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Organisator ist sprachlos

Vielfaches der erwarteten Demo-Teilnehmer gegen rechts in Bad Schönborn

Rote Karten: Zur Demonstration gegen rechts und für Demokratie in Bad Schönborn kommen viel mehr Menschen als erwartet. Was sie bewegt und was sie fordern.

Hass, Hetze und Ausgrenzung bekommen in Bad Schönborn von gut 750 Menschen die Rote Karte gezeigt.
Hass, Hetze und Ausgrenzung bekommen in Bad Schönborn von gut 750 Menschen die Rote Karte gezeigt. Auf dem Podest: die Organisatoren Silke John, Dennis Eidner und Özlem Mirwald. Foto: Monika Eisele

Immer mehr Menschen kamen am Samstag vor das alte Rathaus in Mingolsheim. 150 Teilnehmer hatten die Organisatoren der Kundgebung „Bad Schönborn vereint. Gemeinsam Demokratie verteidigen“ nur angemeldet, so Mitorganisator Dennis Eidner (SPD). Gekommen waren letztendlich um die 750 Menschen. So viele Karten hatten die Organisatoren, zu denen außer Eidner noch Özlem Mirwald und Silke John (Grüne Liste) zählen, mitgebracht – und die waren am Ende alle weg.

Viele Unterstützer aus Bad Schönborner Politik, Kirche und Betrieben

Mit den Karten setzen die Menschen ein eindrucksvolles Zeichen für ihr Anliegen. Auf der einen Seite rot, um Hass, Hetze und Rassismus die Rote Karte zu zeigen. Bunt auf der anderen Seite, um ein Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Toleranz zu geben. Knapp 40 Parteien, Kirchen, Vereine und sogar Unternehmen und Betriebe aus der Gastronomie hatten den Aufruf unterstützt.

Allein diese breite Unterstützung und die riesige Hilfsbereitschaft lohne schon der Mühe, so Eidner. Um gegen Faschismus zu sein, müsse man keiner Partei angehören, dazu müsse man einfach nur Mensch sein. Dass am Ende so viele Menschen kamen, habe ihn einfach nur sprachlos und glücklich gemacht.

Bad Schönborn ist bunt und vielfältig und das ist gut, so das Credo der Redebeiträge. Die bunte Menge der Teilnehmer spiegelt dies wider, darunter viele junge Menschen. So wie Orhan, Wurda, Mika und Johannes, alle bei den Jusos engagiert. Sie berichteten von Anfeindungen, Hasskommentaren und Schlimmerem, das ihnen täglich in den sogenannten sozialen Netzwerken begegnet. Manches davon so schlimm, dass es öffentlich nicht gesagt werden könne, so die jungen Leute.

Junge Menschen berichten von Hass-Kommentaren

„One way Ticket nach Afrika, die Göre!“, war eine Nachricht, die Wurda kürzlich erreicht habe. Im Chat einer Freundesgruppe hat Johannes die Nachricht erhalten: „Lass doch mal die AfD machen. Die anderen Parteien hatten ja auch einen Versuch.“ Aber, so warnt er, die Geschichte habe gezeigt: Demokratie ist kein Roulette. „Dieses Spiel kann brandgefährlich werden“.

Dass die AfD gerade bei vielen jungen Menschen erfolgreich sei, stimmt Orhan nachdenklich. „Ich wünsche mir endlich einen Lernort für Demokratie. Dieser ist bereits seit über zehn Jahren vor den Toren des ehemaligen Konzentrationslagers Kislau in Planung und bisher wegen mangelnder finanzieller Unterstützung nicht gebaut worden. (…) Dieser Lernort wäre gerade jetzt wichtiger denn je“, sagt er.

Özlem Mirwald, engagiert im Vorstand der alevitische Gemeinde Deutschland sowie im Verein für Dialog, Integration und Freundschaft (DIF), erinnert sich, als ihre Eltern vor 50 Jahren nach Bruchsal kamen. Und dort am Bahnhof von einer Musikkapelle begrüßt wurden. Ein halbes Jahrhundert lebe ihre Familie nun im Raum Bruchsal, Bad Schönborn sei ihr Zuhause.

Vorteile der kulturellen Vielfalt und des friedlichen Miteinanders werden betont

„Geht doch nur ein paar Straßen durch Bad Schönborn, und man erlebt direkt die große Vielfalt“, forderte sie die Kundgebungsteilnehmer auf. Ohne die kulturelle Vielfalt wäre es in Deutschland sehr viel leiser und leerer. „Dann fährt kein Bus mehr, dann schließen Kitas, Restaurants - und dann wird es im Einkaufswagen ziemlich langweilig. Also Schluss mit Schweigen und Wegschauen“, so Mirwald.

Dass Ausgrenzung in Bad Schönborn keinen Platz habe, machten auch Kai Lohse und Bürgermeister Klaus Detlev Huge (SPD) deutlich. In einer Demokratie könne man in gesunder Weise miteinander streiten auf den Grundlagen eines Fundaments, das aus Respekt gebaut sei, so Lohse.

Demokratische Werte gelten auch, wenn die Situation schwierig sei, betonte Huge. Er sei stolz, dass so viele Menschen gekommen sind. „Ein sehr guter Tag für die Ortsgeschichte und ein sehr guter Tag für die Demokratie.“

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