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Agrardiesel nur ein Problem

Brettener CDU geht mit Themenabend dem Bauernprotest auf den Grund

Landwirt Marc Berger aus Bad Liebenzell spricht bei einer Veranstaltung der CDU Bretten an, was die Bauern von Politik und Verbraucher erwarten.

Marc Berger (rechts) hielt den Gastvortrag auf Einladung von Daniel Kößler, Vorsitzender der CDU Bretten.
Marc Berger (rechts) hält den Gastvortrag zum Bauernprotest auf Einladung von Daniel Kößler, Vorsitzender der CDU Bretten. Foto: Michael Fritz

Die Landwirte halten mit ihren Traktoren die Republik in Atem. Seit Wochen protestieren sie und blockieren vielerorts Straßen, sie tuckern mit ihren Landmaschinen sogar bis nach Stuttgart und Berlin.

Vordergründig geht es um die Kürzung der Subvention für den Agrardiesel – aber ist das wirklich der alleinige Grund für einen solchen vehementen Protest?

Diese Frage stellt sich auch der Stadtverband der CDU Bretten und hat zu einem Themenabend „Bauernstreik – die wahren Gründe der Proteste“ eingeladen.

Brettener CDU will über Bauernprotest informieren

Daniel Kößler, Vorsitzender der CDU Bretten, begrüßt rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer im Bürgersaal des Alten Rathauses. Die CDU ist mit Stadträten und Bürgermeister Michael Nöltner vertreten, auch Landwirte als direkt Betroffene sind gekommen.

Ich möchte mich aus erster Hand informieren.
Silke Sauter-Becker
Teilnehmerin des Themenabends

Aber auch „ganz normale“ Bürgerinnen und Bürger interessieren sich für dieses aktuelle Thema. Darunter ist Silke Sauter-Becker aus Diedelsheim. „Ich möchte mich aus erster Hand informieren“, sagt sie. „Ich habe Verständnis für die Belange der Bauern und kaufe möglichst regional ein, um die hiesige Landwirtschaft zu unterstützen.“

Und genau um dieses Verständnis geht es auch der CDU. „Die heimische Produktion von Lebensmitteln ist uns sehr wichtig und damit auch die Landwirte“, betont Kößler in seiner Begrüßung. Er selbst sei bei der großen Protestaktion in Bretten am 8. Januar dabei gewesen, habe mit Landwirten gesprochen und viel Unterstützung aus der Bevölkerung für die Landwirte gespürt. „Damit sich die Bevölkerung ein eigenes Bild machen kann, dafür ist die heutige Veranstaltung gedacht“, so Kößler.

Wir können nicht mehr von unserer Hände Arbeit leben.
Marc Berger
Landwirt aus Bad Liebenzell

Als Referent ist Marc Berger eingeladen. Berger ist stellvertretender Vorsitzender des landwirtschaftlichen Interessenverbandes „Land schafft Verbindung“ (LsV) und selbst Landwirt in Bad Liebenzell. „Wir können nicht mehr von unserer Hände Arbeit leben und das trotz einer 70-Stunden-Woche“, bringt er das Dilemma der Landwirte auf den Punkt.

In Baden-Württemberg, mit seiner kleinteiligen Landwirtschaft, erwirtschafte ein Betrieb im Schnitt 50.000 Euro Gewinn pro Jahr, vor Steuern, sagt Berger Zahlen. Die Erzeugerpreise seien seit 40 Jahren nahezu unverändert, die Kosten aber gestiegen. Erträge könnten nur durch Effizienzsteigerung der Betriebe und Mehrleistung der Landwirte erzielt werden.

Das habe aber seine Grenzen. Und die seien nun erreicht. Sonst würden Finanzinvestoren die Flächen übernehmen und die bäuerlichen Strukturen gingen verloren.

Als Beispiel nannte Berger die Milch. Seien vor Jahren noch 57 Prozent des Verkaufspreises beim Milchbauern gelandet, bekäme dieser heute nur noch 34 Prozent. Milch aus Neuseeland sei im Discounter sogar günstiger als heimische Schwarzwaldmilch. Diese Marktmacht der Discounter sei Teil des Problems. Deshalb fordert der LsV eine klare Herkunftsland-Kennzeichnung, damit die Verbraucher eine transparente Wahlmöglichkeit haben.

Landwirte fordern vergleichbare Standards für Importwaren

Außerdem fordern die Landwirte vergleichbare Standards für Importwaren. „Was bei uns als giftig und krebserregend gilt, muss andernorts auch giftig und krebserregend sein“, so Berger.

Ihre Forderungen haben die Landwirte in einem „Agrarpaket“ zusammengefasst und der Politik in Berlin vorgelegt. Die Forderung nach einem eigenständigen Agrardiesel, den es für Häfen aufgrund des internationalen Wettbewerbs bereits gebe, sei nur einer von insgesamt sieben Punkten.

Referent erfährt viel Zustimmung

In der anschließenden, sehr lebhaften Diskussion erfährt Berger viel Zustimmung für seine Anliegen. Die Verbraucher hätten es in der Hand, durch ihre Kaufentscheidung die regionale Landwirtschaft zu unterstützen. Von Silke Sauter-Becker kommt der Hinweis, beim Einkauf die Kilopreise zu vergleichen. „Dann kann der Hofladen plötzlich doch mit dem Discounter mithalten.“

Beim Thema Flächenverbrauch für Wohn- und Gewerbegebiete zulasten von Ackerland prallen die Positionen von Landwirten und Politikern aufeinander. Die einen betonen die Selbstversorgung der Bevölkerung, die anderen verweisen auf gemeinwohlorientierte Entscheidungen.

Allen ist klar: Die Kürzung beim Agrardiesel ist nicht das Grundproblem, diese habe aber das Fass zum Überlaufen gebracht. Marc Berger jedenfalls ist überzeugt, dass in Berlin noch etwas herauszuholen ist. „Sonst stünde ich heute nicht hier.“

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