Skip to main content

Spuren der Krise weitreichend

Corona-Lockerung: Erste Kunden in Eggenstein und Stutensee

Mit den Lockerungen der Corona-Verordnung konnte auch der Einzelhandel in Eggenstein und Stutensee am Montag die ersten Kunden begrüßen. Damit ist aber noch lange nicht alles beim Alten. Denn die strengen Hygienevorschriften sind nicht der einzige Weg, auf dem die Ladenbesitzer die Folgen der Krise zu spüren bekommen.

Auf Abstand: Jung und Alt zieht es beim warmen Frühlingswetter am ersten Tag nach der Lockerung der Corona-Verordnung vor das Eiscafé La Veneta. Absperrseile und Markierungen sollen größeren Andrang verhindern. Eisdielen-Chef Massimo De Zordo fürchtet aber, dass die Regelung auf Dauer nicht funktionieren könnte.
Auf Abstand: Jung und Alt zieht es beim warmen Frühlingswetter am ersten Tag nach der Lockerung der Corona-Verordnung vor das Eiscafé La Veneta. Absperrseile und Markierungen sollen größeren Andrang verhindern. Eisdielen-Chef Massimo De Zordo fürchtet aber, dass die Regelung auf Dauer nicht funktionieren könnte. Foto: pf

Es ist ein fast vergessener Anblick: Eine Kundin betritt ein Einzelhandelsgeschäft in Eggenstein. Martina Herb kauft ein Kochbuch in der Bücherecke. Nicht alles ist beim Alten: Die Kundin trägt Mundschutz. Ein Desinfektionsmittelspender am Eingang, Markierungen auf dem Boden und Hinweisschilder neben der Kasse, wo Geschäftsführerin Ute Holzhäuser ihre Kunden hinter Plexiglas bedient, erinnern an die Corona-Sicherheitsgebote.

Neueröffnung wegen Corona verschoben

Herbs Mann Georg wartet in sicherem Abstand vor dem Laden, der eigentlich schon am 29. März hätte eröffnen sollen. Dann kam aber die Krise dazwischen. Mit der Lockerung der Corona-Verordnung am Montag konnten sich dann nicht nur Ute Holzhäuser und Gabriela Kamilli von der Bücherecke endlich über erste Kundenbesuche freuen.

Obwohl die Bücherecke nicht von der zentralen Lage an der Hauptstraße 44 profitieren konnte und das Ostergeschäft entsprechend litt, stand der Betrieb nicht still. Online waren Bestellungen möglich. Die Lieferung haben die beiden Frauen aus der Bücherecke gemeinsam mit Kollegin Barbara Schampera selbst übernommen.

Wir haben schnell den Antrag auf Soforthilfe gestellt.
Ute Holzhäuser, Geschäftsführerin der "Bücherecke" in Eggenstein

None
Bedienen hinter Plexiglas: Ute Holzhäuser (rechts) und Gabriela Kamilli haben in der Bücherecke in Eggenstein alle Vorkehrungen zum Infektionsschutz getroffen. Foto: pf

Werbemittel für die Tonne

„Dafür, dass uns keiner gekannt hat, hat das super geklappt“, sagt Kamilli mit Blick auf die 30.000 Werbeflyer, die eingestampft werden mussten. „Wir haben schnell den Antrag auf Soforthilfe gestellt“, erklärt Holzhäuser. Diese habe gerade so über die Durststrecke von Ertragseinbußen hinweghelfen können.

Bis zum Nachmittag hat nur eine Handvoll Kunden die Bücherecke betreten. „Die Leute werden gerade jetzt am Anfang noch zurückhaltend sein“, vermutet Gabriela Kamilli. Bei einer Fläche von 80 Quadratmetern und zwei Mitarbeitern sind aber ohnehin nur zwei Kunden auf einmal erlaubt, deshalb wäre großer Andrang eher kontraproduktiv.

Wir haften dafür, wenn die Kunden sich nicht an das Abstandsgebot halten.
Massimo De Zordo, Betreiber eines Eiscafés in Eggenstein

Andrang macht Eiscafé-Betreiber Sorgen

Der herrscht dagegen beim Eiscafé La Veneta ein paar Häuser weiter. Eisdielen-Chef Massimo De Zordo hat mit Abstandsmarkierungen und Warteschlangen-Seilen aber dafür gesorgt, dass er sich in Grenzen hält. Für die Erfrischung, die De Zordos Vater am Eingang über den zur Theke umfunktionierten Tisch hinweg reicht, müssen die Kunden nur etwas Geduld mitbringen. De Zordo ist sich nicht sicher, ob das Prinzip dauerhaft funktioniert. „Wir haften ja dafür, wenn die Kunden sich nicht an das Abstandsgebot halten“, gibt er zu bedenken.

