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Neustart im Sommer 2024

Vollgas und Wehmut: So blicken die Spartenleiterinnen am Staatstheater Karlsruhe auf ihre letzte Spielzeit

Das Staatstheater Karlsruhe steht vor einer Abschieds-Saison: Im Sommer 2024 wird die aktuelle Leitung das Haus verlassen. Dabei wird die nächste Spielzeit wohl ihre erste ohne äußere Hindernisse.

Das Leitungsteam des Badischen Staatstheaters Karlsruhe steht am 5. Mai 2023 auf den Stufen des Entrée-Pavillons.
Letztmals in dieser Konstellation präsentierte sich das Leitungsteam am Staatstheater Karlsruhe bei der Vorstellung des Spielplans für 2023/24. Nach der kommenden Saison endet die Interims-Intendanz von Ulrich Peters (vorne Mitte). Foto: Arno Kohlem

Vor fünf Jahren machte das Staatstheater Karlsruhe weithin Furore mit dem Slogan „Die Zukunft ist weiblich!“ Dieser stand als Motto über der ersten Spielzeit von Anna Bergmann und ihrem Team in der Schauspielsparte. Doch er galt ebenso für das ganze Theater: Auch die Oper bekam 2018 mit Nicole Braunger erstmals eine Direktorin. Und es war bereits absehbar, dass das damals noch von Birgit Keil geleitete Staatsballett ab 2019 von Bridget Breiner geleitet werden würde.

Verträge der Spartenleitungen laufen 2024 aus

Wie weiblich die Zukunft des Staatstheaters ab Sommer 2024 sein wird, muss sich erst noch zeigen. Klar ist: Dann endet die dreijährige Interims-Intendanz von Ulrich Peters, und Christian Firmbach übernimmt das Haus. Klar ist auch: Dann laufen die aktuellen Verträge von Bergmann, Braunger und Breiner ebenso aus wie der von Generalmusikdirektor Georg Fritzsch.

Nun haben die drei Spartenleiterinnen bei der Spielplan-Präsentation für die Saison 2023/24 ihren Abschied angekündigt. Und mit insgesamt 72 Produktionen – 31 Premieren sowie 41 Wiederaufnahmen – wird die kommende Saison wohl auch eine große Abschiedsparade.

Am augenfälligsten ist dies im Schauspiel, das zehn Premieren und 19 Wiederaufnahmen beisteuert und zudem erstmals seit etlichen Jahren wieder das Große Haus bespielt. Am 30. September bringt Anna Bergmann dort „Romeo und Julia“ auf die Bühne – in einer besonderen Fassung.

Schauspiel auf der Suche nach dem Happy-End

„Wir arbeiten mit Musical-Momenten und wir erzählen die Geschichte vom Ende her rückwärts“, kündigte Bergmann an. „Man weiß ja, wie die Geschichte ausgeht. Und wir haben die Hoffnung, dass es auf diese Weise vielleicht doch ein Happy End geben kann.“

Zwischen den Zeilen könnte sich daraus auch eine Aussage über die Situation am Staatstheater herauslesen lassen: Das Ziel, sich eher an die Energie des Anfangs zu erinnern als an die kräftezehrenden Jahre, in denen die Theaterarbeit oft ausgebremst wurde durch die hausinterne Führungskrise und die globale Corona-Pandemie.

„Etwas Gutes geht auseinander, damit etwas Schöneres zusammenkommen kann.
Anna Bergmann, Schauspieldirektorin Staatstheater Karlsruhe

Auch ihren Abschied aus Karlsruhe will Bergmann als Happy-End interpretieren: Ihre Spielplan-Vorstellung schloss sie mit einem Zitat von Marilyn Monroe, der sich ihre zweite Regiearbeit „Miss Golden Dreams“ widmet (Premiere: 2. Dezember): „Etwas Gutes geht auseinander, damit etwas Schöneres zusammenkommen kann.“

Opernsparte huldigt „musikalischen Hausgöttern“

Operndirektorin Nicole Braunger ließ ebenfalls Wehmut anklingen. Auch wenn sie kurz nach ihrer Ankunft in Karlsruhe wegen des damaligen Arbeitsklimas geglaubt habe, sofort wieder weg zu müssen, sei die Stadt ihr nun Heimat geworden. In ihrer letzten Spielzeit als Operndirektorin huldige das Staatstheater seinen „musikalischen Hausgöttern“ Strauss, Wagner und Händel ebenso wie Verdi und Mozart. Verdis „Nabucco“ bildet am 21. Oktober die erste von sieben Opernpremieren.

