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Junges Holz trägt besseres Obst

Vor allem Anfänger kommen zum Schnittkurs in Linkenheim-Hochstetten

Noch ist Zeit, durch einen gekonnten Baumschnitt die Obsternte besser ausfallen zu lassen. Streuobstpädagogin Susanne Harrass, sagt, worauf es ankommt.

Der Bezirks-Obst- und Gartenbauverein Bruchsal e.V. organisiert ganzjährig Schnittkurse in der Hardt Region.
Der Bezirks-Obst- und Gartenbauverein Bruchsal organisiert ganzjährig Schnittkurse in der Region. Foto: Pia Frei

Die Obstbäume treiben früh in diesem Jahr. Noch ist Zeit, durch einen gekonnten Schnitt die Obsternte im Herbst besser ausfallen zu lassen. „Traut Euch. Vor allem Anfänger gehen immer zu zaghaft vor“, ruft die Streuobstpädagogin Susanne Harrass den rund 20 Teilnehmern ihres Schnittkurses zu. Interessierte der umliegenden Gemeinden haben sich beim Obst- und Gartenbauverein Linkenheim-Hochstetten getroffen – die meisten Anfänger, mehr Frauen als Männer.

Bei Neupflanzungen werden oftmals Halbstämme bevorzugt. Sie gelten als leichter zu ernten und zu pflegen. Wichtig sei, bei der Pflanzung einen mutigen Pflanzschnitt vorzunehmen, so Harrass: ein Trieb in der Mitte als Hauptstamm, drei bis vier nicht zu steile und nicht zu flache Triebe als Hauptäste belassen, überzählige Triebe entfernen, die belassenen Triebe um etwa die Hälfte einkürzen.

„Wenn ein Bäumchen 45 Euro kostet, dann schneidet 30 Euro weg“, sagt die Referentin anschaulich. Um die Äste in die richtige Richtung wachsen zu lassen, sollen diese abgespreizt oder angebunden werden. Letzteres am besten mit einem elastischen Bindeschlauch.

Alle drei Jahre sollten die alten Fruchtäste entfernt werden

Für Obstbäume im Bestand sei je nach Alter ein Erziehungs-, Erhaltungs- oder Verjüngungsschnitt nötig. Dabei bleibe das Grundgerüst aus Hauptstamm und Hauptästen erhalten, die Fruchtäste mit ihren Seitenzweigen seien nach außen zu ziehen. Beim Erhaltungsschnitt komme es darauf an, die Fruchtäste auszulichten und zu verjüngen.

„Junges Holz trägt besseres Obst“, erklärt die Expertin. „Rund alle drei Jahre deshalb die alten Fruchtäste entfernen.“ Auch Hauptäste und Hauptstamm bedürfen eines gelegentlichen Rückschnitts der Spitzen, so dass jüngere Triebe die Führung übernehmen können. Zu dicht wachsende und kranke Äste sollten entfernt werden. Sonne und Wind sollen in die Baumkrone kommen.

„Früher wurden Obstbäume stärker ausgelichtet“, sagt Harrass. „Heute muss man Äste und Früchte vor Sonnenbrand schützen und in der Krone etwas Schatten zulassen.“ Daher orientiert sich die Expertin eher an der natürlichen Wuchsform des Baums und zieht die Hauptäste nicht so weit nach außen. Kürzt sie einen Ast ein, lässt sie heute den Teil nach der letzten Knospe einige Millimeter länger als noch vor einigen Jahren.

Für den Stamm empfiehlt sie, mit einem Kalkanstrich zu weißeln. Dies schütze die Bäume vor Spannungsrissen, wenn es im Winter und Frühjahr zu starken Temperaturschwankungen komme. Vermische man die Farbe mit feinem Sand, schütze dies zudem vor Wildverbiss.

Der Juni-Riss findet inzwischen im Mai statt

Nicht jeder Baum muss jedes Jahr rundum geschnitten werden. Vor allem der sogenannte Juni-Riss, der aufgrund des früheren Vegetationsbeginns zwischenzeitlich im Mai stattfindet, reduziere den Schnitt-Aufwand, so Harrass. „Diesjährige Wassertriebe am besten ausreißen“, sagt sie. „Dadurch werden auch die beiden schlafenden Augen mitentfernt und es kommen keine neuen Triebe nach.“ Schneide man Wassertriebe mit der Schere ab, entstehen rechts und links davon zwei neue Triebe – ein Teufelskreis.

Obstbäume könne man fast das ganze Jahr hindurch schneiden. Nicht zu empfehlen sei ein Schnitt, wenn der Baum Herbstlaub trage. In dieser Zeit hätten die Bäume schon genug mit der Umstellung auf die Wintermonate zu kämpfen. In den Monaten Januar, November und Dezember komme der Saftfluss des Baums zum Erliegen, am höchsten sei er im Juni. Dies erkläre, warum ein Winterschnitt den Baum zu starkem Wachstum anrege. Ein Sommerschnitt beruhige eher. Außerdem heilen Wunden schneller als im Winter.

„Jeder Baum hat seine eigene Wachstumsdynamik“, sagt Harrass. „Ich schneide die Bäume zuletzt, die von ihrer Natur aus am stärksten austreiben.“ Die Auffassung, dass man nach Ostern nicht mehr schneiden könne, teile sie nicht.

Mit geübtem Blick könne man erkennen, wer einen Baum geschnitten hat, so die Expertin. Jeder habe einen eigenen Stil. Die Angst, falsch zu schneiden, sei unbegründet. Selbst wenn einmal falsch geschnitten wurde, sei das nicht schlimm: „Der Baum hilft sich selbst, hat immer einen Plan B.“

Gleichzeitig ermahnt sie, nur so viele Bäume zu pflanzen oder zu übernehmen, wie man tatsächlich zeitlich auch pflegen kann. Und den Älteren ruft sie zum Schluss zu: „Lasst auch mal die Jungen ran.“ Denn auch bei der Baumpflege sei ein Generationenwechsel wichtig.

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