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Ungebrochene Reiselust

Karlsruher Urlauber trotzen der Krisenlage auf der Welt

Die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen bremsen die Karlsruher kaum in ihren Urlaubsvorhaben. Eine Umfrage unter Reisebüros offenbart die „hippen Ziele“.

Zwei Frauen sitzen am Tisch
Bei der Fessi Reisewelt in Palmbach ist Laura Gaede in ein Beratungsgespräch verwickelt. Von Zurückhaltung kann hier keine Rede sein. Foto: Jörg Donecker

Beeinflusst die allgemeine Weltlage mit Inflation, Kriegen und Terrorwarnungen die Urlaubsplanungen der Karlsruher? Diese Redaktion hat sich bei Reisebüros und auf der Straße umgehört.

„Die Nachfrage nach Urlaubsreisen ist seit zwei Jahren ungebrochen. Der Nachholbedarf nach Corona ist riesig“, sagt Michael Fessler von der inhabergeführten Reisewelt Fessi in Palmbach, dessen Hauptkunden meist Familien mit Kindern und kinderlose Paare seien. „Wir wollen unseren Reisetraum jetzt erfüllen. Wer weiß, was nächstes Jahr ist“, sagten sich viele.

Auch die Inflation störe keinen seiner Kunden. „Im vollen Bewusstsein, dass die Preise gestiegen sind, wird gebucht und bezahlt.“ Fernreisen nach Bali oder Tansania in Afrika „zum Tiere schauen bei der Safari“ würden „intensiv wahrgenommen“. 

Urlauber geben lieber mehr Geld aus und fahren nach Thailand

Rund um das Mittelmeer seien Spanien und Griechenland im besten Preis-Leistungsverhältnis und würden entsprechend oft gebucht. „Aber bevor die Leute beim klassischen Familienstrandurlaub auf einer griechischen Insel mehrere tausend Euro zahlen, legen sie noch ein wenig drauf und fliegen nach Thailand“, habe er beobachtet. Für mehr Leistung werde gern mehr bezahlt: „Ob ein Spielplatz mit Rutsche vorhanden ist, gibt oft den Ausschlag für die Buchung“, so Michael Fessler.

„Wir planen noch nicht, sondern verreisen eher spontan“, sagt auf der Kaiserstraße das ältere Ehepaar Gräber. „Man muss ja verreisen, um die Arbeitskraft zu erhalten“, sagt schmunzelnd die Mutter einer mehrköpfigen Familie, die ungenannt bleiben möchte. 

„Türkei und Ägypten wird jetzt für Pfingsten und Sommer gebucht, auch Dubai ist sehr gefragt. Die Leute reisen trotz der unsicheren Weltlage“, berichtet Jana Stein vom Sonnenklar TV Reisebüro, die viele Stammkunden hat. Zwar sagten die Leute: „wir merken, dass es teurer wird“, doch gereist werde trotzdem, so ihr Eindruck. Ronald Gundermann hat sich mit seinem Sohn auf Empfehlung von Bekannten für eine Woche Ägypten im Mai entschieden. Die Bedrohungslage sieht er pragmatisch: „Wenn man Angst hat, dürfte man auch nicht mehr auf die Straße.“

Japan und Costa Rica sind die Hip-Ziele momentan.
Tanja Hollander
Dertour Reisebüro

Seyma Keçeci von AS Reisen verkauft hauptsächlich Flüge und Pauschalreisen in die Türkei oder Ägypten: „Wir stellen keinen Buchungsstopp fest, die Saison boomt, viele Familien vereisen mit ihren Kleinkindern.“ Eine „unverändert große Nachfrage nach Fernreisen“ – Asien, Karibik, Mexiko – sieht Tanja Hollander vom Dertour Reisebüro. „Japan und Costa Rica sind die Hip-Ziele momentan“, dort seien erst wieder im September oder Oktober freie Hotels verfügbar.

„Keine Änderung beim Buchungsverhalten, querbeet wird alles gebucht“, stellt Andrea Hilzensauer fest, die Juniorchefin des inhabergeführten Reisebüros „Die Reisefundgrube“. Ob Griechenland oder Dominikanische Republik – die Leute hätten ein Wunschziel. Sansibar und Ägypten verkaufe sie viel, aber auch Kreuzfahrten seien im Trend. „Wer noch ein Schnäppchen will, sollte jetzt buchen, dann hat er noch die volle Auswahl“, empfiehlt die Reiseexpertin.

Die Weltlage stört uns nicht, wir machen das Beste draus.
Aram Zahruni
Reisewilliger gen Australien

Aram Zahruni will Familienmitglieder in Australien besuchen, mit anschließender Rundreise ab Sidney. Er bucht jetzt für Oktober 2024 den Flug. „Die Weltlage stört uns nicht, wir machen das Beste draus, denn das Leben geht weiter“, sagt der junge Mann positiv gestimmt.

Hirsch sieht Kompensation für Corona-Jahre

„Unser Katalog kommt Ende Oktober heraus, nach zwei Buchungsmonaten liegen wir im Vergleich zu 2022 bereits um 35 Prozent höher“, zeigt sich Mathias Hirsch erfreut, Inhaber von Hirschreisen. Viele Städte- oder Themenreisen zu Musik, Literatur oder Kulinarik oder zur Biennale nach Venedig seien bereits zu zwei Dritteln belegt. „Die Menschen reisen dahin, wohin sie während der Pandemie wollten“, so Hirsch. Besonders gefragt seien Skandinavien, Großbritannien – dort speziell Schottland – sowie Island, aber auch Polen oder die Tschechische Republik. 

Seine vorwiegend ältere Klientel wolle Reisen nicht aufschieben und schätze die Reiseleiter, studierte Kulturwissenschaftler, die meist am Reiseziel leben. Mathias Hirsch baut auf die Leute seiner Netzwerke vor Ort, die oft präzisere Angaben bei Krisen machen könnten als das Auswärtige Amt. „Wir hatten noch nie einen Fall, wo unsere Reisenden gefährdet waren.“ 

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