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„Schnakenfritz“ erinnert sich

Früherer Philippsburger Bürgermeister setzte sich für die Schnakenbekämpfung ein

Der Philippsburgs Altbürgermeister Fritz Dürrschnabel erinnert sich: Bei der Wahl-Feier 1973 bekam seine Frau Unmengen an Schnakenstiche ab. Sie stellte ihn vor die Alternative: „Entweder du machst was gegen die Schnaken – oder ich ziehe mit dir nicht nach Philippsburg.“

Schnakenbekämpfung 2005
Im Einsatz bei der Schnakenbekämpfung im Jahr 2005. Foto: Archiv ber

Eine Umfrage fällt eindeutig aus: Fast jeder in der Region kennt noch den „Schnakenfritz“, den ehemaligen Bürgermeister von Philippsburg, der sich mit der Schnakenbekämpfung das wohl größte Denkmal gesetzt hat.

Knapp 50 Jahre sind vergangen, seit sich der damals 28-jährige Fritz Dürrschnabel für eine Kandidatur in Philippsburg entschieden hatte und 1973 aus der Wahl als Überraschungssieger hervorging.

Sogleich sollten ihn auch die Rheinschnaken kennenlernen. Die Zeit vor 40 und 50 Jahren ist ihm so gegenwärtig, als sei es erst gestern gewesen. Drei Stunden lang schildert er am Telefon die fast unendliche Geschichte der Schnakenbekämpfung, die mühseligen Anfänge, die oft ergebnislosen Bemühungen und schließlich den erzielten Durchbruch.

Als den größten Erfolg bezeichnet er die Gründung der „Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage“ (Kabs) im Jahr 1976.

Die aggressiven Stechmücken plagten schon die Franzosen

Schon zu Festungszeiten hatten die Philippsburger und auch die Franzosen als Besatzer unter aggressiven Stechmücken zu leiden. Um 1734 ist von einer „Menge Schnaken“ die Rede. Doch das neue Stadtoberhaupt bewertete die Plagegeister nicht als gottgegebene Fügung.

Bei der Wahlfeier 1973 hatten sich Hunderte von kleinen Blutsaugern über seine sommerlich gekleidete Frau Marliese hergemacht. So stellte sie ihn vor die Alternative: „Entweder du machst etwas gegen die Schnaken oder ich ziehe mit dir nicht nach Philippsburg.“

Beim Jubiläum des Altenwerks Philippsburg erzählte Fritz Dürrschnabel (hier mit Frau) seinen Tischnachbarn seine Schnaken-Erlebnisse.
Beim Jubiläum des Altenwerks Philippsburg erzählte Fritz Dürrschnabel (hier mit Frau) seinen Tischnachbarn seine Schnaken-Erlebnisse. Foto: Werner Schmidhuber

Dürrschnabel schritt also zur Tat. Eine Odyssee durch alle möglichen Kreis-, Landes- und Bundesbehörden folgte. Doch überall galten Schnaken als unbekannte Wesen. Und niemand sah eine Zuständigkeit. „In diesem Fall hätte ja auch Arbeit gedroht“, sagt Dürrschnabel schmunzelnd. Die Bürgermeisterkollegen klopften ihm aufmunternd auf die Schulter: „Fritz, mach du das, geh du voran.“

„Letztlich kamen wir mit Hilfe der BASF – die sich mitverantwortlich für ihre 60.000 schnakengeschädigten Mitarbeiter fühlte – einen bedeutenden Schritt weiter. Wir entschieden uns nach Untersuchung von mehreren Bekämpfungsmöglichkeiten für eine Vernichtung in den Brutgebieten. Ziel war es, die Stechmücken dort zu bekämpfen, wo sie entstehen, bevor sie die Wohngebiete überfallen“, sagt Dürrschnabel.

Erste Einsätze mit der Rückenspritze

Zurückgegriffen wurde auf das in Israel entdeckte Bazillus BTI. Drei Jahre dauert es, bis der erste wissenschaftlich gut vorbereitete Feldversuch begonnen werden konnte. Den ersten Einsätzen mit der Rückenspritze folgte das per Helikopter abgeworfene Sandgranulat, später abgelöst vom Eisgranulat.

Wer sich damals im Freien aufhielt, war meistens in eine „Schnakenwolke“ gehüllt. In der Not griffen die gepeinigten Städter auf hochtoxische Insektizide zurück. So schlimme Zustände herrschten damals, dass die Philippsburger Kaserne als einzige in Deutschland undurchdringliche Schnakenfenster vom Bund genehmigt bekam. Wegen „Umweltzerstörung“ wurde der „Schnakenfritz“ sogar angezeigt und sollte 30.000 Mark für seine Schnaken-Freveltaten berappen.

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