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Gastronomen bleiben auf der Strecke

Firmen-Weihnachtsfeiern fallen in Karlsruhe wegen Corona reihenweise aus

Auch bei den traditionellen Weihnachtsfeiern in den Karlsruher Firmen läuft in diesem Jahr nichts wie immer. Große Veranstaltungen fallen vielfach aus, wenn überhaupt gefeiert wird, dann höchstens im ganz kleinen Kreis. Die Gastronomen kommen deshalb meist auch zum Fest nicht auf ihre Kosten.

Ausgetanzt: Die Dinnershow Crazy Palace wurde wegen des hohen wirtschaftlichen Risikos während der Corona-Krise abgesagt
Ausgetanzt: Die Dinnershow Crazy Palace wurde wegen des hohen wirtschaftlichen Risikos während der Corona-Krise abgesagt Foto: Christine Gustai

Für die Software-Spezialisten bei PTV war Weihnachten immer ein ganz besonderes Ereignis. Mit voller Besetzung von annähernd 500 Kolleginnen und Kollegen fand sich die Belegschaft im Advent gern im BGV-Lichthof nahe der Durlacher Allee ein, um gemeinsam das Jahr ausklingen zu lassen.

Es sang traditionell der Firmen-Chor und stellte unter Beweis, dass Experten für IT-Lösungen im Verkehrssektor auch kulturell beschlagen sind. Es gab gutes Essen und leckere Getränke, und die Zusammengehörigkeit profitierte. In diesem Jahr aber ist alles anders. „Notgedrungen müssen wir auf die große Feier verzichten“, erklärt die Chefin der Unternehmenskommunikation, Kristina Stifter.

Damit ist das Tech-Unternehmen in der Haid-und-Neu-Straße eine von vielen Firmen in Karlsruhe, bei denen es angesichts der Corona-Pandemie heuer keine Weihnachtsfeier gibt.

Kleinere Einheiten

Meistens ist die betroffene Belegschaft traurig aber verständnisvoll. Erst recht, wenn es eine Alternative gibt wie bei PTV. Als Äquivalent für die ausfallende große Sause hat sich das Management nämlich entschlossen, die Abteilungen selbst entscheiden zu lassen, was sie wünschen: Die Chefs erhalten ein Budget, das sie individuell verausgaben können: für eine schöne Herbstwanderung ebenso wie für ein Weihnachtsessen im kleinen Rahmen oder den Klettergarten, berichtet Kristina Stifter.

Einen anderen Weg geht die big-Gruppe, deren Zentrale in der Ehrmannstraße ansässig ist. „Die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Familien steht bei uns an erster Stelle“, stellt die geschäftsführende Gesellschafterin, Daniela Bechtold-Schwabe, fest. „Schweren Herzens“ verzichte man deshalb auf Weihnachtsfeiern im bisherigen Sinne.

Nicht verzichten will man aber auf das gemeinschaftliche Erleben der Adventszeit. Deshalb werden nun digitale Möglichkeiten erwogen, um auf diesem Wege Weihnachtsflair zu schaffen.

Ein passende Tool hat etwa der Karlsruher Dienstleister Paseo Marketing im Angebot. Die dortigen Spezialisten haben einen digitalen Weihnachtskalender entwickelt, mit dem sich die Weihnachtsfeier unter Corona-Aspekten gestalten lässt. Hinter den 24 Türchen kann jeder Betrieb eigene Angebote hinterlegen: der digitale Glühweinabend, zu dem im Vorfeld Glühwein und Lebkuchen nach Hause geschickt werden, die Video-Weihnachtsgrüße des Chefs oder auch der Wettbewerb um den hässlichsten Weihnachtspulli.

Allenfalls auf eine digitale Alternative zur analogen Weihnachtsfeier setzt man auch beim großen IT-Dienstleister Fiducia & GAD IT. „Wir sind ein systemrelevantes Unternehmen“, verdeutlicht die Sprecherin des Hauses, Sarah Ochs. Bereits im Mai habe man deshalb konsequent bis zum Jahresende sämtliche Großveranstaltungen abgeblasen.

