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Bilanz nach Wiedereröffnung

Ettlinger Einzelhändler bemerken bei Kunden "mehr Einkaufsfrust als Einkaufslust"

So richtig will die Kauflaune nicht aufkommen: Wenige Wochen nach der Wiederöffnung der Geschäfte ziehen die Einzelhändler in der Ettlinger Innenstadt eine durchwachsene Bilanz. Die Maskenpflicht sei hinderlich, außerdem sitze bei manchen das Geld nicht so locker – und es gab bislang kaum die Gelegenheit, sich mit seinen Klamotten in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Mit Rabatten versuchen viele Einzelhändler, Kaufanreize zu schaffen und ihre schon im März gelieferten Frühjahrskollektionen los zu werden.
Mit Rabatten versuchen viele Einzelhändler, Kaufanreize zu schaffen und ihre schon im März gelieferten Frühjahrskollektionen los zu werden. Foto: Trauden

Schließlich haben Restaurants und Cafés erst an diesem Montag wieder geöffnet, Feste sowie Urlaubsreisen sind in näherer Zukunft keine Option.

„Die Leichtigkeit ist weg“, bringt Nadine Eisele vom Modegeschäft „Lykke“ in der Leopoldstraße auf den Punkt, wie sie die Stimmung ihrer Kunden wahrnimmt. In der Corona-Krise kauften viele nur noch nach Bedarf ein. „Das Gefühl, sich etwas gönnen zu wollen, ist verloren gegangen.“

Maskenpflicht in Corona-Krise verdirbt Kunden den Spaß

Einige seien genervt von den Masken, die beim Anprobieren von Klamotten störten. „Es macht keinen Spaß mehr“, ist ein Satz, den Eisele oft von Kunden hört. Auch die Kontaktbeschränkungen außerhalb der Geschäfte machten das Einkaufserlebnis zunichte: In einer Gruppe mit Freundinnen shoppen gehen, das ist in Corona-Zeiten nicht möglich.

Hoffnung geben der 43-jährigen Ladeninhaberin aber ihre Stammkunden, die ihr in dieser schweren Zeit treu geblieben sind: „Auf die kann ich bauen“, sagt Eisele.

Mundschutz ist beim Einkaufen Pflicht - manche Läden verkaufen ihn auch selbst.
Mundschutz ist beim Einkaufen Pflicht - manche Läden verkaufen ihn auch selbst. Foto: Trauden

Euphorie ist abgeebbt

Eine „leichte Anfangseuphorie“ bei ihren Stammkunden hat Nadine Hanke vom Modegeschäft „Claris“ in der Marktpassage nach der Wiedereröffnung der Geschäfte bemerkt. Sie sei inzwischen aber wieder abgeebbt. Im Vergleich zu Zeiten vor Corona habe sich die Kundenfrequenz halbiert.

Rabatte helfen nur bedingt

Durch die verpflichtenden Masken „entsteht mehr Einkaufsfrust als -lust“, erklärt sich Hanke die Zurückhaltung der Kunden. Aber auch das Wetter spiele eine Rolle. Mit Rabatten versuche man, Kaufanreize zu schaffen – das helfe allerdings nur bedingt.

Um in den Köpfen der Menschen zu bleiben, investiert „Claris“ viel in die Online-Präsenz: Eine Modenschau, die eigentlich fünf Tage nach der Zwangsschließung hätte stattfinden sollen, wurde ins Netz verlegt, innerhalb kürzester Zeit ein Online-Shop aus dem Boden gestampft.

Hoffen auf die Gastronomie

Hoffnung macht Co-Geschäftsführerin Hanke die Öffnung der Gastronomie: Denn die lädt nicht nur zum Verweilen in der Stadt ein, sie biete auch die Gelegenheit, sich mal wieder schick zu machen, um sich zu zeigen mit schöner Kleidung.

Die Kauflust ist da, aber nicht in
dem Maße, wie es einmal war.Rainer Behringer, Modehaus Streit

dem Maße, wie es einmal war.

Mit Maske und Mindestabstand begrüßen Rainer Behringer (links) und seine Mitarbeiterinnen die Kunden im Modehaus Streit.
Mit Maske und Mindestabstand begrüßen Rainer Behringer (links) und seine Mitarbeiterinnen die Kunden im Modehaus Streit. Foto: Trauden

Frühjahrskollektionen müssen raus

Reduzierungen auf Ware seien auch im Modehaus Streit unausweichlich. Kurz vor der Zwangsschließung im März wurden die Frühjahrskollektionen geliefert. Der Internet-Handel sei zwar ganz gut gelaufen, aber: „Die Lager sind voll.“

Drei bis vier Kunden pro Tag

Rabatte haben bei Nika Delic von Leder Baltrock in der Leopoldstraße nicht geholfen, das Geschäft ins Rollen zu bringen. Um die Hälfte hatte sie ihre Textilwaren nach der Wiederöffnung reduziert – doch die Kundschaft blieb aus. Drei bis vier Kunden pro Tag zählt Delic derzeit in ihrem Geschäft, die Umsatzeinbußen lägen im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten bei 80 Prozent.

Die Leute haben Angst, sie sind vorsichtiger beim Geld ausgeben.
Nika Delic, Leder Baltrock

Die 9.000 Euro Soforthilfe, die sie bekommen hat, die reichen gerade mal, um die Miete für zwei Monate zu zahlen. „Die Leute haben Angst, sie sind vorsichtiger beim Geld ausgeben“, meint Delic. Zum nächsten Jahr haben sie und ihr Ehemann den Mietvertrag für ihr Geschäft in der Leopoldstraße nach drei Jahrzehnten gekündigt. „Mit dem Einzelhandel haben wir abgeschlossen“, sagt sie.

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