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Kriegerische Geschichte als Festungsstadt

Philippsburg feiert seinen Namenstag: Doch die Umbenennung brachte neue Probleme

In Philippsburg gab es ein Atomkraftwerk und die Stadt machte als Bunkerstadt Furore. Und eine Festung war die Stadt auch mal. Das lag an einem Mann, der vor 400 Jahren eine Idee hatte.

Festungsmodell von Philippsburg
Mauern und Gewässer sternförmig um die Stadt herum: So wurde die Festung Philippsburg angelegt. Das große Modell ist im Rathaus der Stadt zu sehen. Foto: Thomas Liebscher

Philippsburg ist eine besondere Stadt. Nicht nur, weil sie deutschlandweit bekannt wurde als Standort zweier Atomkraftwerke. Auch als neuzeitliche Bunkerstadt suchte der Ort mit einer ehemaligen Reichsfestung seinen eigenen Weg. Und dort, nahe am Rhein, war sogar einst die Hauptstadt eines kleinen eigenen Landes namens Hochstift Speyer. In Philippsburg schafft man es zudem, im Jahr 2009 das 1.225-jährige Bestehen zu feiern und in wenigen Tagen, am Wochenende vor dem 1. Mai, das 400-jährige Bestehen. Merkwürdig. Aber völlig korrekt.

Büste eines Mannes, Fürstbischof von Sötern
Diese Büste des Fürstbischofs von Philippsburg steht im Rathaus Philippsburg. Rudolf Beranek gestaltete die Skulptur 1983. Foto: Thomas Liebscher

Wie bei vielen anderen Orten in der Region, stammt die erste Erwähnung aus dem Lorscher Codex. Darin ist 784 ein Udenheim erwähnt. Denn so hieß die heutige Stadt Philippsburg, bevor sie am 1. Mai 1623 umbenannt wurde. Also vor 400 Jahren – und das auch noch durch einen Philipp.

„Philipp Christoph von Sötern, Fürstbischof von Speyer mit Schloss und Regierungssitz in jenem Udenheim, benannte sie offiziell nach seinem Namenspatron, dem heiligen Philippus“, sagt Historiker Hans Ammerich. Aber in jener Zeit des Barock und auch später noch, war es nicht unüblich, dass ein Herrscher seinen Namen auf eine Stadt übertrug. Man denke an Karlsruhe und Ludwigsburg.

Vier Tage Erinnerung und zwei Tage Straßenfest Ende April

Den Namenstag feiert Philippsburg vier Tage lang. „Mit einem Straßenfest am 29. und 30. April rund um die Festhalle, mit Ausstellungen und Führungen sowie einem Festabend mit historischem Vortrag von Professor Ammerich“, sagt Bürgermeister Stefan Martus (ULi). „18 Vereine beteiligen sich mit Ständen und präsentieren sich auf einer Bühne, am Samstagabend gibt es ein Open-Air-Konzert mit der Band Soundaffair“, ergänzt Helga Steinel-Hofmann. Sie ist die Vorsitzende des Heimatvereins. Dieser sorgt ebenso wie der Club Rheingraf von Salm, der das Festungs- und Waffenmuseum betreut, für die umfangreiche Erinnerung an die Geschichte rund um den 1. Mai 1623.

Abbildung Renaissanceschloss aus einer Landkarte
Das frühere Schloss Philippsburg, ein Renaissancebau. Diese Vergrößerung aus einer alten Karten von Merian ist im Rathaus zu sehen. Foto: Thomas Liebscher

Damals tobte in Deutschland der Dreißigjährige Krieg als Konflikt zwischen katholischen und evangelischen Staaten. Christoph Philipp von Sötern war seit 1610 katholischer Fürstbischof von Speyer und Regent über ein Land, das rechtsrheinisch die Region zwischen Bruchsal, Mingolsheim und dem Rhein umfasste.

Sötern hatte seine Residenz in Udenheim. Und weil sich der Herrscher von den protestantischen Nachbarn Baden und Kurpfalz umzingelt sah, begann er seine Hauptstadt militärisch zu schützen. Er ließ Udenheim ab 1615 zu einer Festung ausbauen, nach dem Vorbild von Breisach.

Im Eingangsbereich von Philippsburg gibt es fünf neue Wappen auf dem Verkehrskreisel, die mit ihrer Farbgebung sofort ins Auge fallen.
Das Wappen von Philippsburg an einem Verkehrskreise. Foto: Werner Schmidhuber

Festung Philippsburg im Dreißigjährigen Krieg gleich zerstört

Den 1618 beginnenden Krieg zwischen katholischer Liga und protestantischer Union hatte der Bischof wohl geahnt, nicht aber, dass seine noch leicht befestigte Stadt im Juni jenes Jahres von Pfälzern, Badenern und Speyerern gleich zerstört würde. Die einfachen Einwohner litten, wie in anderen Orten in der ganzen Gegend, schwer durch die Kämpfe der durchziehenden Armeen.

Für den Bischof in Philippsburg war das Ansporn, noch stärkere und zusätzliche Mauern zu errichten. Udenheim und das nahe Umland wurden total umgestaltet. Die sternförmige Festung entstand. Um Bedeutung auszustrahlen, erhielt sie den neuen Namen. Und die Einwohner bekamen zur Feier des Tages „Brot, einen Fuder Wein sowie Geldmünzen“. Das steht in Hieronymus Nopps Philippsburger Stadtgeschichte. Die Befestigung der Stadt machte sie tatsächlich aber unsicherer und unbedeutender.

Der Anfang von Ende der Residenz Philippsburg

„Der Ausbau Udenheims zur Festung bedeutete den Anfang vom Ende der Residenz“, sagt Hans Ammerich. „Stadt und Schloss waren für den ständigen Aufenthalt eines Fürsten nicht mehr geeignet“, so der ehemalige Leiter des Bistumsarchivs Speyer.

Älterer Mann
Historiker Hans Ammerich: Der frühere Archivar des Bistums Speyer wird einen ausführlichen Vortrag zur Umbenennung und Geschichte Philippsburgs halten. Foto: Thomas Liebscher

Er wird am Freitagabend, 28. April, in der Festhalle ausführlich über die Geschichte Philippsburgs sprechen. Die Kernstadt hat heute rund 8.000 Einwohner. Zusammen mit den Stadtteilen Rheinsheim und Huttenheim sind es 13.000.

Der Namenspate Sötern, der 40 Jahre regierte, hatte schon bald anderswo mehr zu tun. Er wurde 1623 zusätzlich Fürstbischof von Trier und damit noch wichtiger in Deutschland. Er mischte kräftig mit in der Kriegspolitik und stellte seine Herrschaftsgebiete unter den Schutz Frankreichs. Das war im Dreißigjährigen Krieg mit Schweden verbündet, weil beide Länder ihren Einfluss in Deutschland ausbauen wollten.

Einwohner hatten es durch viele Kriege nie leicht

Und nach 1633 belagerten Truppen beider Länder Philippsburg. Die Festung zog den Krieg noch bis ins 19. Jahrhunderte an. Philippsburg und die Philippsburger hatten es nie leicht in der Geschichte. Aber sie arrangierten sich mutig immer wieder und nahmen zu jeder Zeit die Herausforderungen an.

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