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Literaturtage Karlsruhe

Karriere mit Slam-Poetry: Wie die Ettlinger Autorin Natalie Friedrich es vom Zufalls-Auftritt zur Meisterschaft gebracht hat

Vor ihrem ersten Auftritt in kleinem Rahmen war sie „so nervös, dass die ganze Bierbank gezittert hat“. Nun tritt die Ettlinger Autorin Natalie Friedrich zur Eröffnung der Karlsruher Literaturtage im Großen Haus des Staatstheaters auf und zählt auch überregional zu den Größen der Szene.

Die Ettlinger Autorin Natalie Friedrich beim Poetry-Slam-Auftritt
Literatur als Bühnen-Performance - das ist das Prinzip beim Poetry-Slam, für das sich die Ettlinger Autorin Natalie Friedrich begeistert. Mittlerweile gehört sie zu den festen Größen der Szene. Foto: Georg Junge

Manchmal geht es ganz schnell. Bei Natalie Friedrich war das im Frühjahr 2018 der Fall. Eigentlich, sagt die in Karlsruhe geborene und in Ettlingen aufgewachsene Autorin, wollte sie sich damals kurz vor dem Abitur auf „wichtige“ Fächer wie zum Beispiel Mathe konzentrieren und mit dem „Geschreibsel“ pausieren, das sie bis dahin als reines Hobby betrachtet hatte.

„Rückblickend glaube ich, es war so etwas wie ein letztes Aufbäumen, dass ich mich bei einem Poetry-Slam im Karlsruher Kulturraum Kohi auf die offene Liste eingetragen und zum ersten Mal in meinem Leben auf eine Bühne gewagt habe“, sagt sie.

Mittlerweile gehört die Germanistik-Studentin zu den festen Größen der Poetry-Slam-Szene, hat viele Auftritte und etliche Auszeichnungen vorzuweisen und wird an diesem Freitag auf der Bühne im Großen Haus des Badischen Staatstheaters stehen.

Dort werden die Karlsruher Literaturtage eröffnet mit dem erfolgreichen Format „Dead and Alive“, einem Poetry Slam mit aktiven Slammern und toten Dichtern, verkörpert durch Mitglieder des Schauspielensembles. „Das ist immer eine ganz besondere Veranstaltung“, sagt Friedrich. „Im Theater erreichen wir nicht nur ein sehr großes Publikum, es ist auch gemischter als üblicherweise bei Poetry-Slams.“

Das Publikum ist in positivem Sinn „krawallig“

Bei diesen Wettbewerben, die in den 1980er Jahren im Kneipen-Milieu von Chicago entstanden sind, tritt man mit eigenen kurzen Texten gegeneinander an. Die Applausstärke des Publikums entscheidet, wer eine Runde weiterkommt. „Das ist manchmal etwas krawallig“, sagt Friedrich - und meint dies positiv.

„Die unmittelbare Rückmeldung, ob das Publikum mit meinem Text und der Performance etwas anfangen kann, das ist für mich das Reizvollste am Poetry Slam.“

Ich war so nervös - die ganze Bierbank, auf der ich saß, hat gezittert.
Natalie Friedrich, Autorin und Slam-Poetin

Das hätte sie so wohl noch nicht geahnt, als sie vor viereinhalb Jahren im Kohi auf die kleine Bühne gerufen wurde. „Ich war so nervös - ich glaube, die ganze Bierbank, auf der ich saß, hat gezittert“, erinnert sich die junge Autorin.

Doch ihr Mut wurde belohnt: „Ich kam direkt ins Finale, und der Karlsruher Slam-Organisator Stefan Unser hat mich direkt danach gefragt, ob ich nicht in der Altersklasse U20 bei den baden-württembergischen Meisterschaften antreten wollte, weil die eigentlich vorgesehene Kandidatin ausgefallen war.“

Bei diesen Meisterschaften landete sie dann ganz knapp hinter der Siegerin auf dem zweiten Platz. „Der Unterschied waren 0,1 Punkte - und im Jahr darauf haben wir mit dem gleichen Abstand die Plätze getauscht“, lacht Friedrich, die im kommenden November nun sogar bei den deutschsprachigen Meisterschaften in Wien antreten wird.

Mitmachen ist wichtiger als Gewinnen

Grundsätzlich sei beim Poetry-Slam das Gewinnen nicht so wichtig. „Da gibt es kaum echtes Konkurrenz-Denken“, beschreibt sie ihre Sicht auf die Szene. „Der Gewinn besteht ja meistens aus etwas Alkoholischem, das man dann mit den anderen Teilnehmern teilt.“

Bei Meisterschaften sei das dann schon anders: „Wenn es da ins Halbfinale oder Finale geht, dann ist es backstage schon sehr ruhig und angespannt.“ Nicht zuletzt, weil es bei diesen Veranstaltungen auch um die eigene Marktposition geht: „Da sind immer viele Veranstalter im Publikum, und für mich ging es mit Auftritten nach meiner ersten Finalteilnahme so richtig los.“

Einstiges Kneipen-Happening hat Berufsfeld eröffnet

Vom reinen Kneipen-Happening ist diese Form der Literaturperformance zu einem Berufsfeld geworden. Beispielsweise, so Friedrich, würden Poetry-Slammer beispielsweise für Firmenveranstaltungen gebucht, um zwischen Vorträgen für Auflockerung zu sorgen.

Sie selbst hat gerade ihr erstes Buch „Wenn Erdbeerjoghurt auf Asphalt trifft“ vorgestellt - ein Auftragswerk, das 17 Kurzgeschichten enthält und das sie 2021 begleitend zu den 38. Baden-Württembergischen Literaturtage in Ettlingen geschrieben hat.

„Auch da haben mir schon einige Leute gesagt, dass man meine Herkunft von der Slam-Poetry positiv merkt“, sagt Friedrich. „Die Gewöhnung daran, für ein Publikum zu arbeiten, hat mein Schreiben in den vergangenen Jahren schon verändert. Denn einen Slam-Text muss man beim ersten Hören verstehen können.“

Service

Poetry-Slam „Dead and Alive“ zur Eröffnung der Karlsruher Literaturtage am Freitag, 7. Oktober, ab 20.30 Uhr im Badischen Staatstheater. Weiteres Programm: www.literaturtage-karlsruhe.de. Das Buch „Wenn Erdbeerjoghurt auf Asphalt trifft“ von Natalie Friedrich ist erschienen im Verlag Lindemanns (210 Seiten, 12,80 Euro).

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