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Zukunft Landwirtschaft

Bauern im Dilemma zwischen hohen Standards und Billig-Konkurrenz

Bei einer Diskussion mit Politikern auf dem Spitalhof Kern in Bretten äußern Landwirtschaftvertreter Sorgen um Zukunft von Höfen und Lebensmittelversorgung

Viele Interessierte sind zum Spitalhof von Landwirt Alexander Kern in Diedelsheim gekommen. Hier fand ein Treffen statt unter dem Titel Zukunft Landwirtschaft mit CDU-Politikern.
Viele Interessierte sind am Mittwoch zum Spitalhof von Landwirt Alexander Kern in Bretten-Diedelsheim gekommen. Bei dem Treffen ging es um die Zukunft der Landwirtschaft und ihre Herausforderungen. Eingeladen hatte Nicolas Zippelius (links), der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Karlsruhe–Land (CDU). Als Referent war CDU-Bundestagsmitglied Hermann Färber gekommen (Mitte im Anzug). Foto: Tom Rebel

„Ist Landwirtschaft überhaupt noch gewollt?“ So provokativ eröffnete Helmut Jäger, Landwirt aus Bruchsal und Co-Vorsitzender im Kreisbauern-Verband, eine Fachdiskussion in Bretten. Rund 40 Interessierte nahmen auf dem Spitalhof von Landwirt Alexander Kern in Diedelsheim daran teil. Nicolas Zippelius, Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Karlsruhe–Land (CDU) hatte eingeladen und Hermann Färber (MdB CDU) als Referent gewonnen. Der Vorsitzende des Landwirtschafts-Ausschusses des Deutschen Bundestages (BT) erhielt am Ende Applaus.

Landwirte könnten vieles umsetzen, so Gastgeber Kern. Er verzichte seit zwei Jahren im Wasserschutzgebiet auf Glyphosat. Sein Hof ernähre drei Familien. Also diversifiziere er, lebe von vielen Standbeinen, darunter Ackerbau, Zuckerrüben, Mutterkühe für Fleisch und sein Hofladen.

Agrar-Fachmann stellt die Frage nach einem Ersatz für Glyphosat

„Wir brauchen klare Regeln, wie es sie in der Autoindustrie auch gibt“, forderte Kern. Import-Kontrollen müssten gesichert werden, Standards auch anderswo gelten. „Wir müssen mit Lebensmitteln konkurrieren, die wegen niedrigerer Standards weltweit viel wirtschaftlicher erzeugt werden“, so Kern.

Zunächst zum Thema Glyphosat erwiderte Färber, er sehe kein Alternativprodukt in der Diskussion um dessen Neuzulassung auf EU-Ebene. Mechanische Bodenbearbeitung, Sortenwahl oder Fruchtfolgen? Da gebe der Landwirt bald auf, meinte er.

Den CDU-Politiker freute im Kontext des Gebäude-Energiegesetzes, dass Altholz nun doch als thermische Energiequelle herangezogen werden dürfe. „Wenn Holz, das nur verrotten würde, nicht aus unseren Wäldern geholt werden darf, wird der Bedarf mit Holz aus aller Welt gedeckt“, so Färber.

Und das würde nicht unter hiesigen Artenschutzbedingungen hergestellt. Färber zufolge ist das Beispiel übertragbar auf Klimaschutz, Wasserschutz oder Verbraucherschutz und anderes.

Wird die Produktion in andere Teile der Welt verlagert, haben wir es falsch gemacht.
Hermann Färber (MdB CDU),
Vorsitzender des Landwirtschafts-Ausschusses am Deutschen Bundestag

„Wenn unsere Gesetze oder Auflagen dazu führen, dass die Produktion in andere Teile der Welt verlagert wird, haben wir es falsch gemacht“, so der Agrarausschuss-Vorsitzende.

Und es brauche durchgängige Verantwortung, „von der Urproduktion über den Handel, den Lebensmitteleinzelhandel bis hin zum Konsumenten“, so Färber. „Der Verbraucher muss auch zu den hohen Zielen stehen.“

Nach der Pandemie sinkt der Umsatz in Direktvermarktung.

Kern bedauerte, er sehe als Direktvermarkter nur, „dass Verbraucher günstig kaufen wollen.“ Das klappte während Corona, jetzt sei der Umsatz im Hofladen um 30 Prozent gesunken.

Reinhard Pusch warf aus dem Kreis ein, man wisse ja, wo das Geld hängen bleibe, „wenn der Landwirt nur zwei Cent mehr pro Brötchen sieht“. Färber antwortete, die Preise funktionierten nur, wenn alle mitmachten, und Preisverhandlungen mit der ganzen Vertriebskette seien auch kein Spaß.

Plädoyer für breite Selbstversorgung bei Lebensmitteln

Färber plädierte dafür, mehr im Land zu produzieren, anstatt Flächen stillzulegen, „inklusive Arten- und Klimaschutz. Wir haben eine Selbstversorgung von rund 85 Prozent, über alle Produkte gesehen. Wir müssten als Gesellschaft mit dem Klammerbeutel gepudert sein, die Versorgung weiter ins Ausland zu verlagern.“

Ein drastisches Beispiel Färbers verdeutlichte eventuelle Gesundheitsgefahren billiger Importe. Stichprobe hätten in Gewürz- und Kräutermischungen aus dem Ausland eine hohe Dioxin-Belastung ergeben. Nachforschungen zufolge fand die Ernte während schlechten Wetters statt. „Also wurden die Kräuter über einem Feuer aus Altreifen getrocknet“, so Färber. Es spreche eben alles für regionale Wertschöpfung.

Nach weiterem Austausch erinnerte Martin Ebert, Co-Vorsitzender des Kreisbauern-Verbandes, an die Entstehung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG 1957. Grund war die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Erneut provokativ schloss Jäger – bevor Zippelius und Färber sich verabschiedeten: „Will sich die Bevölkerung blind darauf verlassen, dass alles, was günstig aus dem Nicht-EU-Ausland kommt, nach unseren Standards erzeugt wurde?“

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