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Die wichtigsten Infos

Wie Menschen in Karlsruhe Flüchtlingen aus der Ukraine helfen können

Keiner weiß, wie viele Ukrainer auf der Flucht bisher in Karlsruhe angekommen sind. Die Experten sind aber sicher: Es kommen noch viel mehr. Und deshalb sind nun auch die Bürger gefragt.

Marina aus Dnipro steht mit ihrem Sohn Bogdan an einem Verteilzentrum an einem Bus Richtung Milan an, wo sie Verwandte hat. Aus der Ukraine sind seit Beginn des russischen Einmarschs mehr als zwei Millionen Menschen geflohen.
Raus aus dem Kriegsgebiet: Viele Menschen flüchten aus der Ukraine. Wie viele dieser Weg bisher nach Karlsruhe führte, ist unklar. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Die Flüchtlingshilfe in Karlsruhe ist seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Dauereinsatz. Und im Rathaus arbeitet man ebenfalls unter Hochdruck daran, die Aufnahme und Versorgung der Schutzsuchenden zu organisieren.

„Die größte Herausforderung ist es, die Menschen unterzubringen“, sagt Faris Abbas, der innerhalb der Stadtverwaltung die Ukraine-Hilfe koordiniert.

Tina Givoni beantwortet die wichtigsten Fragen zu Hilfsangeboten für Flüchtlinge aus der Ukraine.

Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine sind bisher da?

Das weiß niemand. Vor dem Krieg lebten der Statistik zufolge 1.100 Ukrainer in Karlsruhe. „Sicher haben einige Freunde und Verwandte zu sich geholt“, so Abbas. Auch privat organisierte Transporte führten Flüchtlinge nach Karlsruhe. „Die Menschen dürfen sich frei bewegen und gleich arbeiten“, stellt Abbas klar. Einen Asylantrag müssen sie nicht stellen, sich aber registrieren – womit es also absehbar Klarheit zu den Zahlen gibt. Allerdings wird der bürokratische Prozess dauern: Die Anmeldung, bei der unter anderem Fingerabdrücke genommen werden, kann, muss aber nicht zwingend über die Landeserstaufnahmestelle (LEA) erfolgen. Anlaufstelle kann ebenso das Ausländeramt sein. „Für diesen Weg schaltet Karlsruhe kommende Woche ein Antragsportal frei“, so Abbas.

Geht dann also alles online?

Nein. Zwei persönliche Vorsprachen sind erforderlich. Und das Ausländeramt galt schon vor der Ukraine-Krise als überlastet. Zeitdruck besteht für die Asylsuchenden nicht, sie dürfen in jedem Fall zweimal 90 Tage im Land sein. Und die Stadt versucht, unbürokratisch zu helfen: Im Rathaus an der Alb wurden innerhalb von zwei Tagen 50 Bewilligungsscheine für eine ärztliche Behandlung und finanzielle Hilfe ausgestellt, 150 weitere sind in der Pipeline, so Abbas. Die Flüchtlinge erhalten vom Staat im Bedarfsfall Hilfe knapp unter Hartz-IV-Niveau und eine Unterstützung für die Miete. Doch nicht alle Schutzsuchenden sind bedürftig: „Es gibt geflüchtete Ukrainer, die von hier aus wie im Homeoffice arbeiten und ihr Einkommen haben“, so Abbas. Es seien aber auch Kinder ohne ihre Eltern hier. „Die Lage ist individuell sehr verschieden.“

Wie viele Flüchtlinge erwartet die Stadt noch?

Abbas geht sicher davon aus, dass bei der bundesweiten Verteilung Ukrainer nach Karlsruhe gebracht werden. Noch kommen aber keine Sonderzüge in der Stadt an. „Wir fahren auf Sicht“, sagt Sozialbürgermeister Martin Lenz (SPD). Er und sein Team suchen vor allem Wohnraum. „Eine Unterbringung in Turnhallen entspricht nicht unseren Ansprüchen und wäre die allerallerletzte Lösung“, so Lenz. Neu ist, dass Karlsruhe über die Standorte der LEA hinaus Flüchtlinge unterbringt, davon war man bisher eben gerade als Stadt mit Landeserstaufnahmestelle befreit.

