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Pro-Liberis und Lenitas

Geplante Sondergebühren eines Karlsruher Kita-Trägers sorgen für Wirbel

Spezielle Abgaben eines Kita-Trägers in Karlsruhe erregen Eltern und Politik. Nun rudert das Unternehmen zurück. Dadurch wird es für viele wohl noch teurer.

Ein Junge spielt in einer Kindertagesstätte hinter einer Tigerfigur mit Bauklötzen und einem Spielzeugauto.
Für Spielzeug und Bastelmaterial wollte der Träger knapp 150 Euro pro Jahr verlangen. So steht es im Entwurf einer neuen Beitragsordnung, die nicht kommen wird. Foto: Bernd Thissen/dpa

Fast 400 Euro für die Aufnahme und 149 Euro pro Jahr für Spielzeug und Bastelmaterial – das sollten Karlsruher Eltern nach Vorstellung der privaten Kita-Träger Pro-Liberis und Lenitas künftig bezahlen. Nach heftigen Protesten von Elternvertretern und aus der Kommunalpolitik rudern sie nun zurück.

„Wir werden die geplanten Einmalgebühren zurücknehmen und bei der bisherigen Beitragsordnung bleiben“, kündigt Geschäftsführer Peer Giemsch im Telefonat mit dieser Redaktion an. Für Eltern bedeutet das allerdings nicht, dass sie günstiger wegkommen. Im Gegenteil.

Monatliche Kita-Beiträge steigen deutlicher als zunächst geplant

Was gestrichen wird, landet im monatlichen Beitrag. Der nun vorgesehene Aufschlag ist nach BNN-Informationen höher als die angekündigte Bastel- und Spielzeug-Jahresgebühr.

Die Wucht des Protests gegen die Pläne hat Giemsch hörbar überrascht. In der vergangenen Woche hatten seine Unternehmen die Zahlen vorab an Elternbeiräte verschickt und wollten am 17. Juli mit ihnen darüber sprechen. Dass geplante Gebühren, Musterverträge und andere Informationen direkt an Politiker und Medien weitergegeben wurden, nervt ihn. Er fühlt sich missverstanden.

Eltern klagen über „Willkür“, Politiker reagieren „entsetzt“

Stein des Anstoßes sind für viele Eltern die ersten beiden Seiten einer neuen Beitragsordnung, die ab dem 1. September in Kraft treten sollte. In dem Entwurf finden sich die Pauschalen für die Aufnahme von neuen Kindern sowie für Spielzeug und Bastelmaterial. Diese Sonderkosten seien „völlig willkürlich und unverhältnismäßig“, heißt es aus dem Kreis der Elternbeiräte.

Nicht weniger deutlich drücken es zwei Fraktionen des Karlsruher Gemeinderats unabhängig voneinander aus. Man sei „irritiert über die Kostensteigerungen“, schreiben die Grünen am Dienstagmorgen. Die Gebühren im dreistelligen Bereich halte man für überzogen. Die SPD spricht sogar von „großem Entsetzen“. Man fordere von der Stadtverwaltung eine Überprüfung des Vorhabens im Sinne der Elternschaft, lässt sich Stadträtin Yvette Melchien zitieren.

Träger sieht keinen Spielraum mehr für „besondere pädagogische Angebote“

Mit dem Rathaus habe man im Vorfeld gesprochen, erzählt Peer Giemisch. Die Sozial- und Jugendbehörde habe „gewisse Bedenken“ geäußert und Einmalgebühren „kritisch“ gesehen. Nun sind sie noch vor der Einführung ohnehin wieder vom Tisch.

Warum Giemsch als Geschäftsführer der beiden Träger den Gebühren-Vorstoß wagte, lässt er im Gespräch durchblicken. Man wollte damit Raum für „besondere pädagogische Angebote schaffen“, erklärt er. Angebote, für die aus seiner Sicht bei von der Kommunalpolitik geforderten stadtweit einheitlichen Kita-Beiträgen für viele Träger kein Spielraum mehr bleibt.

Es ist von der Politik aber nicht erwünscht, dass man differenzierte Angebote macht.
Peer Giemsch
Geschäftsführer Pro-Liberis und Lenitas

Nach der neuen Logik sollte in den 19 Karlsruher Einrichtungen sowie in den Kitas im Landkreis Karlsruhe von Pro-Liberis und Lenitas künftig ein Basispreis gelten, der durch individuelle Gebühren für spezielle Zusatzleistungen ergänzt wird. „Es ist von der Politik aber nicht erwünscht, dass man differenzierte Angebote macht“, kritisiert Giemsch.

Kritik an Plänen der Stadt Karlsruhe für einen Einheitsbeitrag

Im Frühjahr 2019 hatte der Gemeinderat in einem Grundsatzbeschluss die Zuschüsse für freie und kirchliche Träger deutlich erhöht. Der Beschluss war allerdings verbunden mit einer Forderung: Bis September 2024 dürfen deren Elternbeiträge nur noch maximal zehn Prozent über denen in städtischen Kitas liegen.

Viele Träger hadern mit dieser Aufgabe, meist hinter vorgehaltener Hand. Zumindest im Entwurf des Elternbriefs, der den Elternbeiräten vorab zuging, geht hingegen Peer Giemsch mit seiner Kritik in die Offensive.

Er rechtfertigt geplante Preissteigerungen durch höhere Energie-, Miet- und vor allem aufgrund neuer Tarifabschlüsse deutlich höhere Personalkosten. Gleichzeitig gebe es „seitens der öffentlichen Hand keine verbesserten Förderbedingungen“, daher müsse man die Steigerungen durch erhöhte Beiträge weitergeben.

Die SPD-Fraktion will diesen Vorwurf so nicht stehen lassen. Sie verweist auf eine vor wenigen Wochen beschlossene Erhöhung der Zuschüsse für die Träger. Auf dem Weg zur Einheitsgebühr müssten auch die Träger „ihren Anteil leisten“, ergänzt die Grüne-Fraktionsvorsitzende Jorinda Fahringer.

Yvette Melchien und die SPD-Fraktion sehen derweil die städtischen Beitragspläne durch den Pro-Liberis-Vorstoß gefährdet. Die Stadträtin fordert, dass beim Vergleich der verschiedenen Träger in der Stadt und ihrer Preise „auch solche zusätzlichen Gebühren berücksichtigt werden“.

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