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Waldheim vor dem Abriss

Im Karlsruher Hardtwald dürfte es viele Bauten eigentlich gar nicht geben

Nach heutigem Recht dürften viele Vereine gar nicht im Karlsruher Hardtwald sein. Vereins- und Waldheime sowie Sportplätze genießen aber Bestandsschutz. Umbauen oder die Nutzung verändern ist dafür so gut wie unmöglich. Das bekommt nun die Caritas zu spüren, die in ihrem Waldheim gerne dauerhaft eine Kita unterbringen würde.

Im Waldheim der Caritas werden derzeit 90 Kinder des Kinderhauses St. Agnes betreut. Spätestens 2022 muss die Kita den Hardtwald verlassen. Wie es danach mit dem Waldheim weitergeht, ist noch offen.
Im Waldheim der Caritas werden derzeit 90 Kinder des Kinderhauses St. Agnes betreut. Spätestens 2022 muss die Kita den Hardtwald verlassen. Wie es danach mit dem Waldheim weitergeht, ist noch offen. Foto: jodo

Beim Blick von oben auf den Hardtwald nördlich des Adenauerrings fallen ein paar hellgrüne, rote oder braune Flächen ins Auge: Fußball- und Tennisplätze, Vereinsgaststätten und Waldheime. All das dürfte es nach heutigem Recht dort gar nicht geben. Die Vereine und Institutionen profitieren vom Bestandsschutz – allerdings nur, solange sie nichts an der ursprünglich genehmigten Nutzung ändern.

Zu spüren bekommt das aktuell die Caritas, die in ihrem Waldheim gerne dauerhaft das Kinderhaus St. Agnes unterbringen würde . Seit 2017 sind die 90 Kinder der Kita mit einer Sondergenehmigung im Hardtwald. Vor einigen Wochen wurde die bis Sommer 2022 verlängert. Danach wird definitiv Schluss sein, stellt die Stadtverwaltung klar.

Ausnahme für Caritas ist "außerhalb des gesetzlichen  Rahmens"

„Wir haben das Gesetz für diese Ausnahme gedehnt bis zum Äußersten“, sagt Sozialbürgermeister Martin Lenz. Noch deutlicher wird Monika Georges, die sich als Abteilungsleiterin für Baurecht in der Verwaltung mit dem Fall beschäftigt: „Diese Genehmigung war in keiner Grauzone mehr, sondern außerhalb des gesetzlichen Rahmens. Da mussten wir beide Augen zudrücken.“

Man habe deshalb immer betont, dass es um eine befristete Übergangszeit gehe, heißt es von Seiten der Stadt. Das bestätigt auch die Caritas. Eigentlich sollte deren Partner Ardensia (ehemals Familienheim) in dieser Zeit die alte Heimat des Kinderhauses in der Sophienstraße auf Vordermann bringen.

Das stellte sich als zu teuer heraus, also bemühte sich die Caritas um die Umwandlung des Provisoriums im Waldheim zu einer Dauerlösung. Die wird es definitiv nicht geben, macht Lenz deutlich. Der Stadt seien durch die gesetzlichen Grundlagen die Hände gebunden.

Umbauen ist so gut wie ausgeschlossen

Die relevanten Zeilen finden sich in Paragraf 35 des Baugesetzbuchs, der das „Bauen im Außenbereich“ regelt. Er sieht vor, für Entscheidungen auch andere Fachabteilungen zu konsultieren. Gerade Regelungen zum Natur- und Bodenschutz oder der Landschaftspflege wurden in den vergangenen Jahren verschärft, was Auswirkungen auf die Baugenehmigungen hat.

Für viele Vereine und Institutionen, deren Anlagen seit Jahrzehnten naturnah liegen, schließt das Gesetz deshalb bauliche Veränderungen so gut wie aus. Zur Verdeutlichung bemüht Lenz den Fall eines Vereins, der die Außenwand seiner Halle gerne um einen Meter versetzen würde, es aber nicht darf.

Die Sportplätze im Hardtwald dürfen bleiben. Umbauen oder anders nutzen ist allerdings kaum möglich.
Die Sportplätze im Hardtwald dürfen bleiben. Umbauen oder anders nutzen ist allerdings kaum möglich. Foto: jodo

Geplante Nutzung ist Teil der Baugenehmigung

Doch es sind längst nicht nur Vergrößerungswünsche von dem Gesetz betroffen. „Wenn sich bei einer Sanierung so viel ändert, dass ein Statiker hinzugezogen werden muss, gilt das als Neubau“, erklärt Georges. Damit wäre der Bestandsschutz dahin – und die neue Genehmigung kaum zu bekommen.

Verknüpft mit der städtischen Zustimmung zum Bau ist auch die Nutzung des Geländes, was im Bezug auf das Waldheim entscheidend ist. So hat die Caritas die Genehmigung, unter anderem Sommer-Freizeiten abzuhalten. Auch das würde heute wohl nicht mehr erlaubt, genießt aber Bestandsschutz. Die Umnutzung zur Kindertagesstätte sei auf dieser Grundlage ganz klar ausgeschlossen, führt Bürgermeister Lenz aus.

Renaturierung sobald sich ein Pächter zurückzieht

Aus dem Wald „vertrieben“ wird in absehbarer Zeit niemand, das betont der seit dem 1. Januar dafür zuständige ForstBW auf Nachfrage der BNN. „Die bestehenden Verträge werden jeweils am Ende ihrer Laufzeit neu diskutiert“, so eine Sprecherin.

Man wolle den Bürgern den Wald weiter zugänglich und nutzbar machen. „Aber es gibt 300.000 Karlsruher und jeder will etwas anderes vom Wald“, gibt der städtische Forstamtsleiter Ulrich Kienzler zu Bedenken. „Da kann man es nicht jedem recht machen.“

Auch wenn man nicht am Bestand rütteln will, steht der Rückbau bestehender Strukturen aus früheren Jahren auf der Agenda der Forstverwaltung. „Wenn ein Verein sein Gelände aufgibt, wird es nicht neu verpachtet, sondern renaturiert“, so Kienzler. Die Gebäude seien in Hand der Pächter und „nicht mit dem Boden verbunden“.

Zukunft des Caritas Waldheims ist offen

Ob an der Stelle des Caritas Waldheims bald junge Bäume wachsen, steht noch in den Sternen. Theoretisch wäre eine Verlängerung der Pacht über 2022 hinaus denkbar – für die ursprünglich vereinbarte Nutzung. Aufgrund des laufenden Vertrages gebe es derzeit aber keinen Gesprächsbedarf, so die Sprecherin von ForstBW.

Die Caritas plant, mit dem Kinderhaus inklusive aller Mitarbeiter nach Daxlanden umzuziehen. 70 der 90 Plätze sollen ebenso erhalten bleiben.

Die Eltern der Kinder in St. Agnes wollen den lieb gewonnenen Standort im Hardtwald aber nicht einfach aufgeben. Beim Informationsabend des Trägers Caritas sei nicht klar geworden, warum man nicht im Hardtwald bleiben kann, sagt die Elternbeiratsvorsitzende Astrid Pahle. Nun erhofft sie sich Antworten aus dem Rathaus. Am Montag sind die Eltern dort zum Gespräch geladen.

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