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Ganztagsbetreuung als Chance

Podiumsdiskussion zum Thema gute Bildung in Graben-Neudorf

Staatssekretärin Sandra Boser sieht im Gespräch mit Pädagogen und Elternvertretern auch Bürgermeister und Gemeinderäte als Schulträger in der Pflicht.

Diskussionsrunde diskutiert im Halbkreis vor weißer Leinwand
Diskutieren über Bildungschancen: Stephan Walter, Susanne Posselt, Sandra Boser, Alexander Winkler und Moderatorin Nicole Heger (von links) Foto: Monika Eisele

Chancengleichheit und eine gute Bildung für alle Kinder – wer will das nicht? Kritisch wird es, wenn es ums Bezahlen geht. Was tut die grün-schwarze Landesregierung in Stuttgart, was tun die Schulträger vor Ort? Was treibt Lehrerinnen und Lehrer um, was die Eltern?

Grüne Kreistagsfraktion lädt nach Graben-Neudorf

Auf Einladung der grünen Kreistagsfraktion war Staatssekretärin Sandra Boser (Bündnis 90/Die Grünen) vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zu Gast bei einer Podiumsdiskussion in Graben-Neudorf. Moderiert von Nicole Heger aus Waghäusel gingen Boser und das Podium der Frage nach, wie gute und gerechte Bildung für alle gelingen kann.

Mit auf dem Podium saßen Rektor Stephan Walter von der Lußhardtschule Forst-Hambrücken, Susanne Posselt, stellvertretende Schulleiterin an einer Pforzheimer Schule und stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordbaden, sowie Alexander Winkler, Elternbeirat an der Stirumschule in Bruchsal.

Vorlesen in der Familie fördert Sprachfähigkeit der Kinder

Die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten könnten nicht zufriedenstellen, sagte Boser in ihrem Impulsvortrag. Ansetzen müsse man ihrer Ansicht bereits in den Kitas. Die Sprachfähigkeit der Kinder leide, weil in vielen Familien Lesen und Vorlesen keine Rolle spielen. „Ein Kind, das mit drei Jahren in die Kita kommt und daheim nicht vorgelesen bekommt, bringt einen Wortschatz von etwa 20.000 Wörtern mit“, sagte Boser. „Kinder, denen vorgelesen wird, verfügen über doppelt so viele Wörter und können damit auch besser umgehen.“

Die Kinder müssten mit Konzepten, Förderprogrammen und durch multiprofessionelle Teams unterstützt werden, so die Staatssekretärin. Dafür brauche man aber Zeit, die notwendige Ausstattung und vor allem Personal, hieß es in der Diskussion. Wegen Personalmangels hätten im vergangenen Jahr neun Prozent der Drei- bis Sechsjährigen vor Schulbeginn keine Kita von innen gesehen. So zögen sich Defizite weiter in die Grundschule, denen es ebenfalls an Ausstattung und Personal fehle. Mit verschiedenen Programmen für Kitas und Schulen sei mehr Personal gewonnen worden. Aber noch immer gebe es Gegenden, die deutlich unterversorgt seien.

Statt wie bisher die Entscheidung den Eltern zu überlassen, ob ihr Kind an einer Förderung teilnimmt, gebe es Überlegungen, mehr Verbindlichkeiten zu schaffen, etwa nach dem Vorbild Hamburgs, sagte Boser. Im Ministerium habe man zudem erkannt, dass sich die Regierung stärker an der Finanzierung externer Unterstützung beteiligen müsse.

Chancen sieht die Staatssekretärin in der Ganztagsbetreuung. Letztlich stünden aber auch Bürgermeister und Gemeinderäte als Schulträger in der Pflicht. Kommunen setzten unterschiedliche Schwerpunkte und Bildung habe nicht immer Priorität, abhängig natürlich auch von der Finanzausstattung der Kommune.

Bei Digitalisierung geht es auch um Medienkompetenz

Ein wissenschaftlich fundierter Sozialindex sei nun erarbeitet worden, um den Bedarf besser zu erkennen und zielgerichtet zu fördern. Vorankommen müsse man bei der Digitalisierung. „Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung mit Tablets und Whiteboards, sondern auch um Medienkompetenz“, so Boser. Das G9-Thema habe man sich nicht ausgesucht, man werde den politischen Auftrag aber annehmen. Mit Schnellschüssen sei allerdings nicht zu rechnen, sagt Boser. Denn auch dafür brauche man wieder mehr Personal und Räume.

Gerechte Bildung braucht Ressourcen.
Stephan Walter
Rektor

Dass Lehrerinnen und Lehrer von zusätzlicher Förderung und Elternarbeit entlasten werden sollen, hörte Susanne Posselt gern. „Sich um individuelle Bedürfnisse zu kümmern oder Elterngespräche zu führen, ist in der Stundentafel nicht vorgesehen“, sagte sie. „Ich habe dann die Wahl, mich zu kümmern oder mehr für den Unterricht zu machen. Dazu kommen vermehrt Verwaltungsaufgaben und Dokumentationen.“ Nicht umsonst sei der Berufsstand anfällig für Burnouts, wechselten Kollegen in die Teilzeit oder gingen in Vorruhestand. Chancengerechtigkeit in der Bildung sah sie nicht. Die sei sehr abhängig vom Elternhaus.

„Gerechte Bildung braucht Ressourcen“, meinte Alexander Winkler, Elternbeiratsvorsitzender der Stirumschule in Bruchsal. Lehrer müssten zunehmend mehr Zeit für außerunterrichtliche Aufgaben aufwenden, auf Kosten des Unterrichts. „Bildungsgerechtigkeit kann nur gelingen, wenn es genug Personal gibt, kleinere Klassen und dadurch mehr Zeit“, sagte er. „Alle wollen Bildungsgerechtigkeit, aber keiner will Geld dafür ausgeben.“ Deutschland habe nicht viele natürliche Ressourcen, nur die Köpfe der Kinder. Wichtig für die Akzeptanz von Vorhaben und Programmen sei, die Eltern bei den Vorhaben mitzunehmen.

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