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Städtischer Vollzugsdienst

In hohem Bogen fliegt ein Paket Haschisch über den Karlsruher Werderplatz

Bei einer Alkoholkontrolle nahe dem Indianerbrunnen wird ein Rauschgifthändler gegenüber einer Ordnungskraft handgreiflich. Was damals geschah, hat das Amtsgericht aufgearbeitet.

Auf einem Tisch beim Karlsruher Werderplatz steht in der Nähe des Indianerbrunnens eine Bierflasche.
Auf dem Karlsruher Werderplatz ist es im Oktober zu turbulenten Ereignissen gekommen. Jetzt hatten sie im Amtsgericht ein juristisches Nachspiel. Foto: Uli Deck/dpa

Der Werderplatz in der Karlsruher Südstadt ist für manche traurige Geschichte gut. Bei jener, die sich am 7. Oktober vergangenen Jahres dort zugetragen hat, spielt ein 57-Jähriger die Hauptrolle. Der geschiedene Mann hat ein Glasauge, er ist schwerhörig, hat eine Krebserkrankung hinter sich, und er wartet seit geraumer Zeit auf eine Spenderlunge. Seine Metzgerlehre führte er einst nicht zu Ende, vier unterschiedliche Frauen wurden schwanger von ihm. Drei seiner Kinder sind noch am Leben.

Schmerzhafter Fausthieb seitlich gegen die Brust

An jenem späten Vormittag gehört er zum Personal, das auf dem Werderplatz die Zeit verstreichen lässt. Bis mehrere uniformierte Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes auf den Plan treten. Ihre Mission: Sie kontrollieren die Einhaltung des Konsumverbots von Alkohol, das dort jenseits der Gastronomie von April bis Ende Oktober tagsüber gilt.

Als sie den 57-Jährigen einer Kontrolle unterziehen wollen, setzt der sich zur Wehr. Eine der Amtspersonen – im Behördendeutsch heißen sie Gemeindevollzugsbedienstete – bekommt einen schmerzhaften Fausthieb seitlich gegen die Brust. Rund zwei Wochen ist der Mann deshalb dienstunfähig.

Warum sich der schlagfertige Schwerbehinderte so rabiat in Szene setzt, wird klar, als er in seine Tasche greift und sich per Wurf eines Päckchens entledigt. Wie sich später herausstellt, enthält es knapp 100 Gramm Haschisch. Es fliegt durch die Luft, trifft den Stamm eines Baumes und geht zu Boden.

Jetzt sitzt der Werfer und Schläger im Schöffengerichtssaal des Karlsruher Amtsgerichts und hört sich an, welchen Reim sich die Staatsanwaltschaft auf die Sache macht. Der Reim ist ziemlich lang. Die Anklagebehörde erkennt einen tätlichen Angriff, eine vorsätzliche Körperverletzung, unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln und unerlaubtes Handeltreiben damit.

„Tschuldigung“, sagt der Angeklagte

Der Mann, dem alle diese Vorwürfe gelten, hat mit dem Sachverhalt überhaupt kein Problem. Über Uwe Kirsch, seinen Rechtsanwalt, räumt er die Anklage ein. Leid tut es ihm demnach auch. „Das war schon schmerzhaft“, lässt sein Kontrahent wissen, der Mann vom kommunalen Ordnungsdienst.

Er hat Strafantrag gegen den 57-Jährigen gestellt. Als der geschlagene Gemeindevollzugsbedienstete seine Zeugenaussage gemacht hat, raunt Rechtsanwalt Kirsch seinem Mandanten den Hinweis zu, der könne nun sein Bedauern zum Ausdruck bringen. „Tschuldigung“, sagt darauf der Angeklagte und bekräftigt sein Wort mit einem kumpelhaften Wink Richtung Zeugenbank.

Eine der Fragen ist: Woher hat der Angeklagte den 100 Gramm schweren Haschisch-Brocken? Eine andere lautet: Wie viel davon gedachte der Mann selbst zu konsumieren, und welche Menge war für den Verkauf gedacht? Seinen Lieferanten verpfeift der Mann zwar nicht. Dafür aber erläutert er, dass die Hälfte des Rauschgiftpakets hätte veräußert werden sollen.

Angesichts des ermittelten THC-Gehalts von rund 24 Gramm bezogen auf die Gesamtmenge lag das für den Verkauf bestimmte Quantum noch immer deutlich oberhalb der vom Gesetzgeber festgelegten „nicht geringen Menge“ von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC).

Schmerzensgeld für malträtierten Ordnungshüter

Das Schöffengericht verurteilt den seit Jahren arbeitsunfähigen Mann am Ende zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Es sieht einen tätlichen Angriff in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verwirklicht – dies zudem in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln sowie mit unerlaubtem Handeltreiben, beides in nicht geringer Menge.

Damit verhängt das Gericht unter Vorsitz von Constantin Hofmann eine um drei Monate höhere Strafe, als sie zuvor die Staatsanwaltschaft beantragt hatte. Außerdem muss der Mann vom Werderplatz 500 Euro Schmerzensgeld an den malträtierten städtischen Ordnungsdienstler überweisen.

Weitere 500 Euro muss er einer gemeinnützigen Organisation zahlen. Der Angeklagte mit der angeschlagenen Gesundheit zeigt sich mit der Bewährungsstrafe einverstanden. Noch im Gerichtssaal wird das Urteil rechtskräftig.

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