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Weltfrauentag

Karlsruher Expertin wertet Gewalt gegen Frauen als Gleichstellungsproblem

Zum 8. März beantwortet die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Karlsruhe, Verena Meister, unter anderem Fragen zum Frauentag, Gewalt gegen Frauen und Menstruationsurlaub.

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Karlsruhe steht vor einem Banner auf dem „Internationaler Frauentag 8. März“ steht
Seit 2018 ist Verena Meister Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Karlsruhe. Foto: Stadt Karlsruhe, Boris Burghardt

Seit über einem Jahrhundert gibt es den Frauentag. 1911 wurde er zum ersten Mal in Deutschland gefeiert.

Zum Weltfrauentag 2024 beantwortet die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Karlsruhe Fragen zur Bedeutung des Tages, Gewalt gegen Frauen, gendertypische Berufe und Menstruationsurlaub.

Wofür gibt es den Frauentag?
Verena Meister
Weltweit wird am 8. März auf Frauenrechte und Gleichstellung aufmerksam gemacht. Am Frauentag werden Gleichstellungserfolge gefeiert. Der Aktionstag zeigt, dass Ungleichheit, Diskriminierung und Übergriffe immer noch Alltag im Leben vieler Frauen sind. Und er ermutigt die Menschen, sich für Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen.
Wie bemüht man sich, Frauen in technische Berufe zu locken?
Verena Meister
Generell erfordert die Förderung von Frauen in technischen Berufen eine ganzheitliche Strategie, die Bildung, Berufsorientierung, Unternehmenskultur, Netzwerke, geschlechtssensible Werbung, Forschungsförderung, politische Unterstützung und Bewusstseinsbildung umfasst. Die Stadt Karlsruhe setzt auf die gezielte Ansprache von Frauen für technische Berufe im Personalmarketing und bietet im Rahmen des Girls‘ Days spannende Angebote, um einige dieser Berufe kennenzulernen.
Denken Sie, man bemüht sich genug, um Männer in „Frauenberufe“ zu locken?
Verena Meister
Nein, die Statistik zeigt, dass die Bemühungen nicht ausreichen. Bei der Berufswahl konzentrieren sich Mädchen und Jungen weiterhin auf wenige geschlechtertypische Berufe: Über 50 Prozent der weiblichen Auszubildenden entscheiden sich für zehn von 348 Ausbildungsberufen. Technisch-gewerbliche Berufe sind nicht darunter. Junge Frauen sind in IT-Berufen mit rund zehn Prozent deutlich unterrepräsentiert. Das zeigt, wie stark Geschlechterklischees nach wie vor wirken. Um hier einen Wandel herbeizuführen, ist eine stereotypenfreie Unterstützung der Berufsorientierung durch Eltern, Lehrkräfte und Berufsberaterinnen und -berater erforderlich.

Ist Gewalt gegen Frauen ein Gleichstellungsproblem?

Denken Sie, Gewalt gegen Frauen ist ein Gleichstellungsproblem?
Verena Meister
Ja, zum einen kann es keine Gleichberechtigung geben, solange Frauen um ihre körperliche Unversehrtheit durch (Ex-) Partner bangen müssen. Andererseits entsteht Gewalt gegen Frauen durch mangelnde Gleichberechtigung und überholte Vorstellungen davon, dass Männer Macht und Kontrolle über Frauen haben sollten.
Kann bessere Gleichstellung weniger Gewalt gegen Frauen mit sich bringen?
Verena Meister
Auf jeden Fall. Wenn Frauen und Männer gleichberechtigt behandelt und traditionelle Geschlechterrollen aufgebrochen werden, entsteht eine Umgebung, die weniger anfällig für geschlechtsbezogene Gewalt ist. Bildung, Sensibilisierung und die Förderung von Geschlechtergleichstellung tragen dazu bei, die Wurzeln von Gewalt zu bekämpfen und eine sicherere und gerechtere Gesellschaft zu schaffen.

Arbeitskräftemangel in Kitas und Menstruationsurlaub

Was können junge Eltern und auch Frauen tun in einer Zeit, in der es massiven Arbeitskräftemangel in Kitas gibt?
Verena Meister
Fehlende Kita-Plätze und eingeschränkte Öffnungszeiten sind eine echte Bedrohung für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Frauen sollten die gleichberechtigte Sorgearbeit bei den Vätern einfordern. Es kann nicht sein, dass es wieder nur die Frauen sind, die strukturelle Probleme auffangen, länger in Elternzeit bleiben und ihre Arbeitszeit reduzieren. Wichtig sind aber vor allem nachhaltige Lösungen auf der strukturellen Ebene. Fehlende Betreuungszeiten lassen sich nicht von Eltern und durch private Netzwerke auffangen. Das ist eine totale Überforderung von Eltern. Zeit ist das, was Eltern am wenigsten haben. Außerdem sind diese Eltern ja auch Arbeitskräfte, die dann an anderer Stelle fehlen. Allzu oft leiden Eltern still. Ich würde mir wünschen, dass Eltern ihren Bedarfen gemeinsam und öffentlich hörbarer einfordern.
Denken Sie, dass „Menstruationsurlaub“, wie es ihn in Spanien gibt, den Frauen zugutekommt?
Verena Meister
Schon bisher erlebe ich, dass Mädchen und Frauen sich in Schule und Arbeit krankmelden, wenn sie Menstruationsbeschwerden haben. Die Möglichkeit besteht, und es ist richtig und wichtig sie anzuwenden, denn vielen Frauen geht es einmal im Monat richtig schlecht. Was es aber dringend braucht, auch bei uns, ist eine Enttabuisierung des Themas. Die Enttabuisierung der Menstruation ist entscheidend für die Aufklärung über den weiblichen Körper, sie fördert das Gesundheitsbewusstsein und die Selbstakzeptanz von Mädchen und Frauen. Sie trägt zur Überwindung von Geschlechterstereotypen bei und bekämpft soziale Ausgrenzung sowie Menstruationsarmut. Insgesamt schafft die offene Diskussion eine respektvollere Gesellschaft, in der Frauen ohne Scham über ihre Körper sprechen können.
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