Diese Menge ist auch den Corona-Verschiebungen geschuldet: „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss, nun auf den 9. Dezember datiert, hätte bereits 2020 herauskommen sollen. Insofern war Braungers Wirken als Operndirektorin in Karlsruhe nie frei von Fremdbestimmung. „Was ich gerne geleistet hätte, wäre der Aufbau eines Ensembles mit langfristigen Planungshorizonten gewesen. Das war leider nie möglich“, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

Aufbau des Opernensembles nur schrittweise möglich

Sie arbeite daran, das durch etliche Lücken geprägte Ensemble behutsam aufzufüllen, müsse hierbei aber auch Plätze freilassen für jene Sängerinnen und Sänger, die 2024 vom Staatstheater Oldenburg gemeinsam mit dem designierten Intendanten Firmbach nach Karlsruhe kämen. „Wir müssen viele Kompromisse machen“, sagt Braunger. Es werde aber dennoch „eine sehr versöhnliche Spielzeit“.

Noch stärker eingeschränkt durch die Pandemie war das bisherige Karlsruher Wirken von Ballettdirektorin Bridget Breiner. Breiner hatte ihr Amt 2019 angetreten und nun erst vor wenigen Wochen ihr erstes richtig großes Handlungsballett „Maria Stuart“ zur Premiere bringen können, das ursprünglich für April 2020 angesetzt worden war. Dies wird 23/24 ebenso wieder aufgenommen wie „Giselle“, zudem will Breiner dem Staatstheater eine neue Interpretation des beliebten Tschaikowsky-Balletts „Der Nussknacker“ bescheren, ab 18. November unter dem Titel „Das Mädchen & Der Nussknacker“.

Was Karlsruhe hat, ist eine Liebe zum Ballett an sich.
Bridget Breiner, Ballettdirektorin Staatstheater Karlsruhe

In der Saison mit drei Premieren und vier Wiederaufnahmen will Breiner keinen Fokus auf ihren Abschied legen. „Die Compagnie war vor meiner Zeit da und wird auch nach meiner Zeit fantastisch sein“, sagte sie unserer Redaktion. „Was Karlsruhe hat, ist eine Liebe zum Ballett an sich, und das finde ich toll. Mein Beitrag dazu fiel eben in eine schwierige Zeit.“

Noch keine Klarheit über Zukunft von GMD Georg Fritzsch

Noch nicht von Abschied sprechen möchte Generalmusikdirektor Georg Fritzsch, der sein Amt 2020 antrat und seit kurzem erstmals ohne Pandemie-Einschränkungen hier arbeiten kann. Das Konzertprogramm der kommenden Saison widmet sich unter anderem drei Jubilaren: Max Reger (150. Geburtstag), Bedřich Smetana und Anton Bruckner (jeweils 200. Geburtstag). Zu Reger sei unter anderem ein Sonderkonzert am 8. Oktober in der Schwarzwaldhalle mit rund 400 Mitwirkenden geplant, kündigte Fritzsch an.

Bei der Frage nach der von ihm angestrebten Vertragsverlängerung verweist der Dirigent im Gespräch mit unserer Redaktion auf ein Votum des Orchesters vom Sommer 2022, das sich für seinen Verbleib ausgesprochen habe. Wann eine Klärung der Lage mit dem künftigen Intendanten erreicht sein könnte, dazu wollten sich weder Fritzsch noch der Geschäftsführende Direktor des Staatstheaters Johannes Graf-Hauber äußern.

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