Er fordert Verzicht ein, die Ziele sind ambitioniert und der Weg wird steinig – das haben mehrere Gemeinderäte bezüglich des Wärmeplans in der Ratssitzung deutlich gemacht. Doch nun hat die Stadtverwaltung ihn ans Regierungspräsidium weitergeleitet. Seit 20. Dezember 2023 ist der Wärmeplan für Bretten auf der städtischen Homepage einzusehen. Ein Teil des Ganzen, die Wärmenetzplanung, wird im ersten Quartal 2024 im Gemeinderat thematisiert.
Ziel des Wärmeplans ist es, den Energiebedarf in der Stadt schnellstmöglich klimaneutral zu decken. Von 100 konkreten Projekten priorisiert der Plan 14 Pakete. Von diesen sind neun im Planungsstadium oder werden schon umgesetzt.
Die Daten des Plans verdeutlichen den Handlungsdruck: Jeder Brettener verbraucht im Schnitt 8,4 Tonnen CO2 im Jahr (t/a), neun Prozent mehr als der Bundesschnitt. Der Wärmesektor schluckt 56 Prozent des Gesamtbedarfs. 88 Prozent der Wärme stammen aus fossilen Quellen.
Bretten: Fehlt Bürger-Interesse oder deren Beteiligung?
Wer oder was die meiste Wärme verbraucht, wie viel davon schon klimaneutral ist, wo die besten Änderungs-Potenziale stecken: Der Plan zeigt, dass die Ergebnisse in Bretten oft unter Landes- oder Bundesschnitt liegen.
Angesichts dieser Dringlichkeit, der „Verantwortung für kommende Generationen“ und für die „Bewahrung der Schöpfung“ zeigte sich im Gemeinderat nicht nur Martin Knecht (CDU) besorgt. Auch Hermann Fülberth (die aktiven) gab zu bedenken, dass sich niemand zum Wärmeplan geäußert habe, als dieser ausgelegt war. Die Bürger seien folglich besser, „aktiv zu beteiligen“.
Allerdings stimmte auch der Gemeinderat mit gerade 14 Stimmen von 24 Anwesenden und bei acht Enthaltungen für das Prozesswerkzeug.
Es tut sich was: Bioenergiedorf, PV auf Gewerbedächern oder Gartenschau
Armin Holdschick hatte für die Umwelt- und Energieagentur Karlsruhe (UEA) unter anderem die Prioritäten zusammengefasst. Mit Photovoltaikanlage (PV), Tiefen-Geothermie und Windkraft zitierte er die wesentlichen Säulen. Da die Stadtwerke beim Listenplatz Nummer eins, dem Ausbau des Nahwärmenetzes, seit zwei Jahren tätig seien, „wird bald jeder Bürger erkennen, wann in der eigenen Straße ein Netzanschluss möglich wird“, sagte Holdschick.
Von den Prioritäten werden das Bioenergiedorf Dürrenbüchig, PV auf Gewerbeflächen, solare Energiegewinnung auf kommunalen Gebäuden sowie Mobilitätsstationen und Mitfahrbänke bereits umgesetzt. Geothermie wird in Bauerbach nach Untersuchungen auf Einzelhausebene zu nutzen sein. Die klimagerechte Gartenschau befindet sich in Planung, wie auch neue, klimaneutrale Baugebiete.
Von geringer oder fehlender Relevanz seien aktuell die Abwärme aus gewerblichen Prozessen, die Abwärme aus Abwasser oder auch die Freiflächen-Solarthermie neben Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, so Holdschick.
Als „Glücksfall“ bezeichnete Ute Kratzmeier für Bündnis 90/Die Grünen „die Tiefengeothermie aus Graben-Neudorf statt aus Russland“. Kratzmeier fragte, ob die Strukturen in Ausschüssen und Gremien noch passend für alle Vorhaben seien, etwa fürs Mobilitätskonzept. Oberbürgermeister Martin Wolff (FW) sagte: „Wir werden sehen, wie wir die Ausschüsse zuschneiden.“
Ein Glücksfall ist die Wärme aus Graben-Neudorf statt aus Russland.Ute Kratzmeier
Grünen-Stadträtin in Bretten
„Wir müssen ordentlich aufs Gas treten“, so Stadtrat Tom Rebel (FWV). Ihm zufolge solle man bei der Windkraft Stellflächen möglichst auf städtischem Grund ausweisen, um das „Heft in der Hand zu behalten“.
„Dass sich PV auszahlt, wenn der CO2-Preis steigt, werden alle merken“, meinte Edgar Schlotterbeck (SPD). Er setze aufs Vorbild der Stadt, auch beim Bau von Windkraftanlagen. „Und es wäre schön, wenn die Stadtwerke hier mit- oder vorausgingen.“
Dass sich PV auszahlt, wenn der CO2-Preis steigt, werden alle merken.Edgar Schlotterbeck
SPD-Stadtrat in Bretten
Schlotterbeck: „Wind und Sonne schreiben keine Rechnung.“ Er hob darum abschließend die Bedeutung des Energie-Mix fürs Gesamtziel hervor.
Andreas Laitenberger dagegen nahm Einzelteile ins Visier. „Ich glaube so gar nicht an all diese Ziele“, sagte der AfD-Stadtrat. Er glaube nicht an die Photovoltaik, die im Winter maximal fünf Prozent Leistung bringe. Er halte die Tiefengeothermie für nicht nachhaltig, da immer neue Löcher gebohrt werden müssten. Und er glaube auch nicht an die Windkraft, da sie nicht volllastfähig sei.
Diskutiert wurde die Frage der Gleichberechtigung bei Anschlüssen an künftige Netze. Holdschick und Nöltner verdeutlichten, dass Anschlüsse für Gebiete mit jüngerer Bebauung nicht so dringlich und der Aufwand dort darum weniger verhältnismäßig sei.
Armin Schulz (die aktiven) erinnerte an Bürger in Mietwohnungen. „Wo sich Netzlösungen wie im Stadtzentrum mit Schulen, Rathaus und anderen Blockabnehmern rechnen werden, da profitieren auch andere am Wegesrand“, so Nöltner.