Wo sollen die Flüchtlinge wohnen?

Bürgermeister Lenz weiß: In der wachsenden Stadt ist der Wohnraum knapp. Dennoch gingen bei der Stadt bisher rund 100 Angebote für Karlsruhe und das Umland ein, wie Abbas bilanziert. Das reiche vom freien Zimmer über Einliegerwohnungen bis zum kompletten Haus. Nach einer Qualitätskontrolle gehe es darum, passgenaue Angebote zu machen: Der Gehbehinderte sei nicht gut im vierten Stock aufgehoben, Familien bräuchten mehr Platz als Alleinstehende.

Bezahlt die Stadt für den Wohnraum?

„In vielen Fällen bieten die Menschen uns aktuell kostenfrei Wohnraum an“, berichtet Abbas. Er weiß, dass mancher spontan ohne finanzielle Gegenleistung Menschen bei sich wohnen lässt. Allerdings gibt es die Möglichkeit, dass Miete übernommen wird, zunächst einmal von der Stadt, die dieses Geld später wohl vom Bund zurückbekommt. Mietkosten können sowohl für ein Zimmer zur Untermiete als auch für ganze Wohnungen erstattet werden. „Wir haben im Moment Angebote, ein früheres Altenheim und zwei Hotels zu belegen“, erzählt Lenz. Da sei der Vorteil, dass die Menschen abgeschlossene Wohneinheiten im Idealfall mit eigenem Bad bekommen. Ansonsten geht es nicht um komplette Blöcke, der Ansatz ist eine dezentrale, also über die Stadt verteilte Unterbringung. Verträge mit den Vermietern werden, so Lenz, in der Regel für zwei Jahre geschlossen. Der Bürgermeister sagt: „Wir wissen nicht, wie lange die Menschen hier bleiben.“ Leerstände könne die Stadt jedoch nicht finanzieren. Deshalb sei es wichtig, eine mögliche Nutzung nach der Krise etwa für Studenten im Plan zu haben. Karlsruhe greift auf die Erfahrungen und Strukturen der Wohnraumakquise zurück, bei der privater Wohnraum dauerhaft von der Stadt belegt wird.

Was ist, wenn die Untermiete zur Belastung wird?

Abbas geht davon aus, dass mancher erst einmal privat unterkommt, später aber doch noch in eine andere Immobilie umziehen will oder muss. „Das ist ein dynamischer Prozess“, so Abbas. „Im ersten Schritt denkt noch keiner an Enge, Ärger, Geld. Das ändert sich dann manchmal.“

Wie können die Flüchtlinge am gesellschaftlichen Leben teilhaben?

Für Schüler richtet das Staatliche Schulamt neue Vorbereitungsklassen ein, weil die Kinder und Jugendlichen oft kein Deutsch können. Die Stadt stellt sicher, dass im Bedarfsfall auch das Mittagessen in der Mensa finanziert ist. „Bei den Kitas gibt es auf Landesebene Gespräche, ob eine Überbelegung von zwei Plätzen pro Gruppe möglich ist“, berichtet Tine Leßle vom Sozialdezernat. Sie erzählt: „Wir haben eine komplette Familie hier, da wollen die drei Kinder sofort in die Schule. Es sind aber auch zwei Mädchen mit ihrer Oma zu einer in Karlsruhe lebenden Tante geflüchtet. Die sind traumatisiert und wollen jetzt hier nichts beginnen, was sich dauerhaft anfühlen könnte. Sie wollen deshalb erst mal nicht in die Schule.“ Die Flüchtlinge haben die Möglichkeit, Sport im Verein zu machen. „Die Sportvereine verzichten auf Mitgliedsbeiträge, und der Versicherungsschutz ist gesichert“, so Lenz.

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