
Ademi lächelt, in seiner schicken Schürze, hinter der Theke des Eiscafés Piccolino in der Karlsruher Fußgängerzone. Es ist zehn Minuten vor Mitternacht, das neue Jahr steht vor der Tür und der Mann mit den strahlenden Augen verkauft Eis – während nur wenige Meter weiter Raketen kreischend in den Himmel steigen. Immerhin lassen die Temperaturen kaum auf eine Winternacht schließen. Karlsruhe feiert den Jahreswechsel bei Rekordtemperaturen.
Ein wenig früher in der Nacht, am Karlsruher Ludwigsplatz. Stephan und Petra sitzen in Korbsesseln, vor ihnen auf den Tischen stehen kühle Biere. Die Temperatur ist den beiden nicht ganz geheuer.
„Es ist schon ein bisschen unheimlich“, erklärt Petra, die aus Todtnau im Schwarzwald kommt. Stephan stimmt ein: „Eigentlich ist das Wahnsinn.“ Aber nun macht das Paar das Beste daraus und genießt eine beinahe schon laue Silvesternacht.
Es ist schon ein bisschen unheimlich.Petra aus Todtnau zu den hohen Temperaturen an Silvester
Glühwein ist natürlich ein Ladenhüter bei 15 Grad. „Das geht so gut wie gar nicht gerade“, erklärt einer der Verkäufer auf dem Schlossplatz. Die Leute würden eher Bier oder einfach Wasser trinken, erklärt er. Die Maschine, mit der er ansonsten bei winterlichen Temperaturen das Heißgetränk auf Knopfdruck ausschenkt, steht still.

Dennoch gibt es etwas zu tun: Die Rollschuhbahn, die Hütten und Verkaufsstände, sind gut besucht, die Tische praktisch alle besetzt, es wird gelacht und gescherzt – zum Discoklassiker Daddy Cool von Boney M drehen die Karlsruher ihre Runden auf den Rollen.
Silvester in Karlsruhe: An der Rollschuhbahn herrscht Disco-Stimmung
Die beiden Studenten Nicolai und Stefan lehnen sich an einen der vielen Stehtische. Sie haben sich der Temperaturen zum Trotz für Glühwein entschieden. Die Stimmung ist gut und dass auf dem Schlossplatz von der Stadt ein Böllerverbot ausgesprochen worden ist, finden die beiden absolut in Ordnung. „Das könnte man immer so machen. Zum Knallen gibt es doch so viele andere Orte in der Stadt.“

Das verhängte Verbot wird konsequent umgesetzt. Security-Mitarbeiter verschwenden keine Sekunde, als wenige Meter entfernt vom Trubel der Rollschuhbahn auf dem Platz der Grundrechte ein Böller losgeht. Zwei Männer in gelben Westen machen sich auf den Weg, aber das Areal am Zirkel ist eine der am schlechtesten beleuchteten Meter Straße in der Karlsruher Innenstadt. Zwischen den vielen dunklen Schemen von passierenden Passanten, die zwischen Marktplatz und Schloss bummeln, entschwindet der Übeltäter unerkannt.
Das Knallerverbot funktioniert auch auf dem Marktplatz. Hier ist Pascal Kulcsár mit seiner interaktiven Kunstinstallation „Flashlines“ für Silvester zu Gast. Mit zwei Projektoren werden das Weinbrennerhaus auf der einen Seite und das Rathaus auf der anderen Seite angestrahlt. Ähnlich wie bei den Schlosslichtspielen lassen sich Muster auf die Fassade projizieren, mit dem Smartphone können Passanten die Lichtinstallation sogar steuern.
Karlsruher Feuerwehr spricht von einer großen Zahl an Einsätzen
Aber als sich gegen 12 Uhr die Menschen in den Armen liegen und auf der Kaiserstraße ein lärmendes Schauspiel aus bunten Farben, glitzernden Fontänen und gleißende Explosionen einsetzt, geht die Installation von Kulscár ein wenig unter beim Jahreswechsel. Er genießt den Anblick des flackernden Lichtermeeres in der Fußgängerzone: „Das ist beinahe wie eine Bühne und wir stehen hier auf dem Marktplatz als Zuschauer.“
Nach ersten Auskünften der Karlsruher Branddirektion war die Zahl der Einsätze bis etwa 1.30 Uhr höher als in der Zeit vor Corona. Im Stadtgebiet habe die Feuerwehr bis zu diesem Zeitpunkt bereits 14 Mal ausrücken müssen, darunter auch zu zwei Wohnungsbränden in Oberreut und Rintheim.
„Ansonsten waren es Kleinfeuer wie brennende Gestrüppe“, so Dirk Bertram von der Karlsruher Branddirektion. Die Karlsruher Polizei sprach bis gegen 1.30 Uhr von einem Silvester mit Vorkommnissen im üblichen Rahmen. Polizei wie auch Feuerwehr werden im Lauf des Sonntagmorgens die Einsatznacht zusammenfassen, so die Auskunft.