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Global Player

Technik der PI-Gruppe aus Karlsruhe ermöglicht Weltraumforschung und Kampf gegen Corona

Global Player aus Stupferich und Palmbach: Die Technik der PI-Gruppe aus Karlsruhe ermöglicht Weltraumforschung und den Kampf gegen Corona.

Höchste Präzision: Wer bei PI in der Produktion arbeitet, braucht Fingerspitzengefühl.
Höchste Präzision: Wer bei PI in der Produktion arbeitet, braucht Fingerspitzengefühl. Foto: Andrea Fabry

Täglich grüßt Albert Einstein: „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“, steht ein Zitat des weltberühmten Physikers auf der Drehtür der Firma Physik Instrumente (PI). Hier, in den beschaulichen Karlsruher Höhenstadtteilen Stupferich und Palmbach, arbeiten von 670 Mitarbeitern allein rund 60 promovierte Physiker für den Global Player.

90 Prozent der weltweit führenden Unternehmen sind letztlich unsere Kunden.
Markus Spanner, PI-Chef

Mitglieder des konzerneigenen Fotoclubs haben in den Gängen und Fluren Bilder aufgehängt. Singapur, San Francisco, Sydney zeigen diese unter anderem. Das hat Symbolik: Denn ganz gleich, ob zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft, die Produktlösungen aus Karlsruhe spielen weltweit eine Rolle. Mit ihnen lässt sich sogar das weite All erkunden.

Und PI sorgte nach den Worten seines Chefs Markus Spanner auch dafür, dass die DNA des Coronavirus so rasch entschlüsselt werden konnte. „90 Prozent der weltweit führenden Unternehmen sind letztlich unsere Kunden.“

Wir machen im wahrsten Sinne des Wortes Haarspalterei.
Markus Spanner, PI-Chef

Spanner ist Betriebswirt und kann die komplizierte PI-Materie so erklären, dass es auch Nicht-Physiker verstehen: „Wir machen im wahrsten Sinne des Wortes Haarspalterei“, sagt er und schmunzelt über seinen Vergleich. „Wenn Sie ein Haar durch 80.000 dividieren, dann wäre es ein Thema für uns.“ Präzisionstechnik des Hauses PI könnte so ein Winzig-Teil exakt positionieren. „PI macht Bewegungen mit einer Präzision im Mikro- und Nanometer-Bereich möglich“, sagt Spanner.

Eben stand er noch im Showroom des Unternehmens und hat auf das Lego-Modell des größten optischen Teleskops gezeigt, das 2025 in der chilenischen Atacama-Wüste in Betrieb gehen soll. 798 Spiegel hat es. Jeder einzelne Spiegel wird von PI-Technik exakt positioniert, auch die Verkabelung und Steuerung liefern die Karlsruher.

Präzisionsgenaue Montage in Karlsruhe erlaubt keine Hektik

Ein paar Stockwerke höher steht Spanner vor Glasfenstern und zeigt in den Reinraum. Viele der Mitarbeiter sitzen an Computern. Weiter hinten sind farbige Boxen mit Materialien erkennbar. Dort werden die PI-Geräte montiert. Die Arbeitsweise ist alles, nur nicht hektisch.

Darf sie ja auch nicht sein, weil es um höchste Präzision geht. Ein Mitarbeiter hat gerade ein Mini-Kästchen vor sich auf einer Alufolie liegen, beugt sich herunter und rückt mit der Pinzette die dünnen Kabel zurecht. PI kann Einzelfertigung, beispielsweise für Hochschulen, aber auch Serienproduktion. „Bei uns fliegen keine Späne und hören Sie keine lauten Maschinen“, erklärt Spanner. Und doch sei die Fertigungstiefe enorm. Da kommen die plangeschliffenen Granitplatten aus dem japanischen Werk und die Controller aus dem in Israel. Neun Produktionsstätten und 16 Vertriebsniederlassungen haben die Karlsruher mittlerweile weltweit.

PI-Gruppe ist eine Ausgründung der Max-Planck-Gesellschaft

PI ist eine Ausgründung der Max-Planck-Gesellschaft. Markus Spanners Vater Karl übernahm 1977 das Münchner Unternehmen PI, dessen Eigentümer verstorben war. Zwei weitere Gesellschafter unterstützen ihn dabei. Er zog nach Waldbronn, kam dort in Räumen der Firma Polytec unter.

