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Oberflächennahe Geothermie

Besondere Lage: Warum Erdwärme am Oberrhein so begehrt ist

Die Energiewende erhitzt die Gemüter. Gerade an der Tiefengeothermie scheiden sich die Geister. Dabei haben sich am Oberrheingraben Heizungen mit Erdwärme schon etabliert.

Krämer Erdwärme GmbH Philippsburg, Baustelle Oberhausen, oberflächennahe Geothermie
Ins Erdreich schraubt sich die Bohrschnecke, hier auf einer Baustelle in Oberhausen-Rheinhausen. In die Schlote werden die Erdsonden verlegt und mit einer Wärmepumpe im Haus verbunden. Foto: Nicole Jannarelli

Besondere Bodenschätze prägen das Arbeitsleben von Edelbert Krämer. In den 1980er Jahren hat er biologischen Spargelanbau betrieben. Zu einer Zeit, als das für viele noch Spinnerei war.

Und über das Edelgemüse – viele nennen es weißes Gold – und dessen Bewässerung ist er zur Erdwärme gekommen. Heute führt der Brunnenbaumeister in Philippsburg das Unternehmen Krämer Erdwärme GmbH und sagt: „Unter unseren Füßen liegt großer Reichtum.“

Grundwasser und Wärme des Erdreichs dienen als Energiequellen

Krämer wirbt für grüne Energie, aus seiner Sicht hat die Wärme aus dem Erdreich ein riesiges Potenzial. Gerade am Oberrhein mit seinem großen Grundwasserreservoir. Seine Firma verlegt Erdsonden über Bohrlöcher.

In Sole-Wärmepumpen wird die gesammelte Energie aus Erde und Wasser zum Heizen und auch zum Kühlen benutzt.

Erdwärme ist in der Region als Energiequelle durchaus verbreitet.
Jonas Wilke
Projektmanager bei der Energie- und Umweltagentur des Landkreises Karlsruhe

Während also aktuell im Oberrheingraben hitzig über die Vor- und Nachteile von Tiefengeothermie diskutiert wird, haben sich die oberflächennahen Erdwärme-Heizungen dort längst etabliert. Das berichtet Jonas Wilke von der Umwelt- und Energieagentur (UEA) des Landkreises Karlsruhe: „Erdwärme ist in der Region als Energiequelle durchaus schon verbreitet, auch wenn man das womöglich weniger wahrnimmt“.

Denn die Anlagen, die Wilke meint und die Krämer baut, reichen weit weniger tief in den Boden als etwa die Tiefengeothermieanlage in Bruchsal. Die Wärme dort kommt aus rund 2.500 Metern und soll dank einer Erweiterung einmal Teil der geplanten regionalen Erdwärmeautobahn zur Energieversorgung werden. Wilke wird das Projekt mit vorantreiben.

Bei der oberflächennahen Geothermie begrenzt der erste Grundwasserleiter die Bohrtiefe. Gemeint ist damit die oberste Erdschicht, durch die Grundwasser fließt. Tiefere Grundwasserschichten sind tabu.

Das Wasser aus dem ersten Leiter dient den Erdwärme-Anlagen als wichtige Wärmequelle. Bei den Anlagen mit Erdsonden speichert ein Trägermedium die Energie, andere Heizungen nutzen über Brunnen direkt das Grundwasser.

Während zunächst vor allem private Wohngebäude mit Erdwärme versorgt wurden, wächst laut Umweltbundesamt die Zahl der so versorgten Bürogebäude. Eine große Anlage läuft zum Beispiel in der Bruchsaler Bahnstadt. Dort wird die ADAC-Niederlassung mit der Wärme aus dem Erdreich beheizt. Und im Sommer gekühlt.

„Unter dem Gebäude befinden sich neben den 203 Stahlbetonpfählen zur Tiefgründung insgesamt 3,5 Kilometer Rohrleitungen, die die Erdwärme aus bis zu 40 Metern Tiefe zur Wärmepumpe befördern“, teilt der Automobilclub mit. 7.320 Quadratmeter Büro- und Nutzfläche, hauptsächlich vom Landratsamt genutzt, werden damit versorgt. „Unsere Erfahrungen sind absolut positiv“, berichtet Standortleiterin Katja Holzwarth.

