Platane des Tages gefällt wird. Solange nach der Fällung neue Bäume gepflanzt werden, ist für ihn alles in Ordnung. Seine Kollegin widerspricht ihm: „Das ist eine Katastrophe. Bis die neuen Bäume groß sind, muss man 20 Jahre warten.“

In einem anderen Friseurladen auf der anderen Seite der Kaiserstraße ist die Stimmung mies. „Ich bin absolut gegen die Fällung“, sagt Kunde Rhenam von Krosigk. In Karlsruhe, vor allem auf dem Marktplatz, gebe es keinen Schatten mehr. Leider, so findet er, haben die Demonstrationen gegen die Platanenfällungen nichts gebracht. „Sollen wir uns als Bürger jetzt selbst drankleben?“, fragt er mit ironischem Unterton.

Baumstumpf in der Kaiserstraße.
RIP, die englische Abkürzung für „Ruhe in Frieden“ hat ein Mitarbeiter der beteiligten Firma in den Stumpf eines Platanenastes gesägt. Foto: Wolfgang Voigt

Die Sache mit den neuen Bäumen als Ersatz lässt von Krosigk nicht gelten. Bis die Schatten spenden, müsse er mit dem Rollator herkommen, sagt er.

Sein Friseur, der seinen Namen nicht nennen möchte, ist über die Entwicklung in der Kaiserstraße sichtlich und hörbar verärgert. 30 Prozent weniger Kundschaft als früher habe er. Mit „früher“ meint er die Zeit vor der U-Strab, als die Fahrgäste auf der Straße warteten und unterwegs waren – und nicht im Tunnel. In der Vergangenheit haben sechs Leute bei ihm gearbeitet, heute seien es manchmal nur drei.

Während der Baumfällung ist die Kaiserstraße im Bereich der Arbeiten gesperrt. Für Fußgänger steht beidseitig ein jeweils zwei Meter breiter Durchgang zur Verfügung, der immer wieder kurzzeitig gesperrt werden muss. Die Arbeiten werden sich bis zur Mittagszeit hinziehen, wie vor Ort zu hören war.

Impressionen von der zweiten Platanen-Fällaktion in der Karlsruher Kaiserstraße.
So sieht eines der Baumquartiere aus, in denen künftig die Bäume stehen.  Foto: Nils Horst

Monatelang wurde in Karlsruhe intensiv über die Zukunft der Bäume in der Kaiserstraße diskutiert. Vor allem das Klimabündnis und die Fraktion „Die Linke“ hatten sich für den Erhalt der Platanen eingesetzt.

Mehrfach stand das Thema auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Am Ende stimmte eine deutliche Mehrheit für die von der Stadtverwaltung schon vor Jahren geplante Fällung. Die ersten vier Bäume wurden Ende Januar gefällt.

Die Stadt weist darauf hin, dass die Fällungen nicht der Geheimhaltung unterliegen. Es ergebe sich aber auch keine öffentliche Verpflichtung für eine Ankündigung. Die gewerblichen Anlieger seien im Vorfeld durch direkte persönliche Ansprache informiert worden.

Der Kommunale Ordnungsdienst ist laut Stadt vor Ort gewesen, um bei Störungen reagieren und bei Bedarf die Baustelle sowie die Arbeiter schützen zu können. Im Sommer hatten Aktivisten Bäume besetzt. Die Polizei sei informiert worden, dass die Fällung stattfindet.

Ingo Blechschmidt ist Sprecher der Initiative „Karlsruher Platanen bleiben“, die die Platanen im August besetzt hatte. „Wir empfinden die Aktion der Stadt Karlsruhe als wahnsinnig frech. Der Stadt ist bewusst, dass wir ein Bürgerbegehren in Vorbereitung haben. Wir halten es für unlauter, dass nun weiter Tatsachen von der Stadt geschaffen werden“, sagte er.

Blechschmidt kündigte an, dass die Initiative mit öffentlichen Aktionen in der nächsten Zeit ihren Ärger über das überraschende Fällen von vier weiteren Platanen reagieren wird. „Außerdem möchten wir noch das Gespräch mit einem Anwalt suchen. Wir erwägen, rechtliche Schritte gegen das Vorgehen der Verwaltung einzuleiten.“

Zwei weitere Baumarten sollen gegen Klimawandel helfen

Als Ersatz für die gefällten Bäume sollen auf Karlsruhes zentraler Einkaufsmeile Zürgelbäume, Rebona-Ulme und Blumenesche gepflanzt werden. So sollen potenzielle Stressfaktoren durch den Klimawandel aufgefangen werden. Die Ulme soll darüber hinaus höher wachsen als die schon eingeplanten Zürgelbäume.

Nach Angaben der Stadt sind in diesem Jahr keine Platanenfällungen mehr geplant.

Das neue Baumkonzept für die Fußgängerzone in Karlsruhe
Das neue Baumkonzept für die Fußgängerzone in Karlsruhe. Foto: BNN

Friseurkunde Rhenam von Krosigk fasst zusammen, wie aus seiner Sicht die Gefühlslage mancher Karlsruher ist. Überall weltweit gehe es irgendwie bergab, sodass sich mancher sage: „Und jetzt auch noch unsere Bäume...“

So soll die neue Kaiserstraße einmal aussehen:

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