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Neues aus dem Elternalltag

Kleine machen alt

Kleine Kinder können einen ganz schön alt aussehen lassen: Wer als Frau mit Ende 40 aus Versehen noch einen Säugling auf den Arm nimmt und durch die Gegend trägt, der muss mit irritierten Blicken aus der Bevölkerung rechnen.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Es gibt viele Methoden, sich den Tag in der Mittagspause nachhaltig zu verderben. Man kann zum Beispiel darauf verzichten, einen Parkschein zu lösen. Das kann gut gehen – muss aber nicht und wenn es schief geht, dann ärgert man sich den Rest des lieben, langen Tages über die eigene Blödheit. Oder so: Man reißt sich beim Espresso-holen die sauteure Feinstrumpfhose am Korbgeflecht des Stuhls auf. Die Laufmasche garantiert schlechte Laune bis Büroschluss.

Aber all das sind Petitessen im Vergleich zu dem, was mir diese Woche in der Mittagspause widerfuhr. Das war so: Ich hatte mich mit einer (allerhöchstens) 15 Jahre jüngeren Kollegin verabredet, um ihr neues Baby kennenzulernen. Süß ist so ein Kleines ja, aber anfassen wollte ich es eigentlich nicht. Doch wie leicht erliegt man den Versuchungen der Schmeichelei. „Steht Dir gut“, sagte die Kollegin noch und legte mir vertrauensvoll das Baby in die Armbeuge. Weil der Kleine ein bisschen zappelte und ihr Essen auf den Tisch kam, stand ich auf, um das Baby ein wenig zu wiegen. Dummerweise taten meine Hormone das gleiche mit mir und Schwupps fühlte ich mich wie damals, vor 15 Jahren als meine eigenen Kinder noch klein und tragbar (also in der Armbeuge) waren.

Der schöne Tagtraum zerplatzte jäh, als unvermittelt mein ehemaliger Schulschwarm in Begleitung eines jungen Mannes um die Ecke bog. „Ach. Hallo“, begrüßte er mich herzlich. „Darf ich Dir meinen Sohn vorstellen? Er ist gerade 18 geworden.“ Dann fiel sein Blick auf den Säugling in meinem Arm. Schweigen. Langes Schweigen. Ich konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn zu rattern begann. Überdeutlich konnte ich seine Gedanken hören. Was? Ein Baby? In dem Alter? Die ist doch mindestens...? Geht das überhaupt noch? Dann plötzlich entspannten sich seine Gesichtszüge wieder. Sein Blick bekam etwas sehr Selbstzufriedenes und ganz so, als habe er das Rätsel der Fermatschen Zahlen geknackt, löste er die Situation auf: „Und Du? Passt auf dein Enkelkind auf? Wie nett.“

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