Baustelle ADAC-Haus, Bahnstadt Bruchsal, Erdwärme
Immer häufiger werden auch Bürogebäude mit oberflächennaher Geothermie ausgestattet. Hier zu sehen ist die Baustelle des ADAC-Hauses in der Bruchsaler Bahnstadt aus dem Jahr 2013. Foto: ADAC/Hans-Peter Safranek

Probleme bei den Bohrungen habe es vor zehn Jahren in Bruchsal nicht gegeben. Aber Unternehmer Krämer berichtet, dass Aufklärung wichtig sei. Das gilt seit den Schäden durch Geothermiebohrungen in Staufen.

„Danach stand die Branche drei Monate still“, erinnert er sich. Und seither sind die Diskussionen nie abgerissen. Andererseits seien die Menschen auf der Suche nach einer sicheren Energiequelle. „Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges standen bei uns für Monate die Telefone nicht mehr still“, so Krämer.

Erdsonden in den Boden: Bohrschnecke gräbt sich in die Tiefe

Wichtiges Instrument zur Planung von Erdwärme-Anlagen ist das Informationssystem des Freiburger Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau. Ob und wie tief gebohrt werden kann, lässt sich mit diesem Programm herausfinden. „Das ist die entscheidende Basis, von der alles ausgeht“, so Krämer. Kann denn dennoch etwas schiefgehen? „Wenn man nicht das richtige Bohrverfahren nutzt.“

Die Bohrungen zeigt Edelbert Krämer auf einer Baustelle in Oberhausen-Rheinhausen. Das neue Einfamilienhaus liegt in einem Gebiet, in dem Erdwärme zwar funktioniert, aber nicht sehr tief gebohrt werden darf. „Hier machen wir sieben Bohrlöcher. 18 Meter sind die jeweils tief“, erklärt Krämer vor Ort.

Mit einer Bohrschnecke am Bagger bohrt ein Mitarbeiter die Schlote, danach schieben seine Kollegen die Erdsonden, lange schwarze Leitungen, gefüllt mit einem Trägermedium, in die Löcher. „Diese werden dann in Reihe geschaltet und mit der Wärmepumpe verbunden.“ Somit erreiche man die benötigte Leistung.

Vorteil bei der Effizienz, Nachteil bei den Anschaffungskosten

Wilke von der UEA sieht die Erdwärme im Vorteil gegenüber Luft-Wärme-Pumpen. „Im Erdreich sind die Temperaturen ganzjährig konstant. Das macht sie durchschnittlich zu einer besseren Wärmequelle“, erklärt er. Im Sommer können diese Anlagen daher sehr effizient kühlen. „Ein Thema, das immer wichtiger wird.“

Nachteile aus Sicht der Umwelt- und Energieagentur sind höhere Investitionskosten im Vergleich zu anderen Heizungen. Bei großen Anlagen müsse je nach Bohrverfahren eine Enteisungsanlage zwischengeschaltet werden, damit sich nicht Eisen oder Mangan absetzt und den Betrieb der Heizung stört. Auch der Standort muss passen, das Grundstück groß genug sein und der Boden für die Bohrungen geeignet.

Kommt bald erstes Erdwärme-Projekt in Kraichtal?

Edelbert Krämer rechnet die Kosten an einem Standardbeispiel vor: Ein Neubau mit 200 Quadratmetern Wohnfläche und sechs Kilowatt Wärmeleistung mit zwei Bohrungen in 50 Metern Tiefe kostet rund 16.000 Euro. Dazu kommen noch die Wärmepumpe und die Arbeit des Heizungsbauers im Haus.

Wir sehen ganz klar die Vorteile.
Tobias Borho
Bürgermeister in Kraichtal

In Kraichtal könnte womöglich ein neuer Kindergarten eine Erdwärme-Heizung bekommen. Erste Probebohrungen wurden gemacht. Gibt es grünes Licht, könnte die Stadt ihr erstes Projekt realisieren. „Wir sehen ganz klar die Vorteile“, sagt Bürgermeister Tobias Borho (SPD).

Auch wenn die Erstanschaffung deutlich teurer sei, rechne sich das auf die Jahre, ist sich Borho sicher: „Und die Heizungsanlage ist wartungsarm. Es gibt nur die Pumpe, die arbeitet.“ Außerdem gebe es keine Lieferengpässe oder Kostenschwankungen.

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