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Hilferuf eines Händlers

Billigfriseure und Handyshops: Wird die Kaiserstraße in Karlsruhe zur Ramschmeile?

Der Geschäftsführer eines Outdoor-Ladens wendet sich in einem verzweifelten Appell an die Stadt: Wenn sich nicht bald etwas ändert, müsse er zusperren. Laufkundschaft fehle ihm inzwischen komplett. Das liege nicht zuletzt am Umfeld. Auch ein Konditor beobachtet einen Abwärtstrend.

Imbissbuden, Billigläden und Handyshops prägen das Erscheinungsbild der westlichen Kaiserstraße zwischen Europaplatz und Mühlburger Tor. Inhabergeführte Ladengeschäfte sind dagegen Mangelware.
Imbissbuden, Billigläden und Handyshops prägen das Erscheinungsbild der westlichen Kaiserstraße zwischen Europaplatz und Mühlburger Tor. Inhabergeführte Ladengeschäfte sind dagegen Mangelware. Foto: jodo

Der Geschäftsführer eines Outdoor-Ladens appelliert an die Stadt: Wenn sich nicht bald etwas ändert, müsse er zusperren. Laufkundschaft fehle ihm inzwischen komplett. Das liege nicht zuletzt am Umfeld, das im westlichen Teil von Billigläden dominiert werde. Auch ein Konditor konstatiert einen Abwärtstrend.

Für die Situation in der westlichen Kaiserstraße findet Martin Kerner deutliche Worte: „Wir investieren seit Jahren massiv in den Laden und in Werbung, um uns als Betrieb mit 45 Leuten an dem Standort zu behaupten. Wir brauchen eine Perspektive, dass sich die Qualität des Standorts deutlich verbessert, sonst sehen wir unsere Existenz als Laden hier gefährdet“, sagt der Geschäftsführer des Outdoor-Fachgeschäfts Basislager.

In den vergangenen Jahren habe sich die Situation im Bereich der Kaiserstraße zwischen Europaplatz und Mühlburger Tor zunehmend verschlechtert, die Kundenfrequenz sei enorm gesunken, so Kerner.

Ist das Billigumfeld schuld?

Die Qualität der Läden sei im freien Fall. Billigläden, Imbisse, Zehn-Euro- Friseure, Handyshops und Shisha-Bars dominierten die Umgebung. Stammkunden halten dem Fachgeschäft die Treue. „Sie kommen, wenn sie gezielt etwas bei uns suchen, die Laufkundschaft aber fehlt komplett“, schildert der Einzelhändler das Dilemma.

Es gibt hier keine Geschäfte, die zu einem Bummel einladen, es ist Brachland.

Die Menschen würden auf der Kaiserstraße bis zum Europaplatz flanieren, weiter ginge kaum jemand. Bei der Stadt vermisst er ein Konzept für den Einzelhandel. „Ein Fest und noch ein Fest mit verkaufsoffenem Sonntag – das sind in meinen Augen Brot und Spiele, die die Händler bei Laune halten sollen. Aber das ist kein Konzept“, kritisiert der Händler, der zusammen mit drei Mitstreitern das Basislager vor 34 Jahren in Karlsruhe gegründet hat.

Zunächst am Kronenplatz ansässig, zog das Geschäft in die südliche Waldstraße um. „Das ist eine sehr gute Lage, wir wären gerne dort geblieben, allerdings war die Ladenfläche auf Dauer zu klein“, sagt Kerner.

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Der Geschäftsführer des Outdoor-Spezialisten Basislager beobachtet mit Sorge die gesunkene Kundenfrequenz. Foto: jodo

Für das Basislager geht es um die Existenz

2012 kam der Umzug in die westliche Kaiserstraße, zwischen Hirsch- und Leopoldstraße. „Damals glaubten wir an diesen Standort“, sagt Kerner. Heute würde er die Adresse wechseln. „Es ist aber nicht einfach, eine entsprechend große Ladenfläche zu finden, die auch noch bezahlbar ist“, stellt er fest. Zumal die Einzelhändler einen siebenstelligen Betrag in den Umbau des Gebäudes investiert haben.

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Das Fachgeschäft zu betreiben sei enorm aufwendig und kostenintensiv, sagt Kerner, der auf hochwertige Produkte und gute Beratung setzt. „Die qualifizierten Mitarbeiter müssen aber auch bezahlt werden.“ Wenn sich die Situation nicht ändert, geht es für das Basislager um die Existenz.

Konditor lobt die Erreichbarkeit...

Deutlich länger als der Outdoor-Spezialist residiert die Confiserie Endle in der westlichen Kaiserstraße. Eröffnet wurde die Konditorei 1932 von Emma und Albert Endle, heute führt ihr Enkel Oliver Endle mit 20 Mitarbeitern das Familiengeschäft, in dem Torten, Kuchen, Pralinen und ander Leckereien entstehen. Bis 1932 befand sich an dieser Stelle die Konditorei Lieb. „Für uns ist das hier immer noch ein guter Standort“, sagt Endle. „Die Kunden können bis vor die Tür mit dem Auto fahren und halten, um bei uns einzukaufen.“ Das sei für ein Geschäft wie das seine wichtig.

...beobachtet aber einen Abwärtstrend

Dennoch will der Konditormeister nicht verhehlen, dass ansonsten die Entwicklung in der westlichen Kaiserstraße zwischen Europaplatz und Mühlburger Tor „seit 20 Jahren stetig abwärts geht“. Früher habe ein anderer Branchenmix die Straße dominiert, der auch anderes Publikum anzog, berichtet Endle. Zwei Pelzhäuser, ein Porzellangeschäft, mehrere Teppichhandlungen, ein elegantes Möbelhaus, ein Herrenausstatter – „das hier war früher eine exklusive Ecke“, erzählt der Karlsruher. Diese Geschäfte sind alle verschwunden. Heute reihen sich zwischen Confiserie Endle, Basislager, einem Sanitätshaus, einer Hörakustikerin, einem Computerfachgeschäft und dem Sozialkaufhaus Kashka des Diakonischen Werks unter anderem Imbissläden, Spielcenter, Friseure und Nagelstudio. Es gibt eine Sprachschule, einen Stoffladen, einen Supermarkt sowie asiatische Lebensmittel. Seit Ende Juni ist zudem das Kundencenter der Stadtwerke geschlossen.

„Der Wandel der Gesellschaft spiegelt sich in der Entwicklung der Straße wider“, sagt Endle. Das veränderte Einkaufsverhalten – Stichwort Onlinehandel – hinterlässt Spuren und bleibt nicht ohne Folgen für den Einzelhandel. „Klar vermisse ich den Branchenmix“, sagt er. Noch schlimmer sei aber Leerstand. Deshalb ist er froh, dass in der Nachbarschaft Ende September ein Asia-Supermarkt eröffnet hat. Und auch im ehemaligen Pelzladen Arzt tut sich etwas. „Der Laden stand über drei Jahre leer, vor dem Eingang sammelte sich Müll“, berichtet Endle. Keine schöne Visitenkarte für eine Einkaufsstraße.

„Europaplatz verkommt“

Besonders problematisch sieht Endle die Entwicklung am Europaplatz: „Die Stadt lässt diesen zentralen Platz verkommen. Die Baustellen finden kein Ende, es ist kein Ruhmesblatt. In diesem Zustand wie heute ist der Europaplatz eher eine Hemmschwelle, dass die Passanten nicht weiterlaufen.“ Der Konditor sieht auch die Vermieter in der Verantwortung.

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