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Karlsruhe und Weingarten

Keine Konzerte wegen Corona: Technikfirmen aus der Region leiden unter Veranstaltungsverbot

Bis mindestens Ende August sind Konzerte und sonstige Großveranstaltungen verboten. Den Firmen aus der Region, die auf Bühnenbau und Veranstaltungstechnik spezialisiert sind, brechen gerade fast alle Aufträge weg. Was bleibt, ist die vage Hoffnung auf ein starkes Comeback im Herbst.

Dass Großveranstaltungen bis zum 31. August verboten sind, betrifft auch die Firmen, die bei Konzerten für das Drumherum sorgen.
Dass Großveranstaltungen bis zum 31. August verboten sind, betrifft auch die Firmen, die bei Konzerten für das Drumherum sorgen. Foto: Song_about_summer/Adobe Stock

Dass noch bis mindestens Ende August Konzerte und sonstige Großveranstaltungen verboten sind, macht nicht nur den Künstlern zu schaffen, sondern auch all jenen, die für das Drumherum zuständig sind. Den Firmen aus der Region, die auf Bühnenbau und Veranstaltungstechnik spezialisiert sind, brechen gerade fast alle Aufträge weg. Was bleibt, ist die vage Hoffnung auf ein starkes Comeback im Herbst.

Auf dem Dach eines Karlsruher Parkhauses sitzt ein junger Mann mit Sonnenbrille an einem Piano und erträumt sich vor der Kulisse einer nahezu leergefegten Stadt mithilfe von John Lennons „Imagine“ eine bessere Welt. Das Video, das die Firmen Rock Shop und Crystal Sound vor wenigen Tagen ins Netz gestellt haben, ist als musikalischer Gruß an die Kundschaft gedacht.

Es erzählt aber auch ein wenig von der Misere, mit der die Schwesterunternehmen – und mit ihr die gesamte Musik- und Veranstaltungsbranche – in diesen Tagen zu kämpfen haben. Dass ein Hochhausdach einer der wenigen Orte ist, an denen Musiker gerade noch auftreten können, macht nicht nur den Künstlern selbst zu schaffen, auch Firmen, die für das Drumherum bei Konzerten und sonstigen Events sorgen, ächzen unter der Corona-Krise.

Stornoquote 100 Prozent
Gerd Gruss von Crystal Sound

Rock Shop, seit 2019 Teil der fein.media GmbH, vertreibt Musikinstrumente, stellt Licht- und Tonanlagen zur Verfügung, Crystal Sound vermietet Veranstaltungstechnik für Konzerte, Messen, Sportevents. In diesen Tagen heißt das: „Stornoquote 100 Prozent“, wie es Gerd Gruss auf den Punkt bringt. Der Geschäftsführer der beiden in Karlsruhe beheimateten Unternehmen weiß nur zu gut: „Gastronomen können zumindest einen Liefer- oder Abholservice anbieten, bei uns geht das nicht.“

Auch "Das Fest" und Wacken stehen nicht mehr im Terminkalender

Und seit Mittwoch flattern Gruss weitere Stornierungen ins Haus, denn seitdem steht fest, dass größere Veranstaltungen bis mindestens zum 31. August verboten bleiben. Damit sind auch „Das Fest“ in Karlsruhe und das legendäre Wacken Open Air, bei denen Crystal Sound ebenfalls mitgemischt hätte, gestrichen. Insgesamt hat Corona Gruss’ Unternehmen rund 100 Veranstaltungen gekostet. Wie es ab September weitergeht, ob etwa das eine oder andere Event noch in diesem Jahr nachgeholt werden kann? Völlig offen. Die gesamte Branche bangt – und knüpft vage Hoffnungen auf einen heißen Herbst.

Es ist ein Kampf
Michael Brombacher von Megaforce

„Der eigentliche Festival-Sommer ist jedenfalls komplett gestorben“, fasst Michael Brombacher, Chef von Megaforce, die Misere zusammen. Auch für die Bühnenbauer aus Weingarten, die unter anderem schon Helene Fischer in Szene gesetzt haben, gilt die einfache Formel: Keine Konzerte, keine Aufträge, kein Umsatz. Rund 80 Veranstaltungen, rechnet Brombacher vor, würden bis Ende August für seine Firma wegfallen, darunter große Festivals wie „Southside“ und „Hurricane“ sowie Shows der Fantastischen Vier, der Toten Hosen und von Iron Maiden. Die Folge: Die knapp 50 Beschäftigten mussten wie andernorts auch in Kurzarbeit. „Es ist ein Kampf“, sagt Brombacher, der zumindest froh darüber ist, dass bis Ende August nun Klarheit herrscht.

Virtuelle Versammlungen bringen Hellbegeistert neue Aufträge

Deutlich weniger Arbeit hat auch gerade die Firma Hellbegeistert aus Ötigheim, die auf Licht- und Veranstaltungstechnik spezialisiert ist. „Zumindest die elektrischen Prüfungen müssen weiterlaufen“, sagt Geschäftsführer Martin Bruckmayer, der zudem immerhin verkünden kann: „Durch die Krise erhalten wir aber auch Aufträge, die nicht an uns gegangen wären.“ Etwa von Hauptversammlungen, die zwar rein virtuell ablaufen, aber eben auch fürs Netz ins rechte Licht gerückt werden müssen.

Trotzdem ist in Bruckmayers Terminkalender, in dem 2019 noch rund 400 Veranstaltungen standen, in den kommenden Wochen und Monaten ziemlich viel Platz. Gestrichen sind zum Beispiel die Aufträge bei „Das Fest“ oder den Konzerten von Beatrice Egli und Glasperlenspiel in Ötigheim. Ansonsten kümmert sich Hellbegeistert vor allem um Industrie-Events und fungiert auch als Dienstleister für die Messe Karlsruhe. Deren Geschäft ist durch Corona ebenfalls massiv beeinträchtigt. 38 Veranstaltungen mussten bereits verlegt, 21 komplett gestrichen werden.

Der Beschluss der Politik vom Mittwoch betrifft nun 21 weitere Events, neun waren zuvor bereits in der Schwebe. „Das ist ein weiterer Einschnitt“, betont Messe-Geschäftsführerin Britta Wirtz, die – sofern dies die Politik ermöglicht – mit einer „Verdichtung im Herbst“ rechnet. Kapazitäten seien dann jedenfalls vorhanden. Klar sei aber auch: „Es wird nicht immer mit dem Lieblingsdatum oder der Lieblingshalle klappen.“ Gerade an den Wochenenden werde es eng, sagt Wirtz.

Personelle Engpässe könnten Aufholjagd ausbremsen

Dass seine Bühnen im September und Oktober verstärkt gebraucht werden, darauf hofft Megaforce-Chef Brombacher, der in diesen beiden Monaten 30 bis 40 Projekte für möglich hält. Falls nötig, könne man sogar Personal aus Australien, Ungarn oder Rumänien einfliegen lassen. Man sei international vernetzt.

Auch Gruss und Bruckmayer stellen sich schon einmal vorsorglich auf eine höhere Schlagzahl im Herbst ein. „Material kann man dann leihen, aber Menschen kann man nicht klonen“, befürchtet Gruss von Crystal Sound personelle Engpässe.

Für diese Zeit stünden schließlich ohnehin schon einige Events im Terminkalender. Bruckmayer von Hellbegeistert sieht das ähnlich: „Das Hauptproblem dürfte sein, dass dann der Personalmarkt leergefegt ist.“ Doch zunächst einmal sind solche Überlegungen noch Zukunftsmusik, im Moment haben er und seine Leidensgenossen ganz andere Sorgen.

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