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Aktion in der Innenstadt

Wie die Stolpersteine in Karlsruhe wieder ins Bewusstsein gerückt sind

Mahnmale zu Füßen der Passanten erzählen anrührende und erschütternde Geschichten über ein dunkles Kapitel der deutschen Historie

Frau kniet am Boden und reinigt
Bei strömendem Regen reinigten gut 30 Freiwillige die Stolpersteine im Karlsruher Stadtzentrum. Dabei gedachte man der Opfer des Nationalsozialismus. Foto: Jörg Donecker

Sie wischten gründlich mit Watte, Paste und Tüchern, um die schwarz-graue Patina zu entfernen. Jede Ritze wurde gereinigt und der Stein poliert, bis die Namen und Daten wieder gut lesbar waren. Währenddessen las jemand die Lebensgeschichte des Menschen vor, an den dieser Stolperstein erinnert.

In Karlsruhe gibt es mehrere hundert Stolpersteine. Sie erinnern an Menschen, die dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer fielen. Der Künstler Gunter Demnig initiierte diese deutschlandweite Aktion. In Karlsruhe wurden 2005 die ersten Stolpersteine gelegt.

Menschen engagieren sich in Karlsruhe bei strömendem Regen

Am Nachmittag des Samstags fanden sich gut 30 Freiwillige bei strömenden Regen an der Pyramide ein, um gemeinsam einige der innerstädtischen Stolpersteine zu reinigen. Aufgerufen dazu hatte der Verein Lernort Kislau zusammen mit den Karlsruher Sektionen von Amnesty International, dem DGB, den Naturfreunden sowie der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie.

Die 23-jährige Luciana Dehl hatte von der Aktion erfahren, da ihre Schwester gerade ein freiwilliges soziales Jahr am Lernort Kislau absolviert und fand es wichtig, dabei zu sein. Ein Angestellter der Landesbibliothek sah darin eine leise Anteilnahme am Schicksal der Ermordeten.

Famili aus Karlsruhe trotz Ausreiseantrags deportiert

In der Stephanienstraße 9 hatte Familie Schorff gelebt, sie hatten 1939 einen Ausreiseantrag nach Chile gestellt, wurden jedoch, bevor sie emigrieren konnten, nach Gurs deportiert, einem Konzentrationslager in Südfrankreich. Der 34-jährige Thomas Voss las die bewegende Geschichte der Familie. Er wollte damit zur Völkerverständigung beitragen und ein Mahnmal für den Frieden setzen.

Der 1874 geborene Sozialdemokrat Heinrich Klumpp zählt ebenfalls zu den Opfern, dem ein Stolperstein gewidmet wurde so wie auch Emil Hiller, der sich als Mitglied der Zeugen Jehovas geweigert hatte, eine Waffe in die Hand zu nehmen. Die Aktion endete am Ständehaus, wo zehn Stolpersteine an die verfolgten Mitglieder des damaligen Badischen Landtages erinnern, darunter auch an Ludwig Marum, der bereits 1934 in Kislau umgebracht wurde.

Die nördlich von Bruchsal gelegene Schlossanlage Kislau diente von 1933 bis 1939 als frühes Konzentrationslager. Marum hatte bis zum Schluss an einen Sieg der rechtsstaatlichen Demokratie gegenüber dem Faschismus geglaubt und sogar die Flucht ausgeschlagen.

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