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Innovatives Konzept

Ausstellung im Brettener Rathaus ist Konzentrationslager Kislau gewidmet

Die Geschichte des Konzentrationslagers Kislau und das Leid der Menschen will der Verein Lernort ins Bewusstsein der Menschen bringen.

Fabienne Bitz, Lernort Kislau, Anne Hardt, Amt für Bildung und Kultur, und OB Martin Wolff im interaktiven Geschichtslabor.
Fabienne Bitz, vom Verein Lernort Kislau, Anne Hardt, Amt für Bildung und Kultur, und OB Martin Wolff im interaktiven Geschichtslabor. Foto: Monika Eisele

Geschichte passiert bekanntlich nicht nur im Geschichtsbuch, sondern zeigt sich in vielerlei Gestalt vor der eigenen Haustür, im Nachbarort, in der Region. Teil der regionalen Geschichte ist das ehemalige Konzentrationslager (KZ) in Kislau – heute ein Ableger der Justizvollzugsanstalt Bruchsal.

Die Geschichte und das Leid, das mit diesem Ort verbunden ist, ans Licht und ins Bewusstsein der Menschen zu bringen, hat sich der Verein Lernort Kislau zur Aufgabe gemacht.

Ausstellung in Bretten präsentiert sich als Geschichtslabor

Mit der Wanderausstellung „Wo fängt Unrecht an?“ ist der Verein bis 16. Oktober zu Gast im Foyer des Brettener Rathauses. Als interaktives Geschichtslabor konzipiert, bringt die Schau Besuchern die Zeit des NS-Regimes sowie die Unterschiede zwischen Rechts- und Unrechtsstaat, Demokratie und Diktatur näher.

Die Mitmach-Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Bürgerservice im Rathaus-Foyer zu sehen. Montag und Mittwoch von 8 bis 16.30 Uhr, Dienstag und Freitag von 8 bis 13 Uhr sowie am Donnerstag von 8 bis 18 Uhr.

„Das moderne und innovative Konzept der Schau ermöglicht einen neuen Zugang zur eigenen Vergangenheit“, sagte Oberbürgermeister Martin Wolff bei der Eröffnung. Bereits seit zwei Jahren tourt die Wanderschau durch Nordbaden. Ursprünglich für ein junges Publikum konzipiert, vermittelt das Angebot Besuchern jeden Alters die Geschichte aus ungewohnten Blickwinkeln, fordert zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema auf.

Dabei werden die Ausstellungsinhalte nicht einfach präsentiert und können konsumiert werden, sondern müssen im interaktiven Geschichtslabor erst aufgedeckt und erarbeitet werden. „Dadurch wird Geschichte begreiflich“, erklärt Fabienne Bitz vom Verein Lernort Kislau.

Vergangenheit und Gegenwart werden gegenübergestellt

An acht Doppelstationen gibt es Drehelemente, Klappen und Schieber, bei deren Betätigung sich die Inhalte nach und nach erschließen. Dabei werden Vergangenheit und Gegenwart einander gegenübergestellt, Fragen nach dem woher und wohin wird so nachgegangen.

„Populismus und Fake News sind auch heute aktuelle Themen und es gibt Entwicklungen, bei denen wir wachsam sein müssen“, so Wolff. Ausgehend vom ehemaligen Konzentrationslager Kislau nördlich von Bruchsal wird die NS-Vergangenheit also nicht einfach retrospektiv betrachtet, sondern in Verbindung zur Gegenwart und Zukunft gebracht.

„Diktaturgeschichte lässt sich schließlich nur in Zusammenhang mit Demokratiegeschichte begreifen“, erklärt Fabienne Bitz den Ansatz. Entsprechend erhalten die Besucher der Ausstellung Informationen über die verbalen Ausgrenzungsmechanismen des NS-Regimes und lernen zugleich den eigenen Sprachgebrauch zu reflektieren.

Dass sich auch heute noch Recht in Unrecht verwandeln kann, führt ein Glücksrad vor Augen, bei dem Freiheits- und Gleichheitsrechte auch mal miteinander in Konflikt geraten können. Eine Medienstation informiert in drei Motion-Comics über „Frühe Lager in Baden“ aus verschiedenen Blickwinkeln: Aus der Perspektive des SPD-Politikers Adam Remmele wird die Schaufahrt nach Kislau beschrieben, aus Sicht des Freiburger KPD-Funktionärs Kurt Hilbig werden dessen Misshandlung im südbadischen KZ Ankenbuck und aus der des Plankstädter Priesters Franz Stattelmann wird dessen Haftschicksal in Kislau geschildert.

„Mit dem mobilen Geschichtslabor erreichen wir viele Menschen. Die Ausstellung kann sowohl von Einzelpersonen als auch von Gruppen besucht werden. Wir haben die Schulen in Bretten angeschrieben und hoffen auf rege Rückmeldungen“, sagt Bitz. Für interessierte Klassen gibt es eine online-Anmeldung mit Kalender, in dem man den gewünschten Besuchstermin reservieren kann, www.lernort-kislau.de.

Im KZ Kislau wurden mehr als 1.500 Männer festgehalten

Im Konzentrationslager Kislau in Bad Schönborn wurden von 1933 bis 1939 mehr als 1.500 Männer festgehalten – darunter viele aktive Nazi-Gegner – und zu Zwangsarbeit gepresst. Einer der bedeutendsten badischen Landespolitiker, Ludwig Marum, wurde 1934 in Kislau ermordet. Hunderte Gefangene von dort nach Dachau, Buchenwald und in andere Lager verschleppt. Als das frühe Lager im Land Baden markiert Kislau wie kein zweiter Ort den Übergang von der Weimarer Republik in das nationalsozialistische Unrechtsregime.

Seit über zehn Jahren bemüht sich der Verein „Lernort Zivilcourage und Widerstand“, auf dem Areal des früheren badischen KZ in Kislau bei Bad Schönborn ein Bildungszentrum zu errichten. Die Vorarbeiten laufen längst, doch noch fehlt Geld. Nach einem Beschluss des Landtags kurz vor Weihnachten 2022 werden 750.000 Euro für das Projekt bereitgestellt. Allerdings machen die Preisexplosionen den bisherigen Planungen einen Strich durch die Rechnung. Bisher sind der Stadt- und Landkreis Karlsruhe, der Rhein-Neckar-Kreis sowie die Städte Bretten, Bruchsal, Stutensee und Waghäusel mit von der Partie. Weitere Unterstützer wie Firmen oder Stiftungen werden gesucht.

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