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Rad-Trendsport

Pumptracks und Dirtstrecken erobern die Gemeinden im Kraichgau

In vielen Gemeinden entstehen Anlagen für BMX-Biker, oft auf Initiative von Jugendlichen. Doch ein Dirttrack benötigt Wartung und Pflege. Wer ist zuständig?

Ein Junge fährt auf der Dirtstrecke an der Altenbürghalle in Karlsdorf-Neuthard
„Pumpen“ als neuer Trendsport: Auf der Dirtstrecke an der Altenbürghalle verbringen die beiden Freunde Killyan Henecka (im Bild) und Tom Kammerer viele Stunden ihrer Freizeit. Foto: David Heger

Ein prüfender Griff an den Helm, ein letzter Blick abwärts, bevor Killyan Henecka kurz in die Pedale tritt und mit seinem BMX-Rad von einem Erdhügel aus mit Schwung in die Tiefe rauscht. Unten angekommen reißt ein weiterer, kleinerer Erdhaufen den Zwölfjährigen mitsamt Rad wieder in die Höhe.

Als das Vorderrad den Bodenkontakt verliert, gerät Killyan plötzlich ins Straucheln, spannt für einen Moment alle Muskeln an und rudert mit dem Lenker. „Da habe ich gedacht, ich stürze“, sagt er später.

Es kommt anders: Der Junge im Sporttrikot fliegt mitsamt Rad einen Meter durch die Luft, landet dann sicher auf beiden Rädern auf dem staubigen Boden und ist kräftig aus der Puste.

Ob das gerade nicht gefährlich war? „Klar, mich hat’s fast gefetzt“, antwortet Killyan. „Aber dafür gibt’s dir einen Adrenalin-Kick“, ergänzt Kumpel Tom Kammerer. Und dieser Kick gehört hier auf der Dirtstrecke eben dazu.

Mit ihrer Begeisterung sind die beiden Jungs nicht allein: Auf zwei Rädern über Erdhügel zu jagen, hat das Potential, unter Jugendlichen zum neuen Trendsport zu werden. Wenn das Wetter stimmt, verbringen Tom, Killyan und rund zehn weitere Jugendliche mit Fahrrad jetzt in den Schulferien täglich Stunden auf ihrer Hausstrecke an der Altenbürghalle. Das Areal ist vor rund einem Jahr angelegt worden.

Beim „Pumping“ sorgt die Bewegung des Lenkers für Tempo

Mit gewöhnlichem Mountainbiking ist die Fahrweise auf den Parcours, die als Pumptracks oder Dirtbike-Strecken bezeichnet werden, nicht zu vergleichen – stattdessen geht es hier darum, durch geschickte Gewichtsverlagerung und das namensgebende „Pumping“, also das Hochziehen und Herabdrücken des Lenkers, auf den Buckelpisten an Geschwindigkeit zu gewinnen – und das, ohne in die Pedale zu treten. Dazwischen bieten meterhohe Schanzen Gelegenheit zu Sprüngen.

Wir wollen mit der Strecke den Jugendlichen etwas bieten.
Elmar Heierhorst, Bauamt Karlsdorf-Neuthard. 

In vielen Rathäusern in der Region steht man dem neuen Sport offen gegenüber – auch, weil die Strecken verglichen mit anderen Freizeitanlagen für kleines Geld zu errichten sind. „Wir wollen mit der Strecke den Jugendlichen etwas bieten“, erklärt Elmar Heierhorst aus dem Bauamt Karlsdorf-Neuthard.

„Möglichst kostenneutral“ sollte der Aufbau gelingen. Die Erde für die Hügelpiste: Bodenaushub, der auf Schadstoffe untersucht und kurzerhand durch den Bauhof am Rande der Altenbürghallle aufgeschüttet wurde. Ein Bauunternehmer vor Ort hatte das Material bereitgestellt.

Auch Bruchsal und Bad Schönborn wollen Anlagen bauen

Inzwischen springen auch andere Kommunen auf den Trend auf: Im Bruchsaler Freizeitgelände Weidenbusch in der Weststadt soll eine Pumptrack-Anlage kommen, auch Bad Schönborn hat eine Buckelpiste in Planung. Oft sind es Jugendliche, die die Projekte vorantreiben: „Die Idee hatten wir vor Jahren schon einmal“, erinnert sich Alessia Imperiale, Mitglied im Bad Schönborner Jugendbeteiligungsforum. „Damals wurde sie allerdings abgelehnt.“ Nun soll der Pumptrack kommen – mit Erde, die beim Erweiterungsbau der Michael-Ende-Schule anfällt.

Andernorts in der Region wird bereits gerast: Ende 2021 öffnete in Östringen-Tiefenbach eine Strecke, in Graben-Neudorf besteht seit wenigen Tagen ein Dirttrack an der Pestalozzihalle – auch hier wieder gebaut auf Initiative Jugendlicher. 60.000 Euro hat die Gemeinde dafür in die Hand genommen.

Manche Gemeinden denken, ein Dirttrack sei dasselbe wie ein Skatepark aus Beton.
Stefan Fellhauer, Radsportverein Kronau.

Doch: Allein mit dem Aufschichten der Erdhügel ist es nicht getan – ein Pumptrack mache dauerhaft Arbeit, erklärt Stefan Fellhauer vom Radsportverein Kronau. „Manche Gemeinden denken, ein Dirttrack sei dasselbe wie ein Skatepark aus Beton“, beobachtet der junge Mann, der selbst seit vielen Jahren europaweit mit dem Rad unterwegs ist und die vereinseigene Piste in Kronau pflegt.

Hier sind die Schanzen mit Planen abgedeckt, die vor jeder Fahrt entfernt werden, anschließend wird die trockene Erde mit Wasser angefeuchtet, beinahe täglich bessert er zudem kleine Löcher aus – alles, damit die einmal erbauten Hügel nicht wegbröseln. Allerdings werde die Strecke hier auch anders beansprucht: „Das ist nichts für Einsteiger“, schränkt er ein und deutet auf die Landschaft aus meterhohen Schanzen.

Auch als Profi ist er hin und wieder auf den öffentlichen, gemeindeeigenen Tracks unterwegs. Die hält er für ein gutes Angebot, um vor allem Jugendliche an den rasanten Zweiradsport heranzuführen. Seine Hoffnung: Dass auf den Hype auch die dauerhafte Pflege der Anlagen folgt.

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