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Am 20. Januar ziehen sie wieder los

„Müllhelden“ aus Linkenheim setzen sich für saubere Umwelt ein

In zweieinhalb Jahren haben sie bei elf Aktionen Müll eingesammelt. Für dieses Jahr sind fünf geplant. Zur Prävention werden auch Schulen besucht.

Bild an Grünfläche vor Supermarkt -Rote Jacke: Dominik Burgstahler, schwarze Jacke: Werner Burgstahler, Sabine Koepke
Auf einer Grünfläche vor einem Supermarkt sind die „Müllhelden“ aktiv: Dominik Burgstahler, Werner Burgstahler und Sabine Koepke sammeln seit zweieinhalb Jahren in Linkenheim Abfälle ein. Foto: Madita Steiner

In der Grünanlage neben einem Supermarkt in Linkenheim liegt Müll: eine Bäckertüte, Reste eines Plakats und viele kleine Plastikschnipsel. Nur fünf Meter weiter steht ein Mülleimer. Es ist nicht der einzige Platz im Ort, an dem es so aussieht. Werner Burgstahler störte sich schon lange daran. Er begann, mit Mülltüten loszuziehen und herumliegende Abfälle einzusammeln. „Jedesmal, wenn ich unterwegs war.“ Auch andere Sammler versuchten in privater Initiative, die Umgebung von Müll zu befreien.

Mit seinem Sohn Dominik Burgstahler und Sabine Koepke gründete Werner Burgstahler die Initiative „Müllenium – die Müllhelden in Linkenheim“. Sie schafft einen organisatorischen Rahmen, um regelmäßig zusammen die Gemeinde Linkenheim-Hochstetten von Unrat zu befreien.

Die Greifzange als magisches Utensil

Und das seit mittlerweile zweieinhalb Jahren. Mitte 2021 zog erstmals eine Gruppe von rund 60 Frauen und Männern los. Während der Corona-Pandemie sei das auch ein Anlass gewesen, Zeit draußen zu verbringen. Alle auf Abstand und doch in einer gemeinschaftlichen Aktion.

Müll sammeln ist nach Koepkes Erfahrung ein Wundermittel, um Kinder zum Sonntagsspaziergang zu motivieren. „Die Greifzange ist ein magisches Utensil“, sagt sie. Ihr neunjähriger Sohn sei Beweis dafür: „Da hat er auch freiwillig eine Runde um den Baggersee gedreht.“

Kinder an Schulen in Linkenheim-Hochstetten nehmen das Thema ernst

Nach dem Motto Prävention statt Reaktion besucht Sabine Koepke mittlerweile auch Schulen. Dreimal habe sie etwa eine Grundschule besucht und die Kinder im Anschluss draußen in Aktion treten lassen. Es fasziniert sie, wie ernsthaft Kinder mit dem Thema umgehen. Einmal haben die Kinder von der mehrjährigen Zersetzungsdauer von Kaugummi gehört. Im Praxisteil draußen bekam prompt eine Kaugummi kauende Frau von einem Kind erklärt: „Aber das Kaugummi spucken Sie nachher nicht auf die Straße.“

Koepke besucht bisher nur Schulen in Linkenheim-Hochstetten. Auf Anfrage würde sie jedoch auch in andere Kommunen kommen. Müll mache schließlich nicht an den Rändern der Gemeinde Halt. „Das Schöne ist: Die Kinder sensibilisieren ihre Eltern“, sagt Werner Burgstahler. Auch sein Sohn bekräftigt: „Die Eltern kommen wegen der Kinder.“

Mit manchen Funden ließe sich eine halbe Wohnung einrichten

In der Hochphase waren rund 70 Teilnehmer bei den Aktionen dabei. Das ist das organisatorische Maximum, um alle Routen abzudecken. Aktuell hat sich die Teilnehmerzahl bei etwa 30 eingependelt. „Es waren auch schon Schulklassen dabei“, sagt Werner Burgstahler.

Die Hotspots seien immer ähnliche Stellen: die Straße Richtung Friedrichstal, das Römereck im Gewerbegebiet, die Albert-Einstein-Straße und die Parkplätze vor den Einkaufsmärkten. Letzteres müsse eigentlich nicht sein, wie die „Müllhelden“ sagen. Manche Märkte im Ort wie etwa der Edeka beschäftigen Mitarbeiter, die sich um eine saubere Umgebung rund um das Geschäft kümmern. Sie wünschen sich, dass das die Norm wird.

Ansonsten gilt die Regel: Wo die Leute Tempo 50 fahren dürfen und freies Feld am Straßenrand ist, findet man in aller Regel etwas. „Es fliegt wahnsinnig viel vom Beifahrersitz auf die Straße“, sagt Sabine Koepke. Coffee-to-go-Becher, Kopfhörer, Weinflaschen und Fast Food liest sie dort regelmäßig mit ihrer Greifzange auf. Mit manchen Funden könne man eine halbe Wohnung einrichten. Kühlschranktür, Korbsessel, Wäschespinne, Autoreifen und eine Damenunterhose listet sie auf.

Eine Zigarettenkippe könne 40 bis 60 Liter Wasser verunreinigen, sagt Koepke. Zwei bis sieben Jahre braucht die Zersetzung. In der Schutzhütte Hardtwald habe sie über 400 gefunden.

Ein besonderes Risiko sieht das Trio auch bei den vielen Plastikabfällen. Eine Aluminiumdose brauche 500 Jahre, um sich zu zersetzen, Coffee-to-go-Becher 50 Jahre, eine Plastikflasche 500 bis 1.000 Jahre und eine Windel 500 bis 800 Jahre, zählen sie auf. Was sich auf dem Acker zersetzt, lande über die Nahrungskette später im Essen.

Die Müllmengen in der Linkenheimer Umgebung schwanken, so Werner Burgstahler. Mehr Mülleimer würden nicht weiterhelfen. „Das Witzige ist, dass man Müll oft neben Mülleimern sieht“, sagt Dominik Burgstahler. Besonders grotesk findet sein Vater dabei die Situation mit dem Hundekot. Erst kürzlich habe er nur wenige Schritte von einem Hundemülleimer entfernt Kot gefunden – in einer Plastiktüte verpackt. „Wir können die Welt nicht retten, aber ein bisschen sauberer machen“, sagt er.

Bisher hat die Initiative elf Aktionen veranstaltet. Für dieses Jahr sind fünf geplant. Die nächste findet am Samstag, 20. Januar, statt. Anmelden können sich Interessierte auf der Webseite der Initiative: www.finabu.de/muellhelden

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