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Grüne kommen mit Antrag nicht durch

Das tut weh: Bruchsal zahlt bis zu 65.000 Euro an Strafzinsen für Geld auf dem Konto

Es ist bitter: Allein 60.000 bis 65.000 Euro muss die Stadt Bruchsal in diesem Jahr zahlen, weil sie Geld auf ihren Girokonten liegen hat. Die Strafzinsen der Banken kommen den Steuerzahler richtig teuer. Und ein Ausweg ist nicht in Sicht.

Das Sparschwein ist out: Bruchsal sucht nach Möglichkeiten der Geldanlagen, die sicher sind und Rendite bringen. In Zeiten von Strafzinsen aber gar nicht so einfach.
Mehr Geld in der Kasse: Weil das Haushaltsjahr 2019 überraschend gut lief, meldet Stadkämmerer Steffen Golka satte Überschüsse. Foto: Martin Heintzen

Wer viel Geld auf der hohen Kante hat, kennt das Problem womöglich: Bei den Banken gibt es auf Girokonten, Tagesgeld und Sparbücher schon lange keine Zinsen mehr. Vielmehr muss man ab einer bestimmten Höhe sogar Strafzinsen zahlen. So geht es auch der Stadt Bruchsal. Sie wird am Ende des Jahres gut 60.000 bis 65.000 Euro bezahlt haben, nur dafür, dass sie Geld auf ihren Konten liegen hat.

Das sind derzeit 45 Millionen Euro, laufende Einnahmen etwa aus der Gewerbesteuer. Die Banken selbst zahlen bei der Europäischen Zentralbank Strafzinsen von bis zu 0,5 Prozent auf Bankguthaben – sogenanntes Verwahrentgelt – und geben das an ihre Kunden weiter.

Für Bruchsal wird es daher schwierig, sichere Anlagen zu finden, die sich überhaupt noch rentieren, so Stadtkämmerer Steffen Golka. „Das hätte vor zehn Jahren auch noch keiner gedacht.“

Der Gemeinderat setzt voll auf Sicherheit

Denn die 45 Millionen Euro an liquiden Mitteln sind zwar eine Menge Geld, können aber nicht langfristig eingelagert werden, weil sie schon bald wieder für laufende Ausgaben und Investitionen gebraucht werden. Der Gemeinderat Bruchsal hat sich nun einstimmig Regeln gegeben, die festlegen, wie der Kämmerer künftig bei Geldanlagen agieren soll.

Höchste Priorität habe die Sicherheit – darin war man sich bei der Entscheidung einig. Zu präsent sind abenteuerliche Anlagen und Spekulationen anderer Städte und dubiose Finanzkonstrukte, die einem allzu schnell auf die Füße fallen können. Man denke nur an den Pforzheimer Derivate-Skandal.

Zwei Richtlinien sind dabei wichtig: Transparenz und konkrete Handlungsanweisungen für die städtischen Mitarbeiter. Im Zweifelsfall trete die Rendite hinter die Erfordernisse einer ausreichenden Sicherheit und der rechtzeitigen Verfügbarkeit zurück, legt die Verwaltung mit Zustimmung des Rates fest.

Grundsätzlich soll Geld nur bei Banken angelegt werden, die Mitglied eines Sicherungssystems sind. Das gilt für öffentlich-rechtliche Institute, aber auch für Privatbanken mit guter Bonität. „Dazu zieht man die Ratingnoten gängiger Agenturen heran“, erklärt Golka. Bruchsal will künftig nur in Anlagen investieren, die mit mindestens der Note A- oder A3 bewertet werden.

Fondsanlagen sind auf absehbare Zeit unrealistisch

Fondsanlagen sind zwar grundsätzlich zulässig, aber auf absehbare Zeit unrealistisch, macht Golka klar: Es sind einfach keine freien Mittel für eine längerfristige Anlage da. Und Corona verschärft die Situation noch. Falls man doch mal in die Verlegenheit käme, müsste der Gemeinderat ohnehin darüber extra entscheiden.

Knapp abgelehnt mit 14 zu 16 Stimmen und einer Enthaltung wurde der Antrag der Fraktion Grüne/Neue Köpfe, der auch von SPD und FDP begrüßt wurde. Ursula Häffner beantragte, dass bei künftigen Geldanlagen Nachhaltigkeits-Aspekte berücksichtigt werden sollen, dass die Stadt also nicht in Kohle-, Öl- oder Fracking-Anlagen investiert und auch auf ethische Kriterien achtet, etwa Kinderarbeit ausschließt. „Wir sind schließlich Fair-Trade-Town und wollen das Klima schützen“, so Häffner. „Da passt ein Investment in Öl nicht.“

Vorbild sind andere Kommunen, aber auch öffentliche Institutionen, die sich in den vergangenen Jahren das sogenannte „Divestment“ aus fossilen Energien auf die Fahnen geschrieben haben. Sie stoßen Anlagen ab, die in Zusammenhang mit fossilen Energieträgern stehen, aber auch Anlagen in Waffengeschäfte oder Gentechnik. Die Stadt Münster gilt hier als Vorbild.

Anja Krug, SPD-Fraktionsvorsitzende, pflichtete der grünen Stadträtin Häffner bei, ebenso wie FDP-Chef Jürgen Wacker. „Das wäre ein Zeichen von Glaubwürdigkeit“, sagte Krug. Zu weitreichend sei der Grünen-Vorschlag, befand hingegen Roland Foos, der Sprecher der Freien Wähler. Und Jens Skibbe (CDU) gab zu bedenken, dass über Fondsanlagen ja ohnehin immer der Gemeinderat zu entscheiden habe.

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