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„Offener Suppentopf“

Essen verbindet alle Religionen beim gemeinsamen Fastenbrechen in Oberderdingen

Der „Offene Suppentopf“ in Oberderdingen bringt die Menschen beim gemeinsamen Fastenbrechen während des Ramadans zusammen. Wo Sprachbarrieren bestehen, verständigt man sich mit einem Lächeln.

Essensausgabe beim „Offenen Suppentopf“
Lang waren die zwei Schlangen an den Essensausgaben beim gemeinsamen Fastenbrechen und dem "Offenen Suppentopf" bei der DITIB - Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Oberderdingen. Foto: Claudia Pospieszczyk

Gemeinsam zu essen verbindet die Menschen. Seit September 2023 gibt es in Oberderdingen den „Offenen Suppentopf“. Diesen organisieren Menschen der evangelischen Kirchengemeinde, der türkisch-islamischen Gemeinde sowie vom Bürgerverein Flehingen.

„Normalerweise wird der Suppentopf mittags angeboten. Dieses Mal haben wir die Menschen abends zu uns zum Fastenbrechen anlässlich des Ramadans eingeladen“, sagt Ahmet Bina, der Vorsitzende der DITIB – Türkisch-Islamische Gemeinde zu Oberderdingen.

Rund 400 Frauen und Männer stehen in den beiden Schlangen der Essensausgabe. Unter ihnen sind auch vier Ukrainerinnen. Aufgrund ihrer Sprachbarrieren bedanken sie sich mit einem Lächeln bei ihren Gastgebern für das Essen. Auf den Tabletts befinden sich neben einer Dattel auch türkischer Reis mit Kichererbsen, Fleisch, Gemüse, Soße und „Cacik“, ein türkischer Joghurt mit Gurke.

Das Fastenbrechen in Oberderdingen beginnt mit der Dattel

Mit Sonnenuntergang endet das Fasten mit dem sogenannten „Iftar“, dem Fastenbrechen. „Ich setze mich an einen Tisch und bete. Wenn man während des Fastenbrechens ganz konzentriert ist und fest daran glaubt, geht der im Gebet geäußerte Wunsch in Erfüllung“, sagt Derya Akbayrak.

Wenn der Zeitpunkt des Fastenbrechens gekommen ist, isst sie zuerst eine Dattel. „So hat es auch der Prophet Mohammed gemacht, das ist eine Tradition“, sagt die Oberderdingerin. Für das warme Essen bleiben rund zwanzig Minuten. Dann beten die Muslime in der Moschee mit dem „Imam“, dem Vorbeter.

Man schätzt Essen und Getränke nun wieder als etwas ganz Kostbares.
Derya Akbayrak
Teilnehmerin

Derya Akbayrak fällt das Fasten nicht schwer, obwohl sie dreißig Tage lang von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Nahrung und Getränke verzichtet. „Man schätzt Essen und Getränke nun wieder als etwas ganz Kostbares“, sagt die 40-Jährige. Unter den Gästen ist auch Gabriele Renz. „Ich finde es sehr schön, hier zusammenzukommen und die deutsch-türkischen Beziehungen zu pflegen“, sagt sie. Ihr gefällt am „Offenen Suppentopf“, dass Lebensmittel verarbeitet werden, die größtenteils regional sind oder „Fair Trade“ gehandelt wurden.

Es sind viele Menschen zusammengekommen, leider aber nicht die Bedürftigen.
Ditta Grefe-Schlüntz
Ev. Pfarrerin in Oberderdingen

Mit dem Erfolg des siebten „Offenen Suppentopfes“ zeigt sich Ditta Grefe-Schlüntz, Pfarrerin der evangelischen Verbundkirchengemeinde Oberderdingen-Großvillars, sehr zufrieden. „Es sind viele Menschen zusammengekommen, leider aber nicht die Bedürftigen, an die sich der Suppentopf besonders richtet“, sagt sie. Sie hofft, dass diese Menschen ihr Schamgefühl mit der Zeit ablegen werden.

Nächster Suppentopf ist für September geplant

„Zu uns kann jeder kommen, ohne stigmatisiert zu werden“, betont sie. Sie freue sich über das Miteinander und die Überwindung von Grenzen. Der nächste Suppentopf wird nach der Sommerpause im September angeboten. „Wir sammeln mit unserem engagierten und dynamischen Team Ideen zur Weiterentwicklung des Projektes“, sagt Ditta Grefe-Schlüntz.

Entstanden ist der „Offene Suppentopf“ aus interreligiösen Dialogabenden. An diesen ist auch Yesim Karadag regelmäßig zu Gast. „Im Gespräch finden wir immer wieder Schnittmengen und stellen fest, was uns verbindet“, betont sie.

Für die Oberderdingerin ist der Ramadan eine ganz besondere Zeit. „Ich bete viel, kehre mich nach innen und frage mich, wo ich in meiner Beziehung mit Allah stehe und wie ich mich weiterentwickeln will“, sagt sie. Auch die Gespräche beim Fastenbrechen sind ihr sehr wichtig. „Viele haben sich ein Jahr lang nicht gesehen und sprechen über verschiedene Themen.“

Rund 110 Familien ermöglichen mit Spenden das Fastenbrechen-Essen

Über den Verlauf des Fastenbrechens und den „Offenen Suppentopf“ ist Ahmet Bina laut eigenem Bekunden „sehr glücklich“. Ihm gefällt der Anblick der spielenden Kinder und das Beisammensein der Erwachsenen zu einem Tee. „Wir haben zum Ramadan ein Zelt aufgebaut. Ist es voll, vergesse ich meine Müdigkeit“, sagt er. Für Essen und Getränke zum Fastenbrechen werden jeden Abend rund 700 Euro benötigt. „Das Essen wird von Familien mit einem Geldbetrag von je 250 Euro gespendet“, sagt Ahmet Bina. In diesem Jahr rechne er mit Spenden von 110 Familien.

Das Essen bereitet der türkische Koch Korhan Türkoglu zu. Über zwanzig Mitglieder helfen ehrenamtlich vor und nach dem Essen. Am Wochenende haben Erol Calcali und seine Familie aus Oberderdingen einen anderen Tagesrhythmus. „Wir bleiben im Ramadan bis drei oder vier Uhr morgens zu Sahur, der letzten Mahlzeit vor der Morgendämmerung, auf. In der Imsak-Zeit beginnt der Eintritt in das Fasten und wir schlafen bis mittags“, sagt er.

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