Es war ein Start als Ein-Mann-Firma. Heute beschäftigt PI weltweit über 1.500 Mitarbeiter, investiert allein 2021 und 2022 knapp 60 Millionen Euro – ohne Bankkredit, wie der 44-jährige Betriebswirt Spanner sagt. Es seien Investitionen in die Zukunft. Digitalisierung, Medizintechnik, Automatisierung – „viele Branchen explodieren gerade. Unsere Zukunft ist phänomenal. Unsere Aufgabe ist es, die Chancen zu nutzen.“

Kameralinsen von Smartphones werden dank PI exakt positioniert

Kein Wettbewerber weltweit habe so ein breites Produktportfolio wie PI, könne so viele verschiedene eigene Antriebstechnologien miteinander kombinieren. Für Kunden ließen sich so individuelle Lösungen erarbeiten. Insofern passt auch Einsteins Zitat von der Eingangstür, denn wenn etwas bei PI nicht erlaubt ist, dann eine Geht-nicht-Denke.

Im noblen Auditorium grübeln die Ingenieure von PI und Kundschaft über Lösungen. Oder diese werden aus dem „Green Room-Studio“ – eine Technik, die auch im Fernsehen bei „heute“ und „Tagesschau“ eingesetzt wird – weltweit präsentiert. Wobei Spanner so gut wie keine Kundennamen nennen darf: Aber, wenn die Karlsruher für Cape Canaveral arbeiten oder für eine Sportwagenschmiede in Italien, dann regt das schon die Phantasie an.

Oft soll PI für Weltkonzerne im Hintergrund bleiben. Da wären etwa High-End-Smartphones. Spanner greift in die Sakkotasche und holt seines heraus. Dann erzählt er anhand dieses Beispiels, warum es dieses Gerät ohne PI nicht gäbe: Die Kameralinsen werden dank PI exakt positioniert, das Gehäuse unterstützt von PI exakt geschnitten, der akkurate Sitz des Displays überprüft. Auch die Chips, Speichermedien und Bildstabilisatoren im Gerät funktionieren dank PI.

Apropos Chips: Aktuell sind rund um den Globus 133 neue Halbleiterwerke und Fertigungslinien im Bau oder in der Planung. „In nahezu allen Projekten ist PI mit Komponenten und Systemen vertreten“, sagt PI-Pressesprecher Markus Wiederspahn.

Tochterfirma scannt weltweit Trends

Durch den Branchen- und Länder-Mix „stört es uns nicht, wenn ein Markt schwächelt“, verdeutlicht Spanner. Eine eigene Tochterfirma sucht den Weltmarkt nach Trends ab. Einzelfertigung werde es weiterhin geben, etwa aus der hauseigenen Manufaktur „Der Markt ist aber die Großserie“, erläutert Spanner seine Strategie. Vor allem in Asien und in den USA sieht er enormes Potenzial.

Aktuell ärgern ihn Lieferkettenprobleme. Und für dieses Jahr würde er gerne 240 Planstellen besetzen – das wird schwierig. Tausende fahren täglich auf der A8 an der Zentrale vorbei. Doch zu wenige wüssten, was hinter dem Kürzel an der Fassade – PI eben – steckt.

Apropos Autobahn: Wenn jemand so auf Präzision Wert legt, wie die PI‘ler, dann muss auch immer (nach)gemessen werden. Wenn es super-super-genau sein muss, gehen die Ingenieure in den Keller. Dort ist ein schwingungsentkoppelter Messraum mit eigenem Fundament – wenn ein Lkw auf der A8 über ein Schlagloch rumpelt, wirkt sich das dort auf ihre Arbeit nicht mehr aus.

Bei seinem Rundgang spaziert Spanner an der hausinternen Hall of Fame vorbei: Von den über 500 Patenten hängen einige an der Wand. Japanisch, chinesisch, deutsch, englisch ist die Schrift – PI ist eben weltweit präsent.

Die Hexapoden und ein bisschen Hexerei

Später trifft Spanner auf Marco Vogel, den Leiter des Produktionsmagaments für Hexapoden. Hexapode, das hört sich für den Laien ein bisschen nach Hexerei an – naja, irgendwie können die bei PI mit ihrer Technik auch hexen.

Ein Hexapod ist eine Maschine mit sechs Antriebselementen. Bei PI sind sie handtellergroß oder wiegen schon mal drei Tonnen. Vogel und Spanner erzählen von Hexapoden, die in Autofabriken Fahrzeugtüren halten, damit die exakt montiert werden können. Oder von Glasfaser, die ein Hexapod wieder exakt zusammenfügt. Von PI-Hexapoden in Weltraumteleskopen in Chile und auf Hawaii. Von Bildstabilisatoren in Kameras, die ohne Hexapod undenkbar wären. Von Hexapoden, die eine exakte Bestrahlung von Tumor-Patienten möglich machen.

Wenn Vogel durch die Glasscheiben in die Labore zeigt, sieht man vor allem Männer und Frauen in weißen Laborkitteln, die mit ihrer Arbeit die Welt bewegen. „Was wir tun, ist am Limit des physikalisch Machbaren“, sagt Spanner. Nobelpreisträger Albert Einstein hätte diese Einstellung gefallen. Wie heißt ein weiterer Spruch des Nobelpreisträgers auf der PI-Drehtür noch gleich: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

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