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Alte Schutzräume noch vorhanden

Furcht vor Krieg: Philippsburger Bunker bräuchten neue Technik

Das ist kein Geheimnis: Philippsburg hat in der Zeit des Kalten Kriegs bis 1989 zahlreiche Bunker in öffentliche Gebäude einbauen lassen. Aber wären die Schutzräume für immerhin 4.600 Menschen noch heute von Nutzen?

Luftschutzbunker Philippsburg
Bunkertür in der Realschule Philippsburg: Der städtische Gebäudemanager Helmut Seelinger vor dem dem einst für 800 Menschen gedachten Schutzraum. Foto: Martin Heintzen

Tim Schmitt hat die Antwort schnell parat: „Weder verfügt die Stadt Waghäusel über eigene Bunker, noch sind uns private Schutzräume bekannt“, erklärt der Fachbereichsleiter der Stadtverwaltung. BNN-Leser Wolfang Fuchs wollte das ebenfalls wissen.

„Mit Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine müsste Bevölkerungsschutz doch besonders wichtig sein. Die momentane Situation zeigt doch, es kann auch bei uns etwas passieren. Doch die Politiker haben Vorsorge verschlafen“, sagt Fuchs.

In Philippsburg gibt es tatsächlich noch einige Bunker, die bis zum Ende des Kalten Kriegs 1989 gebaut wurden, um Einwohner vor einem Angriff, auch durch Atomwaffen zu schützen. Die BNN besichtigten im Herbst 2021 einige dieser Schutzräume mit 4.600 Plätzen und berichteten über ihren Zustand.

In der Konrad-Adenauer-Realschule Philippsburg beispielsweise bilden dicke grüne Türen den Eingang zu relativ großen Räumen mit Holzsitzen und Stockbetten inklusive grauer Decken. In einer Ecke stapelten sich noch die chemischen Toiletten im Original-Karton. Modell Porta Potti mit Nummer 265.

Tiefgarage in Philippsburg wurde von Anfang als Bunker gebaut

An anderer Stelle der Stadt ist die Tiefgarage unterm Rathaus als einziger riesiger Schutzraum konzipiert. Mit vielen versteckten, noch eingerichteten Funktionsräumen.

„Und die könnten nur sehr schwer auf einen aktuellen Stand gebracht werden. Die Techniken der Be- und Entlüftung oder der Versorgung der Menschen sind natürlich veraltet“, sagt Philippsburg Bürgermeister Stefan Martus (parteilos). Gegen Angriffe mit konventionellen Waffen wären die Räume weiter sinnvoll, meint er.

Grüne Türen
Schutztüren in der Tiefgarage stehen bereit, um aus den Stellplätzen unter dem Rathaus Philippsburg einen Bunker machen zu können. Foto: Thomas Liebscher

Gegen atomare, biologische oder chemische Attacken aber helfe die alte Bunkerweise wohl nicht mehr. Außerdem stelle sich die Frage, wer von 12.000 Einwohnern die geringeren Kapazitäten in Anspruch nehmen dürfte.

Abwicklungen von Bunkern seit dem Ukraine-Krieg gestoppt

Auch die vergleichbaren Räume in Rheinsheim und Huttenheim seien inzwischen entwidmet. Noch im Jahr 2021 wurden zwei ehemalige Philippsburger Schutzräume vom Regierungspräsidium in die Ex-Liste aufgenommen.

Wie überhaupt in Deutschland aktuell keine öffentlichen Schutzräume mehr zur Verfügung stehen. Seit 2007 wurden alle Pläne eingestellt. So schreibt es die zuständige „Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ auf ihrer Homepage.

Luftschutzbunker Philippsburg
Von Hand betriebene Luftfilter finden sich im Bunker unter der Philippsburger Konrad-Adenauer-Schule. Foto: Martin Heintzen

Aber es gibt neuere Entwicklungen: „Im aktuellen Kontext des Krieges in der Ukraine hat sich der Bund dafür entschieden, die weitere Entwidmung öffentlicher Schutzräume zunächst ruhend zu stellen und das Rückabwicklungskonzept für öffentliche Schutzräume zu überprüfen.

Als ersten Schritt wird der Bund gemeinsam mit den Ländern zeitnah eine vollständige Bestandsaufnahme der bisher nicht entwidmeten Schutzräume vornehmen“, verkündet die für Bunker zuständige Bundesbehörde.

Vereinzelt bauten sich Privatleute in den Jahren 1960 bis 1990 auch in unserer Region selbst Luftschutzkeller. Stefan Martus kennt Beispiele solcher Räume, „einschließlich den Vorräten für vier Wochen“. Auch in anderen Orten wissen Einwohner von diesem oder jenem Haus, das einschließlich Bunker zum Verkauf stand.

Philippsburger Bürgermeister war als Bunker-Fritz bekannt

Philippsburgs Bürgermeister berichtete erst vor kurzem seinen Amtskollegen im Landkreis von der einstigen Bunkermentalität in der Stadt mit dem inzwischen abgeschalteten Atomkraftwerk. Bürgermeister Karl Frank begann 1970, sich Zuschüsse für Schutzräume zu sichern.

Den nachfolgenden Stadtchef Fritz Dürrschnabel beschäftigte das Thema enorm. Er studierte, wie die Schweiz den Bevölkerungsschutz umsetzte und übertrug Ideen auf Philippsburg. Was ihm den bundesweiten Spitznamen „Bunker-Fritz“ eintrug.

Die Rheinübergänge, die damalige Kaserne, wohl auch ein Atomwaffenlager der US-Streitkräfte und natürlich später das Atomkraftwerk galten als strategisch wichtige Ziele, falls die Sowjetunion und ihre Verbündeten einen Krieg nach Deutschland getragen hätten.

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