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Vortrag zur Regionalgeschichte

Geschichtskenner erläutert Brettens Rolle im Dreißigjährigen Krieg

Holger Jörg ergründet in seinem Vortrag zu Brettens Geschichte, die oft übersehene Bedeutung der Kurpfalz während der Kriegswirren des 17. Jahrhunderts.

Holger Jörg, stellvertretender Vorsitzender des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte in Bretten, stellt die wichtigsten Ereignisse des 30-jährigen Krieges dar.
Holger Jörg, stellvertretender Vorsitzender des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte in Bretten, stellt die wichtigsten Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges dar. Foto: Nina Tossenberger

„Bretten war immer dabei, auch wenn man es nicht weiß.“ Mit diesen Worten eröffnete Holger Jörg, stellvertretender Vorsitzender des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte in Bretten, seinen Vortrag am Montagabend. Unter dem Titel „Finster ist die Welt geworden“ nahm Jörg die Zuhörer mit auf eine Reise durch die bewegte Geschichte Brettens während des Dreißigjährigen Krieges.

Reise durch die Geschichte Brettens

Die lokale Geschichte ist oft schwer nachzuvollziehen, da viele Primärquellen aus unterschiedlichen Gründen während dieser Zeit verschwunden sind. „Bretten wurde 1689 vom französischen König niedergebrannt“, sagte Jörg. Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Geschichte durch Kirchenbücher und Flugschriften greifbar, die damals als Nachrichtenmittel und Propagandainstrumente dienten.

Nach einem Rückblick zur Reformation im 16. Jahrhundert, denn ohne dieses einschneidende Ereignis wäre das 17. Jahrhundert nicht möglich gewesen, legte Jörg die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges dar.

Luthers Lehre erreicht Bretten

Im Jahr 1543, während der Regierungszeit von Friedrich II., Pfalzgraf und Befürworter der Reformation, erreichte Luthers Lehre die Stadt Bretten. Zu seinen Ehren wurde ein Denkmal auf dem Marktplatz errichtet, das auch heute noch besichtigt werden kann.

Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) markiert eine der düstersten Epochen in der Geschichte Europas. Ursprünglich als Religionskonflikt begonnen, entwickelte sich der Krieg schnell zu einem umfassenden Machtkampf um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Bretten gerät in Kriegswirren

Die Stadt Bretten, die damals dem calvinistisch-reformierten Glaubensbekenntnis angehörte, geriet unmittelbar in die Kriegswirren, als ihr Landesherr, der calvinistisch-reformierte Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, im August 1619 von den aufständischen böhmischen Protestanten zum König gekrönt wurde.

Dieser Akt verschärfte die Spannungen mit dem katholischen Habsburger Herrscherhaus, die bereits mit dem berüchtigten Prager Fenstersturz am 23. April 1618 einen ersten Höhepunkt erreicht hatten.

Stadt verliert wegen Seuchen viele Menschen

Zu Beginn des Krieges zählte Bretten etwa 2.100 Einwohner. Durch die ständigen Truppendurchzüge, Kontributionen und die daraus resultierenden Plünderungen und Seuchen dezimierte sich die Bevölkerungszahl bis zum Ende des Krieges auf knapp 1.000 Personen.

Die Stadt war nicht direkt Schauplatz der großen Schlachten.
Holger Jörg
Experte für die Regionalgeschichte

Trotz dieser dramatischen Umstände litt Bretten in den ersten 14 Kriegsjahren weniger als viele andere Städte und Dörfer der rechtsrheinischen Pfalz und des Kraichgaus. „Die Stadt diente hauptsächlich als Durchzugs- und Versorgungsgebiet sowie als Truppenhauptquartier und war somit nicht direkt Schauplatz der großen Schlachten“, sagte Jörg.

Zwei Jahre nachdem ihr Kurfürst gekrönt wurde, erreichte der Krieg auch Bretten. Im Jahr 1621, als die Truppen der Katholischen Liga unter dem kaiserlichen Feldmarschall Tilly die links- und rechtsrheinischen Gebiete der Pfalz eroberten, begann in Bretten die Phase der Rekatholisierung.

Im Gegensatz zu früheren Konflikten verteidigte sich Bretten diesmal nicht bis zum Äußersten, sondern kapitulierte kampflos. Diese Entscheidung ersparte der Stadt ein dramatisches Schicksal.

Plünderung 1632 führten zu Hungersnöten und Seuchen

Der schwerste Schlag traf Bretten am 24. August 1632, als kaiserlich-katholische Truppen unter den Obristen Ossa und Montecuccoli die Stadt plünderten und teilweise zerstörten, obwohl sie sich bereits ergeben hatte. Diese Ereignisse führten zu lang anhaltenden Hungersnöten und Seuchen, die die Stadt erschütterten.

Erst mit dem Westfälischen Frieden von 1648, der dem Dreißigjährigen Krieg ein Ende setzte, kehrte langsam wieder Normalität ein. Bretten wurde unter der Herrschaft des calvinistisch-reformierten Kurfürsten Karl I. Ludwig, eines Sohnes des vertriebenen „Winterkönigs“ Friedrich V., neu bevölkert.

Vor allem Schweizer siedelten sich an

Vor allem Schweizer aus den deutschsprachigen Kantonen siedelten sich aufgrund der von Karl I. Ludwig erlassenen Einwanderungspatente in der Region an.

Nach dem Vortrag äußerte sich Maximilian Holy positiv über die Tiefe und Verständlichkeit der präsentierten Informationen. „Ich wusste nicht, von wem Bretten alles beherrscht wurde.“

Filmabend

Der Verein für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten lädt am Montag, 29. April, um 19 Uhr zu einem kostenlosen Filmabend im Kinostar Bretten ein. Gezeigt wird: „The Last Valley – Das vergessene Tal“. 

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