None
Innen mit Mundschutz: Ein Tisch dient als Ladentheke und Abstandshalter zwischen Kunden und Mitarbeitern des Eiscafés. Foto: pf

Verluste bei Liefer- und Abholservice

„Im schlimmsten Fall gehen wir zurück zum Abholservice“, zuckt er die Schultern. Den hat die Gemeinde zwei Wochen nach der Krise erstmals gestattet.  Davor wurde das Eis in die Haushalte geliefert. Mit zehn bis 15 Prozent der üblichen Einnahmen waren die Einbußen dabei jedoch „dramatisch“, sagt De Zordo. Und auch der Abholservice habe nur etwa 40 Prozent des üblichen Umsatzes in die Kassen des saisonalen italienischen Familienbetriebs gespült.

Der Laden war voller als sonst.
Ingrid Mächtlinger, Buchhändlerin in Stutensee

Soforthilfe knapp bemessen

In Stutensee zeigt sich Ingrid Mächtlinger von der Bücher-Oase über die Anzahl der ersten Kundenbesuche sehr zufrieden: „Der Laden war voller als sonst“, sagt sie. Es gebe dennoch einiges aufzuholen. Zwar hat auch die Bücher-Oase Online-Bestellungen angeboten und Soforthilfe bekommen, allerdings seien 9.000 Euro bei 1.500 Euro Miete zuzüglich Personal- und Unterhaltskosten recht knapp bemessen, so die Chefin.

Knapp seien auch die Ankündigungen von Börsenverein und IHK zur Lockerung gewesen. Die Zeit hat aber offenbar gereicht, um die nötigen Hygiene- und Abstandsvorkehrungen zu treffen.

Ich unterstütze lieber die lokalen Geschäfte und bin auch froh, wenn ich mal aus dem Homeoffice rauskomme.
Michaela Kräutter, Kundin der Bücher-Oase in Stutensee

Mehr Kunden als erwartet

Michaela Kräutter hält mit dem Fahrrad vor dem Laden. Sie trägt einen Mundschutz mit Rosenmotiven. „Den hat meine Nachbarin selbst gemacht“, erzählt sie, während ihr Geld in einer Schale über die Ladentheke zu Ingrid Mächtlinger wandert. Kräutter kauft Filzstifte, die ihr Sohn in der achten Klasse für den Kunstunterricht braucht, und bestellt zwei Romane. „Ich unterstütze lieber die lokalen Geschäfte und bin auch froh, wenn ich mal aus dem Homeoffice rauskomme“, sagt sie.

Zwar seien den Buchhändlern mit der Schließung der Schulen und Kitas und dem Ostergeschäft wichtige Einnahmequellen weggebrochen, Ingrid Mächtlinger zeigt sich aber zuversichtlich, dass der Schulbuchverkauf zum August wie gewohnt stattfinden kann.

Mit Fußballschuhen ist unsere Haupteinnahmequelle weggebrochen.
Stefan Grimm, Geschäftsführer Sporthaus Sommerlatt in Blankenloch

Krise hat auch indirekte Folgen

Auch Stefan Grimm ist ein Markt weggebrochen. „Fußballschuhe sind unsere Haupteinnahmequelle“, sagt der Geschäftsführer vom Sporthaus Sommerlatt im Blankenlocher Gewerbegebiet. Die Verluste aufgrund der vorläufigen Absage des Spielbetriebs durch den Badischen Fußballverband und die vier Wochen Schließung könne man nicht mehr aufholen.

Mit dem ersten Kundenaufkommen seit der Krise ist er trotzdem zufrieden. Diejenigen, die das ebenfalls mit allen erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattete Sportgeschäft nun betreten, um sich meist Jogging- und Outdoorschuhe zu kaufen, bedient Grimm „unter Vorbehalt“: Wenn Schuhe anprobiert werden, kommt er Kunden nur so nah wie nötig. Natürlich trägt er dabei Mundschutz.

nach oben Zurück zum Seitenanfang