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Neeeeeiiiiiinnnn!

Kinderkram-Kolumne: Warum es unser Redakteur bei seiner Tochter schwer hat

Was tun, wenn die eigene Tochter einen nicht leiden kann? Unser Redakteur ist ratlos. Seit Wochen steckt durchschreitet das Verhältnis zwischen ihm und seinem Kind eine Talsohle. In ihrer Gunst ist er hinter Tanten und Onkels abgerutscht. Die meisten Annäherungsversuche scheitern - selbst im Schlaf.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Unsere Tochter kann mich nicht leiden. Manchmal schon. Aber meistens nicht. Unser Verhältnis steckt in einer tiefen Krise. In der Gunst der Kleinen bin ich hinter Mama, Oma, Sandelfreund, Cousine, Onkel, Opa und Tante auf Rang acht abgerutscht. In der Bundesliga reicht das nicht einmal für den Europacup. Schlimmer noch: Ich habe das Gefühl, ich bewege mich mit großen Schritten auf die Abstiegszone zu.

Noch vor Wochen ist alles in Butter: Als ich nach Hause komme, rennt das Mädel begeistert zur Tür. Es ruft „Paaaaaapaaaa“ und fällt mir in die Arme, als würden wir für immer Abschied voneinander nehmen.

Neeeeeiiiiiinnnn!

Nun das triste Gegenteil: Glückselig öffne ich die Tür, um Frau und Kind nach einem langen Arbeitstag zu begrüßen. „Neeeeeiiiiiinnnn“, schreit meine Tochter. Die Augen vor Entsetzen aufgerissen, rennt sie in den hintersten Winkel der Wohnung. Nun gut. Ich umarme meine Frau zur Begrüßung. „Neeeeeiiiiiinnnn!“: Die Kleine reißt mich von ihrer Mutter weg.

Ein kurzes Hoch

Das Mädchen ist unberechenbar. Kurz darauf liegt sie auf der Couch und ruft: „Paaaaaapaaaa“. Verunsichert blicke ich zu meiner Frau: „Ich?“ Sie: „Ja – sie will kuscheln.“ Ungläubig nähere ich mich dem Kind, das mich nun liebevoll anlächelt: „Paaaaaapaaaa“. Für einige Sekunden schmusen wir, bis ich ankündige: „Heute bringt der Papa dich ins Bett.“ Sie: „Neeeeeiiiiiinnnn!“

Kein Kuss für Papa

Nachdem sich Vater und Tochter beim Fußballspiel im Flur wieder angenähert haben, versuche ich es wieder: „Gibst du Papa einen Kuss?“, frage ich. „Neeeeeiiiiiinnnn! Neeeeeiiiiiinnnn! Neeeeeiiiiiinnnn!“ Die Kleine rennt kreischend hinter ihre Mutter. „Du bist aber auch immer aufdringlich“, tadelt mich meine Frau, als hätte sie das selbst schon erlebt. Das Mädel, das ungefragt wildfremde Kinder küsst, braucht auf einmal Abstand?

Und wieder nix

Verärgert ziehe ich mich vor den Fernseher zurück. „Was machst du denn jetzt? Unten ist deine Tochter und will spielen“, schimpft meine Frau. Also wieder runter, den gepunkteten Ball unterm Arm: „Spielst du Fußball mit Papa?“ Das Kind dreht sich ab und macht eine theatralische Handbewegung, wie man sie allenfalls von exzentrischen Schauspielern am Set erwartet: „Neeeeeiiiiiinnnn!“.

Ablehnung auch im Schlaf

Schließlich bringe ich die Kleine doch noch zu Bett – und tatsächlich: Sie schläft tief und fest. Minutenlang rührt sie sich nicht. Zärtlich lege ich meinen Arm um unsere Tochter. Plötzlich murmelt sie, die Augen geschlossen: „Neeeeeiiiiiinnnn…“.

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