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Pandemie verstärkt vorhandene Probleme

Als Paar durch die Corona-Krise: Was eine Therapeutin aus Stutensee-Friedrichstal rät

Corona schafft keine neuen Probleme in einer Beziehung. Aber die Pandemie verstärkt die Probleme, die bereits vorhanden sind. Die Friedrichstaler Therapeutin Corinna Sailer hilft Paaren und Familien in der Krise.

auf einem Sofa sitzende weibliche Person
Corinna Sailer arbeitet in ihrer Praxis in Friedrichstal mit Hilfe kleiner Figuren zur Verdeutlichung der Situation Foto: Marianne Lother

Die Corona-Pandemie hat viel Schaden angerichtet. Sowohl im materiellen als auch im psychosozialen Bereich. Corinna Sailer ist als Coach für Mitarbeiter in Kindertagesstätten des Trägers Pro Liberis angestellt.

Sie betreut die 600 Mitarbeiter im Raum Karlsruhe bei beruflichen Problemen wie Burnout und bei innerbetrieblichen Konflikten mit Krisenbewältigungsstrategien. Derzeit mehr denn je. Nebenbei ist sie systemische Beraterin und Therapeutin für Paare und Familien mit eigener Praxis in Friedrichstal.

Corona verstärkt vorhandene Probleme

„Die Corona-Pandemie ist nicht die Ursache für die Probleme, sondern verstärkt sie nur“, lautet ihre Analyse. Wessen Beziehung vorher schon gut strukturiert und organisiert war, wer miteinander gelebt und kommuniziert habe, komme gut durch die Krise. War aber vorher schon Sand im Getriebe, so wirke sich das jetzt erst recht zerstörend aus.

Die Corona-Pandemie ist nicht die Ursache für die Probleme, sondern verstärkt sie nur.
Corinna Sailer, Therapeutin

Noch mehr, wenn Kinder da seien, sagt sie und lässt ein klassisches Beispiel folgen: Mann und Frau arbeiten beide im Homeoffice, das Schulkind lernt im Homeschooling und das Kindergartenkind muss zu Hause betreut werden. Eine alltägliche Situation, oft genug gehabt.

Aber jetzt kommen Faktoren ins Spiel, die schwer zu bewältigen sind und die den Eltern viel abverlangen. Der Mann fühlt sich sehr stark für die Finanzen der Familie verantwortlich. Er steht unter Zeitdruck, mit seiner täglichen Arbeit fertig zu werden.

Die Frau muss ihre eigene Arbeit bewältigen, nebenbei den Alltag managen und hat das Gefühl, keinem gerecht zu werden. Sie erwartet Hilfe von ihrem Mann, der aber so eingespannt ist, dass er keine Hilfe geben kann.

Beide kommen an den Rand der Überforderung. Schließlich reduziert sie ihre Arbeit, mit der Folge, dass sie unzufrieden ist, enttäuscht und verärgert über die fehlende Unterstützung durch den Partner. Es entwickeln sich Erwartungs- und Vorwurfsschleifen.

Ist die Beziehung stabil, löst das Ehepaar seine Probleme im Gespräch. Ist sie es nicht, wird sich der Konflikt verschärfen, sagt Sailer. Jetzt sei sie gefordert, Lösungen vorzuschlagen.

Perspektivenwechsel kann bei Beziehungskrise helfen

Als Möglichkeiten nennt die erfahrene Therapeutin den Perspektivenwechsel oder den Wechsel auf eine Metaebene, bei der Tiere eine Hilfestellung geben können. Beispielsweise könne eine Giraffe sich fragen, wie kann ich auf ein Krokodil zugehen, ohne mich angegriffen zu fühlen? Das Ziel eines jeden Weges sei, so Sailer, dass „der Klient erkennt, er muss seine eigene Haltung so verändern, dass sie eine andere Wirkung erzielt“.

Ihre Empfehlung: Raus aus der coronabedingten Vorwurfsspirale. Absprachen treffen, wo jeder Partner Zeit für sich finden könnte. Diese Absprachen stellt sie symbolisch mittels kleiner Figuren dar, die eine bestimmte Position einnehmen. Beide, Mann und Frau, müssen sich bewegen, aufeinander zugehen und Flexibilität, Toleranz und Verständnis entwickeln.

Krise fordert Anpassungsfähigkeit in der Partnerschaft

„Corona ist eine Krisenzeit und fordert in höchstem Maß Resilienz“ fasst sie ihre Ausführungen zusammen. Resilienz bedeute die Fähigkeit, sich einer Krisen-Situation anzupassen und sie durch Rückgriff auf persönliche Ressourcen als Anlass für positive Entwicklungen zu sehen. Ihren Klienten empfehle sie: Veränderungen von außen, die sie nicht beeinflussen können, sollten sich wenigstens zum Positiven auswirken. Im gemeinsamen Gespräch suche sie mit ihnen, an welchen Stellschrauben man dafür drehen könne.

Was sie allerdings noch nie als Problemfeld erlebt habe, sei eine unterschiedliche Einstellung zu Corona. Theoretisch wäre das durchaus möglich: Der eine sieht beispielsweise die Pandemie als konkrete Bedrohung, der andere nimmt sie gar nicht ernst oder leugnet sie sogar. Das sei bei ihr noch nie vorgekommen. Wenigstens eine Sache, die konfliktbeladene Paare gemeinsam haben.

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