Skip to main content

Melchior ist ohne Schminke unterwegs

Bei den Brettener Sternsingern wird heutzutage auf politische Korrektheit geachtet

Vom 6. bis 8. Januar sind in Bretten die Sternsinger unterwegs. Was erleben sie auf ihrer Tour? Und weshalb machen sie bei der Aktion mit? Die Redaktion begleitet eine Gruppe auf ihrem Weg.

Sternsinger auf dem Gehweg
Die Heiligen drei Könige sind fester Bestandteil der Weihnachtsgeschichte. Daran knüpft die Tradition der Sternsinger an, die sich im Laufe der Jahrzehnte etwas gewandelt hat – hier ein Symbolbild. Foto: Nina Tossenberger

„Wo soll ich klingeln?“, fragt Dominic seinen Gruppenleiter David Odenwald. Doch noch bevor dieser einen Namen aussprechen könnte, hören die Kinder schon Bewegung hinter der Haustür. Schnell stellt sich die Gruppe auf.

Mit ihren bunten Kronen, Turbanen und Gewändern folgen sie David, der den leuchtenden Stern trägt. Jonas schwenkt das Weihrauchfässchen, Pauline hat in ihrer kleinen Tasche Weihrauch eingepackt und Dominic ist für die Spendendose verantwortlich.

„Segne nun dieses Haus und alle, die gehen da ein und aus! Verleihe ihnen zu dieser Zeit Frieden, Frohsinn und Einigkeit“, wünschen die drei Könige. Mit „Kinder ohne Heim und Essen bitten wir nicht zu vergessen, helft ihr auch in diesem Jahr?“, schließt David den Besuch ab. Die Familie hat der Auftritt erfreut.

Sternsinger deuten an Sterndeuter, die das Jesuskind im Stall besuchten

Die Kinder und Jugendlichen sind Ministrantinnen und Ministranten der katholischen Kirchengemeinde Sankt Laurentius Bretten, die rund um den Dreikönigstag verkleidet als Sternsinger durch Bretten ziehen. In den vergangenen Jahren fiel dieser Brauch eher traurig aus.

Umso erfreulicher ist es, dass sie die Buchstaben und Zahlen wieder selbst an die Türen schreiben dürfen. Für manche Türen hat die Oberministrantin, Ramona Klysch, auch einen Aufkleber parat. „C+M+B“ bedeutet „Christus mansionem benedicat“ (Christus segne dieses Haus).

Menschen sind von uns begeistert, wenn wir zu ihnen kommen.
Joel Halla, Brettener Sternsinger

Die Sternsinger erinnern an jene Sterndeuter, die das Jesuskind im Stall von Bethlehem besuchten. Zwar ist in der Bibel von Königen nichts zu lesen, denn im Matthäus-Evangelium wird nur von Weisen oder Magiern aus dem Osten berichtet, die einem Stern folgten.

Doch der Volksglaube machte aus ihnen drei Könige verschiedener Erdteile. Schon im 16. Jahrhundert begannen Kinder und Jugendliche, Segenswünsche zu übermitteln und Spenden für notleidende Kinder zu sammeln.

Für Teilnehmer der Aktion gehören die Sternsinger zum Jahresbeginn dazu

Die Sternsinger gehören zum Jahresbeginn einfach dazu, sagt eine Teilnehmerin an der Aktion. Seit sieben Jahren sei dieser Brauch immaterielles Kulturerbe der Unesco. „Von den meisten, die sich angemeldet haben, werden wir freudig empfangen. Viele haben auch schon etwas für uns hingerichtet“, sagt Gruppenleiterin Hanna Odenwald.

„Menschen sind von uns begeistert, wenn wir zu ihnen kommen. Wir werden auch oft auf der Straße angesprochen und dürfen singen“, bestätigt auch Joel Halla, der sich als Melchior verkleidet hat.

Doch in diesem Jahr fehlt dem Melchior etwas Offensichtliches: „Es ist rassistisch, sich schwarz zu schminken und den Melchior so darzustellen. Deshalb verzichten wir von nun an auf die schwarze Schminke“, sagt Hanna.

Haushalte legen Wert darauf, dass Haus mit Weihrauch gesegnet wird

Oft klingelte das Telefon bei Pfarrsekretärin Elisabeth Nowak. Denn diesmal mussten sich die Haushalte für einen Besuch erneut anmelden. In diesem Jahr wurde den Sternsingern noch abgeraten, beim Singen in die Hausflure zu treten, aus Sorge vor möglicher Ansteckung, berichtet Eva Klysch, die mit Simone Odenwald die diesjährige Spendenaktion organisiert hat.

Viele Haushalte legten jedoch Wert darauf, dass ihre Wohnungen einmal im Jahr mit Weihrauch gesegnet werden. Joel schwenkt das Weihrauchfass, damit das duftende Harz überall zu riechen war.

Wir haben sehr viele Süßigkeiten bekommen, die ich mit meiner Familie teilen werde.
Miron und Uriel Georges

Nach fünf Stunden sind die Königinnen und Könige sichtlich erschöpft, denn die prallgefüllten Tüten mit Süßigkeiten werden immer schwerer. „Wir haben sehr viele Süßigkeiten bekommen, die ich mit meiner Familie teilen werde“, berichten die Brüder Miron und Uriel Georges.

Doch entscheidend sei es, für die Kinder in Indonesien möglichst viel Geld zu sammeln, um Bildungs- und Sozialprojekte zu unterstützen. Entsprechend stolz kehren die Sternsinger mit gut gefüllten Spendendosen zum Bernhardushaus zurück.

nach oben Zurück zum Seitenanfang