Dabei waren die Weihnachtsfeiern in der Vergangenheit stets eine große Attraktion: Bis zu 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versammelten sich zu Vor-Corona-Zeiten zur adventlichen Festivität in der Neuen Messe. Innerhalb der Mitarbeiterschaft ist laut Sarah Ochs das Bewusstsein durchweg verbreitet, „dass wir uns das zu Pandemie-Zeiten schlicht nicht leisten können.“

Teams entscheiden individuell

Dagegen läuft es beim Drogeriemarkt-Unternehmen dm ähnlich wie in den Vorjahren. „Wie auch in den vergangenen Jahren stimmen sich die Kolleginnen und Kollegen bezüglich der Weihnachtsfeiern in den einzelnen Ressort und Teams untereinander ab“, lässt Geschäftsführer Christian Harms ausrichten. Inwieweit Feiern heuer möglich oder auch gewollt seien, entschieden die einzelnen Teams individuell und eigenständig. Natürlich unter Einhaltung der jeweils geltenden Auflagen, sagt der Chef.

Auch bei der auf Durlacher Gemarkung ansässigen Vollack-Gruppe ist die Weihnachtsfeier ein Thema. Die Entscheidung werde demnächst fallen, meint Sprecherin Regina Reiter. Sie werde auf jeden Fall von der Pandemie-Lage abhängen. „Dabei stehen die Gesundheit unserer Mitarbeiter, die Beachtung der geltenden Regeln und das notwendige Verantwortungsbewusstsein in dieser Situation im Vordergrund“, versichert die Sprecherin.

Während die Mitarbeiter von größeren Firmen lediglich auf eine große Feier verzichten müssen, bangen Gastronomen und Event-Veranstalter mittlerweile um das komplette Weihnachtsgeschäft. „An manchen Tagen werden gleich drei Weihnachtsfeiern auf einmal abgesagt“, sagt Peter Joas, Geschäftsführer des Veranstaltungslokals Hubraum in Durlach.

Prinzipiell könne er sogar verstehen, dass sich die Leute derzeit nicht mit 80 Kollegen in einem Raum zum Feiern setzen wollen. Trotzdem sollten sich die Firmen überlegen, ob man nicht zumindest Abteilungsfeiern mit zehn oder 20 Mitarbeitern zulässt. „Platz zum Abstand halten haben wir hier genug“, sagt Joas. „Nun müssen die Firmen das nur noch wollen.“

Fällt umsatzstärkster Monat aus?

Drei Absagen an einem Tag sind derzeit noch nicht einmal die Ausnahme, weiß Waldemar Fretz. Der Vorsitzende des Gaststättenverbands Dehoga Karlsruhe hat in dieser Woche mit zahlreichen Gastronomen gesprochen und fast immer dieselben Geschichten von stornierten Weihnachts- und Winterfeiern gehört. „Wegen der Weihnachtsfeiern ist der Dezember für viele Wirte normalerweise der umsatzstärkste Monat. Wenn dieses Geschäft nun auch noch wegbricht, wird sich die Krise in der Gastronomie weiter verschärfen“, sagt Fretz.

Dass die diesjährige Weihnachtssaison noch zu retten sei, glaubt der Experte nicht. Weihnachtsfeiern würden schließlich von langer Hand geplant und weder die Unternehmen noch die Gastronomie hätten Kapazitäten für spontane Entscheidungen.

Weil zahlreiche Firmen in diesem Jahr auf Weihnachtsfeiern verzichten, wurde vor wenigen Tagen auch die diesjährige Spielzeit der Dinnershow „Crazy Palace“ abgesagt. „Das Risiko ist einfach zu groß“, sagte Geschäftsführer Rolf Balschbach. Firmenweihnachtsfeiern machen bei weihnachtlichen Varietés einen Großteil der Einnahmen aus.

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