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Quinte-Teppich zerstückelt

Nach dem Musengaul nimmt das Staatstheater Karlsruhe von einem zweiten großen Kunstwerk Abschied

Kunstfans erschaudern: Im Staatstheater Karlsruhe wurde der Quinte-Teppich im Treppenhaus in zehn Teile zerschnitten. Was brutal klingt, soll das Werk bewahren – auch wenn eine Rückkehr an gleicher Stelle ausgeschlossen ist.

Quinte Teppich
Millimeterarbeit: Monatelang suchten Restauratoren den Scheitelverlauf im Flor des Quinte-Teppichs. Dann wurde geschnitten. Foto: Badisches Staatstheater

Nach dem Umzug des Musengauls nach Heidelberg muss das Badische Staatstheater nun von einem zweiten Kunstwerk Abschied nehmen: Im Treppenhaus entfernten Experten den sogenannten Quinte-Teppich.

Das 8,60 auf 8,60 Meter große Stück wurde vor dem Beginn des jetzt Fahrt aufnehmenden Neu- und Umbaus in Sicherheit gebracht – und dafür zerstückelt, wie die für die Sanierungskommunikation zuständige Eva Geiler erläutert.

Einfach einrollen lasse sich der Teppich nicht: „Er war auf einer Holzplatte verklebt.“ Die wiederum sei so groß, dass sie am Stück durch keine Tür passe. „Und den Klebstoff konnte man auch nicht ablösen.“ Am Ende blieb nur das Zerschneiden. „Das klingt vielleicht brutal“, räumt Geiler ein. Und tatsächlich sei das Zerlegen eines Werkes in Einzelteile eine absolute Ausnahme in der Textilrestauration. „In diesem Fall war es die einzig mögliche Vorgehensweise.“

In monatelanger Handarbeit sei der Flor im Fadenverlauf des Grundgewebes nach rechts und links gescheitelt und mit einem Gewebeband befestigt und geschützt worden. Dann wurde geschnitten. Nun lagern die zehn Einzelteile in einem Kunstdepot.

Keine Rückkehr ins Treppenhaus

„Wichtigste Prämisse war die vollständige Wiederherstellbarkeit des Kunstwerkes zu einem späteren Zeitpunkt“, so Geiler. Sie verspricht: „Er kann in voller Schönheit wieder aufgehängt werden.“

Allerdings sei schon klar, dass dies nicht im Staatstheater passiert: Dort fehle schlicht die Fläche. „Die Wand, an der er hing, bleibt zwar. Aber davor verläuft künftig eine Treppe, die ihn zur Hälfte verdecken würde.“

Aktuell werde eine neue Heimat für das Werk gesucht, ob die in Karlsruhe gefunden wird, sei offen. Der Teppich hing seit der Eröffnung des jetzigen Staatstheaters Anfang der 1970er Jahre im Treppenhaus. Gefertigt wurde er von der Künstlerin Nelly Besemer nach einem Entwurf des Künstlers Lothar Quinte. „Möglicherweise wurde er damals schon stückweise auf die Platte geklebt“, so Geiler.

Musengaul steht noch in Heidelberg

Die Rückkehr des Musengauls nach Karlsruhe ist derweil nicht ausgeschlossen. Das 6,60 Meter hohe und fünf Meter lange Werk stammt von Jürgen Goertz und wurde 1974 ursprünglich für den Innenraum des Theaters unter dem Namen „Trojanisches Pferd“ geschaffen.

Doch am Ende bekam im Haus der Wandteppich den Vorrang. Anfang der 1980er Jahre wurde das Pferd dann vom Land gekauft und als Dauerleihgabe aufgestellt.

Das dreibeinige Geschöpf war anfangs nicht unumstritten: Worte wie „verformter Blechhaufen“ fielen damals.

Im Zuge der Sanierung wurde das Kunstwerk abgeräumt und steht nun im Heidelberger Schlossgarten. Wenn klar ist, wie in Karlsruhe künftig der Theatervorplatz aussieht, entscheidet sich, ob der Gaul zurückkommt.

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