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Light-Version am Belvedere

Jetzt steht fest: Das Schlossfest in Bruchsal ist tot. So geht’s jetzt weiter

Die Kosten für die Organisation des traditionellen Schlossfest standen für die Vereine in keinem Verhältnis mehr. Jetzt haben sie die Reißleine gezogen.

Schlossfest
Beim Schlossfest 2013 entlang der Schönbornstraße war die Welt noch in Ordnung. Die Vereine hatten ihre Stände geschmückt, die von vielen Menschen besucht wurden. Jetzt gibt es das Schlossfest nicht mehr. Foto: Martin Heintzen (Archiv)

Von A wie „Afrika Vision“ bis Z wie „Zonta Club“ gibt es in Bruchsal und den Stadtteilen rund 350 Vereine. Die Vereinslandschaft ist vielfältig, die Mitgliederzahl mit geschätzten 20.000 Mitgliedern groß. Jahrelang war das alle zwei Jahre stattfindende Schlossfest ein Treffpunkt der Vereine. Nicht nur aus der Kernstadt, sondern auch von Besuchern aus dem Umland.

Zu Hochzeiten drängten sich bis zu 15.000 Menschen entlang der Schönbornstraße bis zum Damianstor und auf dem Gymnasiumsplatz. 20 Vereine und mehr, darunter Skiclub Bruchsal, 1. FC Bruchsal, TSG 1846, Fanfarenzug bis hin zur GroKaGe hatten für die Organisation ihre Mitglieder mobilisiert.

2019 fand das 17. und letzte Schlossfest statt. Da war die Zahl der teilnehmenden Vereine schon merklich geschrumpft. Dann kam Corona. Und nun ist endgültig Schluss. Damit gibt es eine weitere Bruchsaler Traditionsveranstaltung wie etwa das „Spargel-Erlebnis“ nicht mehr.

Vereine in Bruchsal beklagen steigende Kosten und viele Vorschriften

„Bis auf zwei Vereine haben alle angefragten Vereine ihre Teilnahme aus den verschiedensten Gründen abgesagt. Ein Schlossfest wie in den vergangenen Jahren wird es daher in diesem Jahr nicht geben“, sagt Gerri Kannenberg, persönlicher Referent von Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (parteilos) auf Anfrage dieser Redaktion.

Nach den Erfahrungen der Vergangenheit haben etliche Verein die Reißleine gezogen: Die Umlagen für Strom, Abwasser, Auf- und Abbau, Straßensperrungen, Gema und die Bühne wurden immer höher, so der Tenor. Die Auflagen und Vorschriften für die Standbetreiber wurden immer mehr. So waren beispielsweise lebensmittelechte Wasserschläuche vorgesehen. Dieses Jahr sollten alle Stände einheitlich mit weißen Pagodenzelten errichtet werden. In der Vergangenheit waren die Stände sehr aufwändig und individuell dekoriert worden.

Der Aufwand steht in keinen Verhältnis mehr zum Ertrag.
Lars Dettweiler, GroKaGe-Präsident

„Wenn unterm Stich immer weniger hängen bleibt, dann lässt man es bleiben“, so Michael Grub, Vorsitzender des 1. FC Bruchsal 1899. Er bedauert, dass das traditionelle Schlossfest damit gestorben ist. Bereits 2019 zeichnete sich beim FC Bruchsal das Aus ab, weil es immer schwieriger wurde, Helfer zu finden und der Stand in die Jahre gekommen war.

Lars Dettweiler, Präsident der GroKaGe, verweist auf die hohen Ausgaben und auf Unkosten von 3.500 bis 5.000 Euro, die erst mal rein kommen müssen. Außerdem bräuchte er 80 Helfer: „Der Aufwand steht in keinen Verhältnis mehr zum Ertrag“, beklagt er. „Schade, dass es nicht mehr stattfindet.“ Seitens der Stadt hätten sich die Vereine mehr Unterstützung gewünscht, auch finanzielle. Beide Vereine waren 2019 noch am Start.

Bruchsal plant „Schlossfest light“

Schon länger nicht mehr dabei ist der Skiclub Bruchsal. „Schade, dass waren immer drei schöne Tage. Zuletzt ist das Niveau gesunken und immer mehr zu einem Sauf- und Krawallfest geworden“, so der frühere Vorsitzende Andreas Gehard. Wegen steigender Kosten war der Skiclub bereits vor Jahren ausgestiegen. Auch die Feuerwehr Bruchsal oder der Sportfischerverein 1951 haben schon länger auf eine Teilnahme verzichtet. Ohne ein gewisses Niveau bekomme man nicht alle Gäste, bedauert Gehard.

Jetzt soll es immerhin eine Art „Schlossfest light“ geben, verspricht Gerri Kannenberg von der Stadt Bruchsal. Unter den Kastanien am Belvedere wird vom 8. bis 10. Juli der „1. Brusler Sommerdorscht“ stattfinden. Das Motto verweist auf den „Brusler Dorscht“, die inoffizielle „Hymne“ von Bruchsal, die der verfolgte jüdischen Tuchgroßhändler Otto Oppenheimer (1875 bis 1951) geschrieben hat.

TSG Handballer und SV 62 Bruchsal wollen Tradition weiterführen

Beim SV 62 Bruchsal und der Handballabteilung der TSG Bruchsal, die das Fest organisieren, laufen bereits die Vorbereitungen. „Wir wollen die Tradition weiterführen“, erklärt Gerhard Schlegel von der Handballabteilung der TSG. Außer dem Schlossfest gebe es für die Vereine keine Identität stiftende Veranstaltung mehr. Weil der Gymnasiumsplatz beim Schloss aus logistischen Gründen für die beiden Vereine zu aufwändig ist, wurde der Platz am Belvedere ausgeguckt. „Nach Corona sind die Leute hungrig auf Feste“, hat Schlegel festgestellt.

Die Bierbänke werden unter den Kastanien aufgestellt. Auch eine Bühne für Livemusik und ein Karussell wird es geben sowie ein Handwerker-Essen am Montag, berichtet Jürgen Siegele, Vorsitzender des SV 62: „Wir wollen der Brauchtumsveranstaltung die Stange halten und hoffen, dass es in Zukunft wieder stattfindet.“

Bruchsaler Vereine planen ihre eigenen Feste

Auf eine Fortführung des Traditionsfest setzt auch die Stadt Bruchsal. „Die Vereinslandschaft verändert sich. Die Zahl der Aktiven nimmt ab“, so OB-Referent Kannenberg. Mit dem neuen Konzept will die Stadt „das Beste daraus machen“ – und vielleicht gebe es in Zukunft das Schlossfest wieder in einem neuen Rahmen.

Längst basteln auch die Vereine, die nicht mehr am Schlossfest teilnehmen, an Alternativen oder ziehen sich auf ihre angestammten Feste zurück: Der FC Bruchsal beispielsweise plant am 26. Juni wieder ein Gartenfest unter den Kastanien am Belvedere. Die GroKaGe feiert am 16. und 17. September ihr Dampfnudelfest, das dieses Jahr zum fünften Mal stattfinden soll. Und auch Andreas Gehard vom Skiclub kann sich eine Alternativveranstaltung vorstellen.

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