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Alte Straßenbahnen zu bestaunen

Treffpunkt Schienennahverkehr Karlsruhe öffnet historisches Depot 1913

Heute starren viele Fahrgäste in der Straßenbahn aufs Handy. Früher sah eine Fahrt ganz anders aus. Das erfuhren Besucher des historischen Depots 1913 in Karlsruhe. Vorsicht geboten war einst auch vor Hutnadeln.

Fahrzeugausstellung vor dem Historischen Depot 1913 bei den Verkehrsbetrieben in Karlsruhe-
Die Ausstellung zeigt die schönsten Schmuckstücke. Bis 1956 fuhr der akkubetriebene Holzklassewagen der Linie 6 vom Hauptfriedhof nach Beiertheim. Foto: Peter Sandbiller

Eine Straßenbahnfahrt heute und eine von „Anno Damals“ öffnet den Blick auf zwei verschiedene Welten. Wo heute die Fahrgäste ins Handy starren und den Fahrschein an einem computergesteuerten Automaten lösen, saßen sich einst die Männer und Frauen auf Holzbänken gegenüber und warteten auf den Schaffner, der mit seinem Bauchladen die Karten herausließ.

Gilt es heute beim Aussteigen auf den aufgeklappten Laptop des Gegenübers zu achten, empfahl es sich um das Jahr 1900 herum, der gefährlichen Hutnadel der Sitznachbarin aus dem Wege zu gehen. Zigaretten sind auch heute in den Bahnen verboten, doch um das Jahr 1900 wies ein Schild darauf hin, keinen Kautabak auf den Boden zu spucken.

Betritt man eine alte Straßenbahn, so öffnet sich also der Blick auf eine versunkene Welt.

Seit meiner Kindheit faszinieren mich Straßenbahnen.
Tobias Gartner, Verein „Treffpunkt Schienennahverkehr Karlsruhe“

Doch die Erinnerung an vergangene Zeiten wird liebevoll am Leben erhalten durch den rührigen Verein „Treffpunkt Schienennahverkehr Karlsruhe“ (TSNV). Er zählt 250 Mitglieder. Darunter sind auch jüngere Menschen wie Tobias Gartner. Er sagt: „Seit meiner Kindheit faszinieren mich Straßenbahnen.“

Und er ist offenbar nicht allein. Am Sonntag tummelten sich zahlreiche Interessierte vor der denkmalgeschützten Halle „Historischen Depot 1913“ an der Tullastraße in Karlsruhe. Auch viele junge Paare und Familien waren darunter. „Mein Freund liebt nun mal Züge“, sagt Franziska Sieber verständnisvoll. Besonders spannend war der eingangs erwähnte akkubetriebene Holzklassewagen Triebwagen Akku 14, dessen ursprünglich offene Plattformen 1908 geschlossen wurden und der zunächst quer durch die Stadt später die Linie 6 vom Hauptfriedhof nach Beiertheim bediente.

Fahrzeugausstellung vor dem Historischen Depot 1913 bei den Verkehrsbetrieben in Karlsruhe-
Spiegelwagen
Die Besucher der historischen Ausstellung können auch den Spiegelwagen 100 aus dem Jahr 1930 betreten. Er fuhr einst von Durlach zum Rheinhafen. Foto: Peter Sandbiller

Bis 1956 fuhr der jetzt leuchtend gelblackierte Wagen durch die Stadt. Einer Verschrottung konnte er entgehen, und 1977 wurde er zum Jubiläum 100 Jahre Straßenbahn hergerichtet. Ein weiteres Prunkstück, so erläuterte Volker Dürr, Beirat und langjähriges Mitglied der TSNV stolz, ist der Spiegelwagen 100 von 1930, der einst mit zwei Beiwagen und vier Mann Personal von Durlach zum Rheinhafen verkehrte.

Seinen Namen hat er von den ovalen Spiegeln zwischen den Fenstern. Auch hier gerät man ins Träumen. Welche Gesichter haben sich einst darin gespiegelt? Vier Wagen sind an diesem Sonntag vor der Halle zu sehen.

Alte Straßenbahnen sind bei der KAMUNA erneut zu sehen

Außer den Erwähnten war noch der mit wenig Aufwand gebaute Kriegsstraßenbahnwagen aus dem Jahr 1948 – angeschafft zum Ausgleich der Kriegsverluste – sowie ein Wagen der Albtalverkehrsgesellschaft aus dem Jahr 1959, der bis 2000 im Einsatz war. Nostalgisch auch der kurbelbetriebene Fahrkartenautomat aus den 60er Jahren, der dank des guten Wetters ebenfalls vor der Halle präsentiert werden konnte.

Es war eine eindrucksvolle Zeitreise, an der der gerade „geborgene“ historische Albtalwagen 83 allerdings nicht teilnehmen konnte, da er die im Moment nicht allgemein zugängliche Halle nicht verlassen kann. Die nächste Gelegenheit, alte Straßenbahnen vor historischer Kulisse zu besichtigen, besteht am 5. August zur Karlsruher Museumsnacht (KAMUNA).

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